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07:13 Uhr - 22.01.2016

Erhöhter Leerstand wird Alltag

Auf dem Büromarkt Schweiz hat das Zyklusdenken ausgedient, sagen die Immobilienberater von JLL.

Die in der Schweiz angebotene Bürofläche hat im vergangenen Jahr zugenommen. In den Epizentren Zürich und Genf werden sich die Immobilienbesitzer sogar dauerhaft an einen erhöhten Leerstand gewöhnen müssen. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Immobilienberater von JLL, die von einem grundlegenden Wandel im Büromarkt Schweiz spricht. «Der höhere Leerstand ist kein temporäres Phänomen, sondern ein nachhaltiger Paradigmenwechsel», sagt Jan Eckert, CEO von JLL. Aus dem bisher knappen und engen Markt werde ein offener und expansiver Markt.

Zürich und Genf im Brennpunkt

Das Angebot an verfügbaren Büroflächen hat 2015 gemäss JLL etwa 4% auf über 700’000 m2 zugenommen. In der Region Zürich ist es 2% gestiegen, wobei es in der Innenstadt zurückgegangen ist. In Zürich-Nord und dort speziell in Opfikon-Glattbrugg ist der Leerstand bereits heute hoch. Die Bautätigkeit ist ebenfalls rege und könnte bis 2020 weitere 300’000 m2 Bürofläche in die Vermietung bringen. Bis 2018 und unter Einschluss des Grossbaus The Circle am Flughafen Zürich (FHZN 702.5 0.36%) dürfte die Angebotsquote in der Region deshalb von gut 5 auf über 6,5% steigen. Insgesamt erwartet JLL, dass der Büromarkt für längere Zeit mieterfreundlich bleiben wird.

Langfristprognose der Büro-Angebotsquote in Genf und Zürichzoom

Eine ähnliche Entwicklung sieht die Studie für die Region Genf voraus. Dort dürfte die neue grenzüberschreitende Bahnstrecke Cornavin–Eaux-Vives–Annemasse in grossem Mass Büroflächen um die Bahnstationen entstehen lassen. Die Folge wäre ein verstärkter Verdrängungsprozess zwischen und innerhalb von Subzentren, wie ihn Zürich und Bern bereits erlebt haben.

Angebotsmieten und Anfangsrenditen sinken

Sowohl in den Top-Regionen Genf und Zürich als auch in Lausanne und Basel sind die Angebotsmieten 2015 ins Rutschen geraten. In Genf sind sie gemäss der Studie von 925 auf 875 Fr. pro Quadratmeter und Jahr gesunken, in Zürich von 825 auf 800 Fr. Lausanne (von 500 auf 480 Fr.) und Basel (von 420 auf 400 Fr.) spielen in einer anderen Liga. Dass in Bern jährlich weiterhin 380 Fr. pro Quadratmeter Bürofläche zu bezahlen sind, hat damit zu tun, dass die Bundesverwaltung viel Raum beansprucht. Zahlreiche Neubauten werden in den nächsten beiden Jahren aber das Angebot und den Druck auf die Mieten erhöhen.

Angebotene Büroflächen in den grossen Schweizer Städtenzoom

Trotz des wachsenden Flächenangebots sind Transaktionsvolumen und -preise nach wie vor hoch. «Mangels Alternativen bleiben Umschichtungen in andere Anlageklassen aus», begründet Eckert den Run auf Immobilien. Besonders aktiv sind Vorsorgeeinrichtungen wie Pensionskassen und Anlagestiftungen, während kotierte Immobiliengesellschaften selektiver vorgehen. Auch die Negativzinsen auf Cashpolstern drängen Investoren in den Liegenschaftenmarkt.

Begehrt sind dabei vor allem Spitzenobjekte. Als Folge der hohen Preise sinken die Anfangsrenditen. Sie liegen in Zürich bereits unter 3%, in Genf geht es in diese Richtung. Gegenüber Objekten an B- und C-Lagen werden selektive Investoren dagegen vorsichtiger.

Der Mieter bestimmt

Durch die härtere Konkurrenz erhalten Alleinstellungsmerkmale der Immobilien mehr Bedeutung. Philippe Frei, Leiter des Bereichs Vermietung, stellt fest, dass Nutzer den Ausbau zunehmend als Teil der Anmietung verstehen. «Ausgebaute Flächen werden zum Standard», sagt er. Unter den Eigentümern habe derjenige den Vorteil, der über eine Strategie mit effizienten und einfachen Ausbaulösungen verfüge.

Nicht nur im Büroausbau, sondern auch in der Ausgestaltung der Verträge müssen Vermieter umdenken. Kürzere Laufzeiten und Optionen für frühzeitigen oder partiellen Ausstieg gehören gemäss Frei ebenso dazu wie flexible Nutzungsmodelle (Coworking). Der Büromarkt Schweiz werde hier dem internationalen Trend folgen, Büroflächen zur temporären und flexiblen Nutzung anzubieten. Internationale Gesellschaften wie WeWork und Regus seien in den Startblöcken, um ihre Position hierzulande massiv zu verstärken. JLL sieht darin eine Chance für Immobilieneigentümer, ihr Angebot auch in einem expansiver werdenden Markt abzusetzen.

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