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07:35 Uhr - 29.12.2015

Vanke öffnet neues Kapitel in China

Der unerwünschte Einstieg der Baoneng Group in das grösste privat kontrollierte chinesische Generalunternehmen zeigt, welch rasanten Wandel Chinas Unternehmenslandschaft durchläuft.

Das chinesische Unternehmensuniversum ist dieser Tage nicht arm an Dramen, wie das in den vergangenen Monaten der Crash der Börse Schanghai, die Betrugsvorwürfe gegen eine Reihe von Spitzenmanagern oder auch der Zusammenschluss von grossen staatlichen Industriekonzernen gezeigt haben.

Dass sich solche Vorkommnisse jüngst gehäuft haben, ist kein Zufall, sondern zeigt vielmehr, welch rasanten Wandel die chinesische Wirtschaft gegenwärtig durchläuft. Die an Schärfe gewinnende Abwehrschlacht des Immobilienkonzerns China Vanke gegen den Versuch der Übernahme durch das Versicherungs- und Immobilienkonglomerat Baoneng Group passt gut in dieses Bild.

Gemütlichkeit ist vorbei

Als die chinesische Regierung Anfang der Neunzigerjahre in Schanghai und Shenzhen Aktienmärkte schuf, hatten diese ein einfaches Mandat: Private Investoren sollten finanzbedürftige staatliche Unternehmen mit Kapital versorgen. Doch Peking liess keinen Zweifel daran, dass der Staat auch nach dem Börsengang seiner Unternehmen kontrollierender Aktionär bleiben würde. Feindliche Übernahmen waren in China daher lange eine Seltenheit.

Später kam es zwar gelegentlich zu Firmenraids, doch fanden sie meist im Segment von privat kontrollierten kleinen und mittelgrossen Gesellschaften statt.

Doch mit dem über eine ganze Reihe von Baonengs Tochtergesellschaften durchgeführten Kauf eines 22%igen Aktienpakets von Vanke  ist ein neues Kapitel in der chinesischen Wirtschaftsgeschichte aufgeschlagen worden. Peking meint es zumindest dem ersten Anschein nach ernst mit der Absicht, dass den freien Marktkräften zukünftig eine grössere Bedeutung gegeben werden soll.

Vanke ist mit einer Marktkapitalisierung von 40 Mrd. $ nicht nur das wichtigste Generalunternehmen des Landes, sondern auch einer der grössten chinesischen Privatkonzerne. Geschäfte von der Grösse, wie sie Baoneng jetzt durchgeführt hat, wurden in China bisher gütlich innerhalb des Managements und vor allem unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgewickelt.

Neue Aktien sollen es richten 

Von einen Gentlemen Agreement kann jetzt aber nicht die Rede sein, was sich nicht zuletzt aus der Wortwahl von Vankes Verwaltungsratspräsident Wang Shi als Antwort auf den feindlichen Übernahmeversuch heraushören lässt. Yao Zhenhua, dem Chef von Baoneng, fehle es an persönlicher Vertrauenswürdigkeit, und sein Unternehmen sei undurchsichtig, liess Wang verlauten.

Vanke, deren an den Börsen Shenzhen und Schanghai kotierte Titel seit dem 17. Dezember vom Handel suspendiert sind, will durch die Ausgabe neuer Aktien die Beteiligung von Baoneng verwässern. Zur Hilfe geeilt ist auch die Versicherungsgesellschaft Anbang Insurance, die bereits seit längerem Grossaktionär von Vanke ist. Die Börsenaufsichtsbehörde liess ihrerseits verlauten, sie werde zusammen mit der staatlichen Versicherungsaufsicht dafür sorgen, dass die Rechte aller Aktionäre gewahrt würden.

Geschäft liegt im Trend

Dabei macht das Geschäft aus Baonengs Sicht durchaus Sinn. In jüngster Vergangenheit hat eine ganze Reihe kapitalreicher chinesischer Versicherungsgesellschaften grössere Beteiligungen an Immobilienunternehmen erworben. Andererseits ist nicht auszuschliessen, dass Baoneng nur ein Scheingefecht führt, um damit den Aktienpreis in die Höhe zu treiben.

Wie die Übernahmeschlacht ausgehen wird, bleibt damit vorderhand weit offen. Eines jedoch steht fest: Die rechtzeitig eingestiegenen Aktionäre sind zumindest auf dem Papier bisher die grossen Gewinner. Die an der Börse Shenzhen gehandelten Vanke-Titel haben in den drei Wochen vor ihrer Suspendierung vom Handel 60% zugelegt.

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