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15:59 Uhr - 25.10.2019

«Wir müssen Exportschlager produzieren»

Der CEO der Bellevue Group erklärt, warum Schweizer Asset-Manager nicht unbedingt auf neue Abkommen mit der EU angewiesen sind.

Herr Rüegg, welchen Herausforderungen müssen sich die Vermögensverwalter in der Schweiz in den nächsten Jahren stellen?
In der Schweiz gibt es drei Arten von Asset-Managern. Die Grossbanken, die kleinen Spezialitätenhäuser und die ausländischen Anbieter. Jeder würde Ihnen auf diese Frage eine andere Antwort geben. Wenn Sie dann beim Schweizer Fondsverband anfragen, hören Sie noch eine weitere Meinung.

Sie sind einer der kleinen Mitspieler. Was beschäftigt Sie?
Wir können nur überleben, wenn wir uns in einer Nische bewegen. Mit dem, was wir tun, muss es uns dann nicht nur gelingen, das Geld sehr gut anzulegen, sondern auch noch einen Exportschlager zu produzieren. Das ist unsere Herausforderung und in etwa vergleichbar mit der Situation eines typischen Schweizer KMU, das seine Produkte im Ausland anbietet.

Wenn Sie ins europäische Ausland möchten, müssen Sie Ihre Produkte zum Beispiel in Luxemburger ­Vehikel verpacken. Sind Sie mit dieser Lösung zufrieden?
Wir als Schweizer Asset-Manager haben keinen Zugang zur EU. Auch sind die paneuropäischen Produkte wegen ihrer Komplexität immer etwas teurer als reine Schweizer Produkte. Es ist bedauerlich, dass die Schweizer Fondsgesetzgebung es nicht geschafft hat, den Schweizer Fonds nach Schweizer Recht breitflächig exportfähig zu machen. Das wurde ganz klar verpasst und ist auch nicht mehr nachzuholen.

Können bilaterale Verträge daran etwas ändern?
Ich glaube nicht, dass dann die Nachfrage nach Schweizer Fonds sprunghaft steigen würde. Die Anbieter haben sich mittlerweile mit der Situation arrangiert.

Welche Rolle spielen die grossen ­institutionellen Kunden für das Asset Management in der Schweiz?
Der institutionelle Markt in der Schweiz ist einer der kompetitivsten der Welt. Der Kostendruck ist enorm. Zudem ist die Risikofähigkeit der Pensionskassen limitiert. Das hat dazu geführt, dass die Passivierung in den letzten zehn Jahren massiv zugenommen hat. Das hat wiederum viele ­ausländische Anbieter angezogen, die nun massgeschneiderte Schweizer Produkte anbieten. Doch auch hier ist der Wettbewerb brutal. Einige bieten ihre Produkte nahezu kostenlos an. Das Geld kann dann nur noch über die Wechselkurse, die Courtage oder die Buchungen verdient werden. Da kann kein aktiver Manager mithalten.

Was bleibt dann noch?

Aktive Nischenprodukte sind für die Asset Allocation eines grossen Pensionskassenverwalters nicht vermittelbar. Es bleiben vermögende Pri­vatkunden und B2B-Vertrieb über Vermögensverwalter, die von Grossbanken geflüchtet sind und nach alternativen Lösungen suchen. Das sind meistens sehr aufgeschlossene Kunden, die offen für neue Ideen sind und Qualität suchen. Das ist ein spannendes Geschäft für uns.

Spezialitätenfonds wird oft vorgeworfen, reine Marketingprodukte zu sein. Hören Sie das oft?
Wir haben heute eine sehr grosse Transparenz in der Industrie. Die Performance eines Fonds ist über Datenbanken und öffentliche Medien für jedermann einsehbar. Wenn es nicht gut läuft, lässt sich das auch mit dem besten Marketing nicht vertuschen. Das bedeutet, dass der Markt mündiger geworden ist und sich in den letzten Jahren von einem reinen Verkäufer zu einem Käufermarkt entwickelt hat. So gesehen stimmt der Vorwurf nicht. Ich kann es sogar noch weiter zuspitzen: Die Informationsmacht ist heute nicht mehr in den Händen der Anbieter, sondern bei den Nutzern. Das hat unser Geschäft massiv verändert.

Was sind die Folgen?
Die Gelder fliessen heute alle in dieselbe Richtung. Das beobachte ich nun schon seit Jahren. Wenn es bei einem Anbieter gut läuft, gehen alle dorthin. Zwei Jahre später ist es ein anderer Anbieter, der es besser macht, und wieder fliessen die Gelder uniformiert dorthin. Der Gewinner bekommt alles, und in der Mitte bleibt nicht mehr viel übrig. Dagegen kann man meiner Meinung nach gar nicht ankämpfen. Es passiert einfach, dass man Gelder bekommt und verliert. Der Markt entscheidet sozusagen für sich selbst.

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