Der Verfall des Ölpreises macht Royal Dutch Shell zu schaffen. Der Gewinn fällt deutlich, die Dividende wird reduziert.
Der niederländisch-britische Ölkonzern Royal Dutch Shell (RDSB 1355.2 -6.96%) leidet unter den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise und dem historisch niedrigen Ölpreis. So sehr, dass er sich gezwungen sieht, erstmals seit 1940 die Dividende zu kürzen. Die Ausschüttung für das erste Quartal sinkt um 66% von 0.47 auf jetzt nur noch 0.16 $ je Aktie. An der Börse reagierten die Anleger geschockt. Die Shell-Titel verloren an der Amsterdamer Börse bis zum Donnerstagmittag 4,8% und sanken auf 16.45 €.
Der Nettogewinn der Shell-Gruppe auf Basis aktueller Wiederbeschaffungskosten (CCS-Resultat) sank im ersten Quartal – vor allem aufgrund des historisch niedrigen Ölpreises – um 46% auf 2,86 Mrd. $. Shell-CEO Ben van Beurden spricht von «extrem herausfordernden Marktverhältnissen».
Wegen der Coronakrise bestehe das Risiko, dass es eine «längere Periode von wirtschaftlichen Unsicherheiten, niedrigen Preisen, einer hohen Volatilität am Markt und grosse Unsicherheiten bei der Nachfrage nach Öl und Gas geben könnte». Der Lockdown in vielen Ländern habe die Nachfrage nach Öl und Gas einbrechen lassen.
Stabile Dividende «nicht vernünftig»
Shell-Verwaltungsratsvorsitzender Chad Holliday betonte, «dass die Dividende für die Aktionäre ein fundamentaler Pfeiler der Shell-Finanzpolitik bleibt». Aber im heutigen Marktumfeld und bei den bestehenden Unsicherheiten sei es «nicht vernünftig, die Ausschüttung an die Aktionäre auf dem bisherigen Niveau zu halten».
Der Schritt ist eine historische Zäsur. Denn Shell hatte seit Ende des Zweiten Weltkrieges die Dividende entweder immer gehalten oder aber erhöht. In den Niederlanden, wo sie in Den Haag ihren Hauptsitz hat, gibt daher das Sprichwort «Never sell Shell» – die Shell-Aktien niemals verkaufen –, weil sie eine Dividendenperle sind. Bisher jedenfalls. Jetzt nicht mehr. Denn die Dividendenrendite beträgt jetzt nur noch spärliche 1,3%.
Aktionärsschützer haben gewisses Verständnis
Doch manche Shell-Aktionäre haben auch Verständnis für den ungewöhnlichen Schritt einer Dividendenkürzung bei Shell in diesen schwierigen Coronakrisenzeiten. «In solchen ungewöhnlichen Zeiten muss man die Interessen aller Stakeholders und nicht nur die der Aktionäre im Auge halten», sagt beispielsweise Sacha Sadan, Direktor Investment Stewardship bei Legal & General Investment Management (LGIM). LGIM hält 1,67% des Shell-Aktienkapitals.
Auch Paul Koster, Vorsitzender der Aktionärsschutzvereinigung Vereniging van Effectenbezitters (VEB), zeigt ein gewisses Verständnis. «Für unsere Mitglieder ist die Dividende heilig. Aber in diesen ungewöhnlichen Zeiten ist anscheinend nichts mehr heilig. Niemand weiss, wie diese Krise enden wird», kommentiert er.
Lichtblick Cashflow
Der einzige Lichtblick: Shell generiert mit einen um 72% auf 14,851 Mrd. $ gestiegenen Cashflow auch in der Krise genügend Liquidität.
Wie kräftig der Gewinneinbruch bei Shell im ersten Quartal ist, zeigt ein Blick in die einzelnen Unternehmensbereiche. Im Upstream-Sektor (Ölförderung) brach das Ergebnis wegen des niedrigen Ölpreises und der geringeren Fördermenge um 82% auf nur noch 291 Mio. $ (Vorjahreszeitraum: 1,648 Mrd. $) ein. In der Chemiesparte sank das Resultat um ein Drittel auf nur noch 148 Mio. $. Lediglich mit den Ölprodukten (Downstream) konnte Shell noch einen mit 1,363 Mrd. (1,448) fast so hohen Überschuss erwirtschaften wie vor einem Jahr.
Aktienrückkauf gestoppt
Der Gewinn je Shell-Aktie auf CCS-Basis sank im ersten Quartal um 46% auf 0.35 $ (Vorjahr: 0.65). Shell stoppt ferner das Aktienrückkaufprogramm, das ein Volumen von 25 Mrd. $ hatte und von dem bisher für 16 Mrd. $ bereits eigene Titel gekauft worden sind.
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