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14:33 Uhr - 08.03.2019

US-Arbeitsmarkt enttäuscht auf den ersten Blick

Im Februar wurden in der Privatwirtschaft so wenige Stellen geschaffen wie seit September 2017 nicht mehr. Gleichzeitig zieht das Lohnwachstum weiter an.

Damit hatten nur wenige Marktteilnehmer gerechnet. Im Februar hat die US-Privatwirtschaft nur 20 000 neue Stellen geschaffen – deutlich weniger als die 180 000, die von den Auguren im Mittel erwartet wurden. «Das Stellenwachstum im Februar ist wahrlich enttäuschend», schreibt Ian Langen, Anleihenexperte von BMO.

Der Wert ist auch eine markante Verlangsamung gegenüber den Vormonaten. Im Dezember wurden 227 000 und im Januar gar noch 311 000 Stellen geschaffen. Die Werte wurden um 5000 sowie um 7000 nach oben revidiert, wie das Statistikamt BLS (BLSN 0.7 -2.78%) am Freitag mitgeteilt hat.

Längste Serie der Geschichte

Damit kann sich die US-Privatwirtschaft nur knapp in den 101. Monat mit positivem Stellenwachstum in Serie retten – so lange wie noch nie zuvor. Zuletzt schuf die amerikanische Wirtschaft im September 2010 keine neuen Stellen. Das Stellenwachstum im Februar ging in den meisten Sektoren zurück. Besonders ausgeprägt war es im Baugewerbe. In dieser Branche wurden 31 000 Stellen gestrichen. Im Januar resultierte noch ein Plus von 53 000. Deutlich war der Rückgang auch im Gastgewerbe: Wo im Januar noch 89 000 Stellen geschaffen wurden, blieb die Zahl im Februar unverändert. Gemäss den Analysten von Barclays (BARC 158.84 -2.16%) dürfte ein Teil des Rückgangs auf das kalte Wetter zurückzuführen sein.

Laut Ian Shepherdson, US-Chefökonom von Pantheon Macroeconomics, darf nicht zu viel aus der Zahl der neu geschaffenen Stellen gelesen werden. «Die niedrige Zahl ist keine Bestätigung des Trends», schreibt er in einem Kommentar. Im Januar sei der Trend deutlich überschossen worden, unter anderem wegen des warmen Wetters sowie aufgrund von Staatsangestellten, die wegen des teilweisen Stillstands der US-Regierung eine zweite Stelle übernahmen und deswegen doppelt gezählt wurden. «Der Durchschnittswert von 186 000 über drei Monate ist äusserst respektabel», ergänzt er.

Auf einen weiterhin soliden Arbeitsmarkt deutet auch die separat erhobene Arbeitslosenquote hin. Sie ist von 4 auf 3,8% gesunken. Wie das Statistikamt schreibt, geht die Verbesserung unter anderem auf das Ende des Shutdowns der US-Regierung zurück. Der längste Stillstand der US-Geschichte wurde am 25. Januar beendet.

Der Einfluss zeigt sich noch deutlicher in der Unterbeschäftigtenquote. Sie ist im Februar von 8,1 auf 7,3% gesunken. Die Unterbeschäftigtenquote umfasst im Gegensatz zur Arbeitslosenquote auch Personen, die nicht vollständig im Arbeitsmarkt integriert sind, und all diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen nur Teilzeit arbeiten. Während im Januar die Zahl derer, die aus wirtschaftlichen Gründen nur Teilzeit arbeiteten, um 490 000 stieg, sank sie im Februar um 837 000.

Erfreuliches Lohnwachstum

Nicht verändert hat sich die Erwerbsquote. Sie verharrt auf 62,3%. Gesunken ist hingegen der Wert für 25- bis 54-Jährige von 82,6 auf 82,5%. Der langfristige Trend ist damit aber noch nicht gebrochen.

Weiterhin erfreulich ist das Lohnwachstum. Im Februar hat der durchschnittliche Stundenlohn 3,4% zugelegt, leicht mehr als die erwarteten 3,3%. Laut Shepherdson schlägt der enge Arbeitsmarkt nun endlich auf die Löhne durch. Da sich aber auch die Produktivität verbessert hat, ist das Lohnwachstum laut Michael Pearce, US-Ökonom von Capital Economics, nicht stark genug, um zu einer höheren Inflation zu führen.

Gemäss den Analysten von Barclays erlaubt es der Arbeitsmarktbericht der US-Zentralbank, weiter eine zurückhaltende Geldpolitik zu verfolgen. Marktteilnehmer rechnen bis Ende Jahr mit keiner Zinserhöhung. Gestiegen ist laut der Futures-Börse CME aber die Wahrscheinlichkeit einer Senkung. Sie beträgt unterdessen 15%. Die Märkte reagierten auf den Bericht wenig erfreut. Der S&P 500 (SP500 2730.94 -0.65%) verlor in der ersten Handelsstunde 0,9%. Gleichzeitig gaben die Renditen der US-Staatsanleihen an Terrain preis.

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