In der Eurzone gehen die Anleihenrenditen zwischen Deutschland und anderen Mitgliedstaaten wieder auseinander. Das ist ein Warnsignal.
Die Zinsen beginnen sich zu normalisieren, nicht nur in den USA, auch in Europa. Seit dem Tiefpunkt im Sommer 2016 sind die Renditen von zehnjährigen deutschen Bundesanleihen von –0,1 auf knapp 0,5% gestiegen. Entsprechend gelitten haben die Bondkurse. Steigende Anleihenzinsen bedeuten in der Regel, dass die Markteilnehmer mehr Wachstum und Inflation erwarten. Für die Eurozone, die lange am Rand einer ausgeprägten Deflation stand, sind das gute Nachrichten. Doch der Zinsanstieg hat noch eine andere Facette – und die ist weniger erfreulich.
In Frankreich, Italien, Griechenland und Portugal steigen die Renditen stärker als in Deutschland. Dadurch hat sich der Zinsaufschlag von zehnjährigen französischen zu deutschen Anleihen von 0,2 auf 0,6 Prozentpunkte (Pp) ausgeweitet. So gross war die Zinsdifferenz zuletzt vor drei Jahren. Italiens Renditeaufschlag ist von unter 1 auf 1,75 Pp gestiegen.
Dramatisch ist der Anstieg noch nicht, aber es ist ein Warnschuss. Renditeaufschläge sind ein Mass für das von Investoren wahrgenommene Ausfallrisiko. Zum ersten Mal, seit EZB-Chef Mario Draghi 2012 versprochen hatte, alles Nötige zur Rettung des Euros zu tun, ist der Zahlungsausfall eines Euromitglieds wieder ein Thema. Grund ist das Erstarken politischer Kräfte, die aus der EU austreten wollen, was die Rückzahlung der Euroschulden erschweren oder verunmöglichen würde. In Italien ist es die Fünf-Sterne-Bewegung, in Frankreich der Front National, dessen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen in den neusten Umfragen mit 24% der Stimmen vorne liegt.
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