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10:06 Uhr - 18.09.2014

Die SNB sieht Deflationsgefahr

An der geldpolitischen Lagebeurteilung hat die Nationalbank den Mindestkurs bestätigt, und sie spricht von Deflationsgefahr. Negativzinsen führt sie vorderhand nicht ein. Der Franken-Euro-Wechselkurs sinkt erneut deutlich unter 1.21 Fr./€.

Alle Quartale wieder: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat an ihrer vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung am Donnerstag erklärt, sie halte «unverändert am Mindestkurs von 1.20 Fr./€ fest», werde ihn «weiterhin mit aller Konsequenz durchsetzen» und sei bereit, wenn nötig «unbeschränkt Devisen zu kaufen». Bei Bedarf werde sie «unverzüglich weitere Massnahmen ergreifen». Das «unverzüglich» ist allerdings neu.

Zu solchen Abwehrmassnahmen der SNB gehören auch negative Zinsen, die – wie es zu erwarten war – zumindest derzeit nicht eingeführt werden. Vergangene Woche hatten entsprechende Spekulationen am Devisenmarkt für Aufregung gesorgt. Der Wechselkurs sank allerdings am Donnerstag nach der Publikation der geldpolitischen Lagebeurteilung von gut 1.21 auf 1.2067 Fr./€. Offenbar hatten Devisenhändler mit «weiteren Massnahmen» gerechnet.

Geringere Inflation erwartet

Die Nationalbank betont die Abwärtsrisiken deutlich stärker als vor drei Monaten und schreibt im Communiqué: «Die Wirtschaftsaussichten haben sich spürbar verschlechtert», und «Für die Schweiz haben die Deflationsrisiken wieder zugenommen». Die aktualisierte Inflationsprognose – dazu unterstellt die SNB einen unveränderten Leitzins von 0% – zeigt einen mittelfristig deutlich verringerten Teuerungsdruck, auch wenn die bis 2017 erwarteten Inflationsraten nach wie vor positiv sind.

Grund für die Deflationsgefahr seien die schlechter gewordenen Aussichten für die internationale Konjunktur. Die weltwirtschaftliche Erholung bleibe anfällig für Störungen. Dazu komme das langsamere Wachstum in der Schweiz, die SNB senkt die Prognose für das Bruttoinlandprodukt 2014 von «rund 2%» im Juni auf nun «knapp 1,5%».

Im Währungs-Clinch mit der EZB

Mit Blick auf den Mindestkurs befindet sich die SNB weiterhin im Währungs-Clinch mit der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Nationalbank wünscht einen starken Euro, damit sie den Mindestkurs nicht verteidigen und dazu weitere Fremdwährungsreserven anhäufen muss. Die EZB will einen schwachen Euro: Das begünstigt Exporteure und damit das Wirtschaftswachstum, zudem steigen die Importpreise und drücken die ausserordentlich tiefe Inflation nach oben.

Ein wenig Schützenhilfe kommt von der US-Notenbank Fed. Ihre am Mittwochabend revidierte Zinsprognose deutet an: Nach der ersten Zinserhöhung könnte der Straffungsprozess schneller als gedacht vollzogen werden (vgl. hier). Das hat den Dollar gestärkt, was Europa entgegenkommt. Der Aussenwert des Euros schwächt sich ab, ohne dass die EZB weitere Massnahmen ergreift und ihre Währung – auch gegenüber dem Franken – nach unten drückt.

Der Mindestkurs gerät unter Druck

Druck auf den Mindestkurs wurde ab Anfang Mai befürchtet, als EZB-Präsident Mario Draghi Massnahmen zur weiteren Lockerung der Geldpolitik in Aussicht stellte. Zuerst erwies sich die Besorgnis als unbegründet; wie gewünscht wertete sich der Euro zum Dollar ab, und ebenso wunschgemäss handelte er zum Franken fast unverändert. Diese Konstellation gab es schon früher: «In der Vergangenheit war zu beobachten, dass sich gemeinsam mit dem Euro häufig auch der Franken zum Dollar abwertete», erklärte Tom Flury, Währungsexperte der UBS.

Dennoch geriet die Eurountergrenze der SNB schliesslich unter Druck. Im August sank der Wechselkurs zielstrebig von 1.2177 auf das Tief von 1.2045 Fr./€. Ursache dafür war die schwache Gemeinschaftswährung, angesichts der flauen Konjunktur und der geringen Inflation in der Währungsunion, was den Zinsvorteil des Euros zum Franken schrumpfen liess.

Vorerst keine Negativzinsen

Gegensteuer gab – wenn auch unbeabsichtigt –Thomas Moser, Stellvertreter von SNB-Präsident Thomas Jordan. Er antwortete vergangene Woche am Rand einer akademischen Veranstaltung auf eine Frage des «Wall Street Journal», die SNB schliesse negative Zinsen als Instrument zur Verteidigung des Mindestkurses nicht aus.

Diese Antwort geben Nationalbankvertreter jedes Mal. Gleichwohl sprang der Wechselkurs prompt über 1.21 Fr./€ und parierte damit die zügige Abwärtsbewegung seit Anfang August. Fast schon amüsant ist: Der Vorfall folgte exakt dem Drehbuch vom Mai 2013, als Jordan in Frankfurt die gleiche Antwort gab.

Leider genügt das Reizwort «Negativzinsen» nicht immer, um die Devisenhändler in Aufruhr zu versetzen und den Wechselkurs nach oben zu hieven. Gerät die Eurozone erneut in die Bredouille und wird der Franken als sicherer Hafen begehrt, wird die Nationalbank wiederum Devisen kaufen müssen, um ihr vierteljährlich wiederholtes Versprechen einzulösen.

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