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13:52 Uhr - 08.05.2017

«Ein höherer Euro drängt sich auf»

Die Lage des Euros hat sich mit dem Wahlausgang in Frankreich entspannt. Was das für die Minuszinsen in der Schweiz bedeutet, sagt der UBS-Devisenstratege Thomas Flury.

Herr Flury, steht dem Euro nach Emmanuel Macrons Sieg jetzt ein Höhenflug bevor?
Höhenflug ist etwas weit gegriffen, aber eine Kurssteigerung – ja. Die wirtschaftliche Entwicklung wie Geschäftsgang, Konsumentenstimmung und Beschäftigung ist dieses Jahr in fast allen Ländern der Eurozone auf Höchstwerten seit der Finanzkrise angelangt. Das unterstützt den Euro fundamental. Und jetzt, wo ein wichtiges politisches Risiko in Frankreich weggefallen ist, darf man durchaus mit Avancen des Euros rechnen.

Ist die Angst um die Zukunft der Gemeinschaftswährung gebannt?
Die Gemeinschaftswährung wird immer wieder Anlass zur Sorge geben. Die nächste grosse Hürde sind die Parlamentswahlen in Frankreich am 11. und am 18. Juni. Da wird sich zeigen, ob die französische Bevölkerung dem neuen Präsidenten auch das Mandat gibt, seine Reformvorhaben umzusetzen. Nach mehreren Jahren mit ultraexpansiver Geldpolitik ist der Euro jedoch wirklich sehr niedrig bewertet, und eine Erholung drängt sich in jedem Fall auf.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Euros zum Dollar?
Wir rechnen mit einem nur leichten Anstieg für die nächsten Monate. Unsere Dreimonatsprognose liegt bei 1.12 $/€, was im Handelsbereich der letzten zwölf Monate ist. Aktuell bewegt sich der Kurs um 1.0945 $/€. Etwas weiter in die Zukunft geschaut rechnen wir bis September mit einer konkreten Ansage der Europäischen Zentralbank zum Ende ihrer Anleihenkäufe, der Bekanntgabe des sogenannten Tapering. Das sollte den Dollar-Euro-Kurs bis auf 1.15 und später bis 1.20 beflügeln, also den Euro zum Dollar deutlich stärker machen.

Wie wird sich der Euro zum Franken entwickeln?
Genauso wie gegenüber dem Dollar rechnen wir auch an der Frankenfront mit einer Entspannung. Die aktuellen Daten zu den Sichtguthaben der Schweizerischen Nationalbank zeigen schon jetzt eine deutlich fallende Nachfrage nach Franken. Wir haben nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich die Dreimonatsprognose von 1.08 auf 1.10 Fr./€ angehoben und die Sechsmonatsprognose von 1.12 auf 1.14 Fr./€ erhöht.

Und mittel- bis längerfristig?
Unser Zwölfmonatsziel bleibt bei 1.16 Fr./€. Also (ALSN 123.8 -0.56%) auch zum Franken erwarten wir die Gemeinschaftswährung auf etwas längere Sicht deutlich stärker.

Ist das Risiko einer Verschärfung der Negativzinsen durch die Nationalbank mit der jüngsten Entwicklung vom Tisch?
Das Risiko von noch tieferen Zinsen hat sich mit den rückläufigen politischen Risiken in Europa tatsächlich etwas entschärft. Das hat auch zu einem merklichen Anstieg der Frankenzinskurve seit Mitte April geführt. Die Bestätigung einer weniger expansiven Geldpolitik der EZB steht zwar noch aus. Zinserhöhungen der SNB (SNBN 1924 -2.29%) bleiben trotzdem in weiter Ferne.

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