Mit der ehemaligen Vizefinanzministerin soll eine Anhängerin strengerer Regulierung die oberste Finanzaufseherin Amerikas werden.
Sarah Bloom Raskin hat etwas geschafft, was vor ihr nur zwei Personen gelungen ist. Nach ihrer Zeit im obersten Führungsgremium der US-Notenbank Fed wurde sie nun nach knapp sieben Jahren zum zweiten Mal für das sogenannte Board of Governors vorgeschlagen.
Sie soll eine der Stellvertreterinnen von Fed-Chef Jerome Powell werden und die Rolle der obersten Bankenaufseherin einnehmen. Die Position des sogenannten Vice Chair of Supervision würde die Sechzigjährige zur mächtigsten Kontrolleurin über die mächtigsten Banken der Welt machen.
US-Präsident Joe Biden hat Bloom Raskin vergangene Woche für das siebenköpfige Gremium nominiert, zusammen mit Lisa Cook und Philip Jefferson. Cook wäre die erste Afroamerikanerin im Board, Jefferson erst der vierte Afroamerikaner in der 108-jährigen Geschichte des Fed. Biden will das Gremium punkto Geschlechter und Ethnien ausgeglichener gestalten. Und natürlich könnten seine Nominierungen die Geldpolitik des Fed beeinflussen, gelten die von ihm portierten Personen doch eher als Tauben, sprich: Vertreter einer lockeren Geldpolitik.
In nächster Zeit würde das wohl aber nichts am neuen Kurs des Fed ändern. Selbst die Tauben im Fed haben angesichts einer Inflation auf Vierzigjahreshoch nun eine straffere Gangart eingeschlagen. Bis zu vier Zinserhöhungen hält der Markt in diesem Jahr für möglich. Auch solle mit dem Abbau der riesigen Bilanz begonnen werden, wie Fed-Chef Powell jüngst im Senat bei der Anhörung zu seiner zweiten Amtszeit angedeutet hat.
Auch Bloom Raskin wird noch vor dem Senat sprechen müssen, die zweite Kammer des US-Parlaments stimmt stets über die Vorschläge des Präsidenten für hohe Staatsämter ab. Und hier könnte es für die Frau aus Massachusetts eng werden. Die Ökonomin und Juristin mit Harvard-Doktortitel gilt als Vertreterin von Konsumentenrechten. Der linke Flügel der Regierungspartei, der Demokraten, wünscht sich, dass sie die Grossbanken härter rannimmt als ihr eher wohlmeinender Vorgänger Randal Quarles.
Der wurde von Ex-Präsident Donald Trump nominiert und hat einige Bankvorschriften bezüglich spekulativer Investitionen, Derivathandel, Liquidität und Kapital kassiert. Es wird erwartet, dass Bloom Raskin die Schrauben für die Branche wieder anzieht. Auch sagte sie in der Vergangenheit, das Fed sollte eine aktivere Rolle im Kampf gegen der Klimawandel einnehmen. Denkbar sind hier neue Regeln für die Kreditvergabe an emissionsschwere Unternehmen.
Deswegen dürfte Bloom Raskin auf Widerstand der Oppositionspartei, der Republikaner, stossen, von denen sich einige vorab bereits kritisch gegen sie geäussert haben. Im Senat haben die Demokraten nur eine Stimme Mehrheit. Am Ende könnte es also auf absolute Geschlossenheit der Regierungspartei ankommen. Etwas, was im politischen Washington zurzeit selten vorkommt. Mindestens zwei demokratische Senatoren, Joe Manchin und Kyrsten Sinema, haben bei zwei zentralen Gesetzesvorlagen der Partei – einem billionenschweren Sozial- und Klimapaket sowie einer Wahlrechtsreform – Widerstand angekündigt.
Qualifikation für den Job bringt Bloom Raskin jedenfalls mehr als genug mit. Sie wurde 2010 von Ex-Präsident Barack Obama zum ersten Mal für die Fed-Führung vorgeschlagen und damals von der komfortablen demokratischen Senatsmehrheit gewählt. Nach vier Jahren verliess sie das Gremium, in dem die Mitglieder normalerweise für eine Amtszeit von vierzehn Jahren gewählt werden, und folgte dem Ruf Obamas, Vizefinanzministerin zu werden.
Nach dem Ende der Obama-Regierung ging Bloom Raskin zurück in die Wissenschaft und arbeitete als Professorin an den Universitäten Duke und Maryland. Gerüchteweise wurde sie von Biden bereits als Finanzministerin und oberste Rechnungsprüferin gehandelt. Stattdessen tritt sie nun in die Fussstapfen von Ben Bernanke und Janet Yellen, die auch schon ein zweites Mal ins Gremium gewählt wurden. Und wer weiss, wohin die Reise von Bloom Raskin noch führt – wurden doch sowohl Bernanke als auch Yellen danach Vorsitzende des Fed.
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