Die Halbjahreszahlen des Spezialchemiekonzerns stellen CEO Kottmann nur bedingt zufrieden. Die Beteiligungsnahme von Sabic dauert länger als erwartet.
Unspektakulär, dafür ansprechend. So lässt sich der Zwischenbericht von Clariant (CLN 23.25 -2.39%) zusammenfassen. Der Spezialchemiekonzern hat sich erneut gesteigert, zeigt ein schönes Umsatzwachstum, organisch +6%, sowie eine weitere Margensteigerung auf 15,5%, bezogen auf den Ebitda (Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisation) vor Einmaleffekten.
Richtig zufrieden ist CEO Hariolf Kottmann allerdings nicht: «Das Wachstum ist gut. In Bezug auf weitere Indikatoren hat Clariant erreicht, was im Moment erreicht werden kann. Als CEO schaue ich aber auch auf andere Ziele, und gemessen daran, kann ich nicht zufrieden sein», sagt er im Gespräch mit der FuW.
Eine Baustelle ist nach wie vor die Profitabilität. Angesichts des leistungsfähigen Portfolios müsste sie höher sein.
Die in der Berichtsperiode erzielten Fortschritte sind insofern breit abgestützt, als sich das Wachstum über alle Segmente und alle Hauptregionen erstreckt. Drei der vier Segmente – Care Chemicals, Catalysis und Plastics & Coatings – haben die Ergebnissteigerung unterstützt (Natural Resources ist die Ausnahme mit einem weit unterproportionalen Ebitda-Beitrag). Die Margensteigerung dagegen ist allein von Care Chemicals und von Plastics & Coatings getragen worden.
Bessere Kostenüberwälzung
Zum Umsatzwachstum des ersten Halbjahrs von 8% haben grössere Mengen 4 Prozentpunkte (Pp) beigetragen. Von höheren Preisen kamen 2 Pp, von Portfolio- und von Währungseffekten je 1 Pp.
Besondere Erwähnung verdient der Preiseffekt. Im ersten Quartal hatte er das Wachstum mit nur 1 Pp unterstützt. Im zweiten sind es demnach 3 Pp gewesen. Heisst das, Clariant gelingt es nun besser, gestiegene Rohmaterialkosten auf die Verkaufspreise zu überzuwälzen? CEO Hariolf Kottmann bestätigt den Eindruck: «Das Thema hat hohe Priorität für uns. Es gibt Fortschritte, und wir rechnen mit einer weiterhin positiven Dynamik der Verkaufspreise.»
Selbstkritisch sagt Kottmann, Clariant habe das Thema Preiserhöhungen im vergangenen Jahr verschlafen und dementsprechend verzögert reagiert. Allerdings gab es 2017 viel Ablenkung. Das (gescheiterte) Fusionsvorhaben mit Huntsman und die Auseinandersetzung mit dem US-Aktivisten White Tale sind Stichworte dazu.
Flaue Margenentwicklung
Die suboptimale Kostenüberwälzung hat Folgen für die Margen. Die Bruttomarge ist weiter zurückgegangen, während sich die bereinigte Ebitda-Marge nur minim erhöht hat, obwohl in dem insgesamt freundlichen Branchenumfeld an sich mehr drinliegen müsste. Die meisten Analystenschätzungen lagen denn auch etwas höher. Auch Kottmann selbst hätte gerne mehr gesehen, ebenso die Anleger, gemessen an der negativen Kursreaktion an der Börse.
Mit mehr Freude als die Margenentwicklung nimmt man dagegen den Rückgang der sogenannten Einmalbelastungen zur Kenntnis. Auf Stufe Ebitda sind sie nach 2,2% des Umsatzes in der Vorjahresperiode auf 0,9% zurückgegangen. Auf Stufe Gewinn sind es aber immer noch 1,9%, nach 2,3 im Vorjahr.
Die Frage, ob die Verbesserung selbst ein Einmaleffekt sei, verneint Finanzchef Patrick Jany gegenüber der FuW: «Wir haben uns auf eine Grössenordnung von rund 1% auf Stufe Ebitda verpflichtet.»
Auch die Entwicklung des operativen Cashflows verläuft wunschgemäss, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Der Rückgang im Vorjahresvergleich erklärt sich mit einer einmaligen, nicht ergebniswirksamen Steuerzahlung von 83 Mio. Fr. in Deutschland. Ohne sie hätte der Mittelzufluss aus operativen Aktivitäten im Vorjahresvergleich 60% zugenommen.
Zuversichtlicher Ausblick
Zuversichtlich stimmt ausserdem der Ausblick. Clariant gehe davon aus, dass die gute Wirtschaftslage in reifen Märkten weiter anhalte. Zudem werde erwartet, dass dies durch die Entwicklung in den Schwellenländern unterstützt werde, heisst es in der Pressemitteilung. CEO Kottmann präzisiert, Auftragsbestand und Auftragseingang seien nach wie vor gut. Gewisse Sorgen mit Blick auf die Zollstreitigkeiten und die Konjunktur räumt er aber ein.
Nach der Hälfte der Strecke ist Clariant gut auf Kurs, die (vage gehaltene) Jahresprognose zu erreichen – ein Wachstum in lokalen Währungen sowie eine Verbesserung des operativen Cashflows, des absoluten Ebitda und der Ebitda-Marge, jeweils vor Einmaleffekten. Dementsprechend wird sie auch bekräftigt.
Die FuW-Schätzung für den bereinigten Gewinn je Aktie von 1.58 und 1.70 Fr. für 2018 und 2019 bleibt unverändert. Die gemeldeten Halbjahreszahlen zu Umsatz, Ebitda und Gewinn, beide vor Einmaleffekten, entsprechen je rund zur Hälfte der Schätzung für das Gesamtjahr.
Das aus der Veranschlagung für den Gewinn je Aktie abgeleitete Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt 15 für das laufende und 14 für das kommende Jahr. Das ist fair und lässt im Falle einer Überraschung im Zusammenhang mit dem zusätzlichen Wertsteigerungspotenzial, das Clariant zusammen mit dem neuen strategischen Grossaktionär, dem arabischen Chemiekonzern Sabic, noch Raum nach oben.
Sabic-Beteiligung verzögert sich
Auf das entsprechende Strategie-Update muss wohl aber länger gewartet werden als bislang angenommen. Einige der kartellrechtlichen Freigaben, die Sabic für die 25%-Beteiligung einholen will, lassen immer noch auf sich warten.
Statt wie ursprünglich geplant Anfang Juni dürfte es eher Anfang September werden, bis alle Ampeln auf Grün stehen, schätzt Kottmann. «Wir loten zwar jetzt schon eine Fülle von Themen aus. Ohne kartellrechtliche Freigabe sind wir aber limitiert und kriegen die nötige Tiefe im Detail nicht hin.» An der Verpflichtung, zusätzlichen Wert zu generieren, ändere das aber nichts.
Die komplette Historie zu Clariant finden Sie hier. »
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.