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17:30 Uhr - 19.08.2022

PolyPeptides Hiobsbotschaft schickt die Aktie auf Talfahrt

Der Semesterausweis von PolyPeptide enttäuscht. So richtig auf Tauchfahrt gehen die Aktien aber erst nach dem Investoren-Call.

Wie bereits im Juli anlässlich einer Gewinnwarnung angekündigt, hat PolyPeptide die eigene Vorgabe im ersten Halbjahr deutlich unterschritten. Der Pharmaauftragsfertiger rechnete seither mit einer Stagnation beim Umsatz, aber nicht einmal das wurde erreicht. Der Umsatz schrumpfte währungsbereinigt 3,3% auf 133,7 Mio. € und konnte darüber hinaus auch den angepassten Erwartungen der Analysten nicht gerecht werden.

Coronageschäft wird wegfallen

Der Umsatzbeitrag des Coronageschäfts in Höhe von 33 Mio. € sei nahezu gleich wie in der entsprechenden Vorjahresperiode, teilte das Unternehmen mit. «In der Vergangenheit hat PolyPeptide nie öffentlich über den Umsatz in Zusammenhang mit dem Novavax-Vakzin kommuniziert», sagt ZKB-Analyst Daniel Buchta. Er sei insbesondere erstaunt darüber, dass der Auftrag 2021 rund 63 Mio. € zum Umsatz beigetragen hatte.

Umso enttäuschender sei der zu erwartende Wegfall des Novavax-Geschäfts ab 2024, den PolyPeptide am morgendlichen Call preisgab. «Dies dürfte PolyPeptide empfindlich treffen.» Bereits im nächsten Jahr dürfte PolyPeptide nach eigenen Angaben jedoch nur noch die mit einer Auftragsverschiebung in Zusammenhang stehenden 10–15 Mio. € von Novavax erhalten.

Sehr deutlich sank zudem der bereinigte Ebitda. Dieser reduzierte sich von 43,2 Mio. im ersten Halbjahr 2021 auf 26,7 Mio. € im abgelaufenen Semester. Die entsprechende Marge erreichte noch 20%, was 12 Prozentpunkte weniger sind wie im Vorjahr. Unter dem Strich erzielte PolyPeptide einen um 60% tieferen Gewinn von 10,2 Mio. €.

Die diesjährige Zielsetzung wurde aufgrund des anhaltenden Inflationsdrucks sowie einer Teilverlagerung der für das zweite Semester bestellten Coronaaufträge ins kommende Jahr über den Haufen geworfen. Neu stellt PolyPeptide für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum von 8–10% (statt 12–14%) sowie eine bereinigte Ebitda-Marge von 22–25% (frühere Guidance rund 30%) in Aussicht. Die Umsatzprognose deutet darauf hin, dass der Umsatz im zweiten Semester deutlich zulegen dürfte.

Auch die mittelfristige Prognose wurde angepasst. PolyPeptide geht neu von einem Umsatzwachstum im niedrigen Zehnprozentbereich aus, wobei die jährlichen Wachstumsraten variieren können. Zudem erwartet das Unternehmen eine schrittweise Annäherung der bereinigten Ebitda-Marge an die 30% (frühere Prognose um die 30%).

PolyPeptide kämpft mit unflexiblen Verpflichtungen

Zu schaffen macht PolyPeptide insbesondere, dass im Auftragsbestand beträchtliche Verpflichtungen zu vorab fixierten Preisen enthalten sind, darunter einige mit einer Laufzeit bis ins zweite Semester 2023. Die langen Verträge ohne Möglichkeit zur Preisanpassung betreffen nicht alle Pharmaauftragsfertiger gleichermassen. «Das Thema scheint vor allem PolyPeptide zu betreffen», sagt Buchta. «Lonza, Siegfried und Dottikon haben weniger Probleme, die gestiegenen Preise an die Kunden weiterzugeben.»

Doch es gibt einen Lichtblick am Horizont: Der Bestand an aktiven Kundenprojekten hat sich per Ende Juni 2022 auf 218 erhöht, nach 181 Projekten im Jahr davor. Im Bereich Oligonukleotide, dem zweiten Standbein neben dem Peptidgeschäft, sollen mehrere Neuprojekte an Land gezogen worden sein.

Nach der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen schicken Anleger PolyPeptide auf rotes Terrain. Zunächst begrenzte sich der Kurseinbruch auf 4%, doch nach der verkündeten Hiobsbotschaft am Investoren-Call gaben die gebeutelten Aktien nochmals deutlich nach und lagen am späten Freitagnachmittag schliesslich über 14% im Minus. Der Kursrückgang seit Jahresbeginn beträgt daher nun 73%. Auf diesem Niveau empfiehlt FuW die Aktien trotz wegfallendem Coronageschäft zum Kauf.

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