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16:15 Uhr - 26.10.2017

Der Absturz des einstigen UBS-Hoffnungsträgers

Carsten Kengeter, einst möglicher Kandidat für den CEO-Posten bei der UBS, tritt als Chef der Deutschen Börse zurück. Niederlagen prägen die Laufbahn des gelernten Investmentbankers.

From Hero to Zero in gerade ein paar Monaten – so lautet die wenig schmeichelhafte Bilanz von Carsten Kengeter. Der Deutsche gab am Donnerstag bekannt, dass er sich Ende Jahr von seinem Chefposten bei der Deutschen Börse zurückzieht.

Auslöser für den Schritt war die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anfang Woche die Ermittlungen gegen Kengeter wegen Insiderhandel wieder aufgenommen hat. Der Versuch, mit der Justiz einen Deal auszuhandeln, war gescheitert. Das Amtsgericht Frankfurt ging auf das Angebot, gegen eine Zahlung von 500’000 € das Verfahren einzustellen, nicht ein.

Insiderhandel-Vorwurf wiegt schwer

Für Kengeter ist der Rücktritt die dritte grosse Niederlage seiner Laufbahn – und möglicherweise das Ende einer einst verheissungsvollen Karriere. Denn auch in der Finanzindustrie gilt Insiderhandel nicht mehr überall als Kavaliersdelikt.

Erst im Frühling musste der gelernte Investmentbanker einen Rückschlag einstecken, als die EU-Kommission ihr Veto gegen die geplante europäische Superbörse einlegte. Kengeters Ziel war, die Deutsche Börse (DB1 91.14 0.73%) mit der London Stock Exchange (LSE (LSE 3790.5 0.38%)) zu fusionieren.

Ironie des Schicksals: Just aus dieser Zeit stammen die Insidervorwürfe gegen Kengeter. Es geht um ein lukratives Aktiengeschäft in Millionenhöhe von Dezember 2015. Kengeter hatte damals für 4,5 Mio. € Aktien des eigenen Unternehmens gekauft, zwei Monate vor der Ankündigung der Fusion mit der LSE.

Bei der UBS als CEO-Nachfolger gehandelt

Kengeter ist sich Krisen und Rückschläge in seiner Laufbahn gewohnt. Der Investmentbanker, der 2008 von Goldman Sachs (GS 242.58 0.36%) zu UBS (UBSG 17.24 1%) wechselte, stieg kurz danach zum Chef der Investment Bank auf. Als solcher war er bereits 2009 und 2010 mit 13,2 resp. 9 Mio. Fr. der bestbezahlte Banker der UBS und wurde als möglicher Nachfolger von CEO Oswald Grübel gehandelt.

Bis zum 15. September 2011, als der bis dato unbekannte Händler Kweku Adoboli der Bank einen Schaden von 2,3 Mrd. $ zufügte. CEO Grübel übernahm die Verantwortung und trat ab, Kengeter konnte sich vorerst halten. Allerdings wurde er schrittweise entmachtet.

Erst Degradierung, dann Abgang

So wurde ihm 2012 der Italiener Andrea Orcel von der Bank of America (BAC 27.83 0.72%) Merrill Lynch als Co-CEO der Investment Bank zur Seite gestellt. Später übernahm Orcel die Leitung der weiterzuführenden Teile der Investment Bank, Kengeter hingegen war nur noch zuständig für die nicht weitergeführten Geschäfte. Zudem schied er aus der Konzernleitung aus. Eine Degradierung, die nur drei Monate später zu Kengeters Abschied von der UBS führte.

Über ein Jahr später, im Herbst 2014, tauchte der 1,96 Meter grosse Hüne wieder auf – als Nachfolger des Schweizers Reto Francioni als Chef der Deutschen Börse. Er umschiffte Widrigkeiten wie seine umstrittene Rolle im Libor-Skandal elegant und war drauf und dran, seine Karriere mit der Bildung der deutsch-britischen Börse zu krönen.

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