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18:20 Uhr - 26.05.2015

Julius Bär hofft auf rasches Steuerstreit-Ende

Einem US-Medienbericht zufolge könnte mit dem amerikanischen Justizdepartement DoJ in zwei Monaten eine Einigung erzielt werden.

Hoffnungen, dass der Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär (BAER 51.5 -0.96%) das Kapitel US-Steuerstreit schon bald hinter sich lassen kann, haben zum Wochenbeginn neue Nahrung erhalten: Die US-Zeitung «Wall Street Journal» meldete, Julius Bär habe den USA schon 2009 Daten liefern wollen – und sei von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma daran gehindert worden. Für den Kooperationswillen werde die Bank mit einem Rabatt auf der Busse belohnt. In zwei Monaten sei die Sache abgeschlossen.

Ein Sprecher von Julius Bär mochte die Informationen der Zeitung nicht kommentieren. Er wiederholte die Aussage, Julius Bär habe frühzeitig mit den US-Behörden kooperiert und sei zuversichtlich, dass das Dossier schon bald geschlossen werden könne. Immerhin: Diese Aussagen widersprechen der Darstellung der US-Zeitung nicht.

Wieder Kategorie-1-Bank

Im US-Steuerstreit werfen die USA Schweizer Banken vor, amerikanischen Steuerpflichtigen jahrelang bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben. Nun verlangen die Amerikaner, dass die entgangenen Steuereinnahmen vergütet werden. Ausserdem sollen die Schweizer Banken für ihr Verhalten Bussen bezahlen.

Gegen mehr als ein Dutzend Schweizer Banken – unter ihnen CS, Julius Bär und die ZKB – wurde eine Strafuntersuchung eröffnet. Sie sind somit Kategorie-1-Banken. Daneben gibt es eine Vielzahl von Banken, gegen die keine Strafuntersuchung eingeleitet wurde, die aber mutmasslich US-Steuerrecht verletzt haben. Das sind Kategorie-2-Banken.

Nachdem die Credit Suisse (CSGN 24.74 -2.29%) ihren Fall unter Bezahlung einer Busse von 2,8 Mrd. Fr. abschliessen konnte, wurde in der Schweiz vermutet, das DoJ warte bei den restlichen Kategorie-1-Banken ab, bis ein grösserer Kategorie-2-Bank-Fall abgeschlossen sei. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Kategorie-1-Institute bei der Bussenhöhe nicht besser gestellt werden als Kategorie-2-Banken. Ende März konnte sich die Tessiner Privatbank BSI, die in Kategorie 2 eingeteilt war, mit dem DoJ einigen und verpflichtete sich zur Bezahlung einer Busse von 211 Mio. $. Damit war die erwähnte Bedingung erfüllt – und der Weg frei für eine weitere Kategorie-1-Bank, das leidige Thema zu bereinigen.

Die Aussagen des Verwaltungsratspräsidenten

Ist diese nun Bär? Verwaltungsratspräsident Daniel Sauter gab sich an der GV Mitte April optimistisch, dass der US-Steuerstreit schon bald beigelegt werden könne. Die Gespräche mit den relevanten US-Behörden seien in einem «fortgeschrittenen Stadium». Die Bank habe «früh und aktiv» mit den US-Behörden kooperiert und dafür «Anerkennung erhalten». Zudem habe sie die Hausaufgaben gemacht und die Kundenbasis bereinigt. «Wir sind überzeugt, dass wir zu den nächsten Banken gehören werden, die dieses Kapitel abschliessen können.» Die Wortwahl von Verwaltungsratspräsident Sauter («früh», «aktiv», «kooperieren»)könnte zur Vermutung aus den USA passen, Bär habe den Amerikanern schon 2009 aus eigenem Antrieb relevante Daten liefern wollten – und sei von der Marktaufsichtsbehörde Finma daran gehindert worden. Ob dem so ist, wollte der Julius-Bär-Sprecher nicht bestätigen.

Bleibt die Frage nach der Höhe der Busse: Wenn Verwaltungratspräsident Daniel Sauter davon spricht, Julius Bär habe von den Amerikanern «Anerkennung» erhalten, so kann das mit etwas Fantasie als Rabatt interpretiert oder übersetzt werden. Doch auch hier: offizielle Funkstille von Julius Bär. Die Verantwortlichen der Bank vermeiden es weiterhin, eine Zahl über die Bussenhöhe zu nennen. Bislang sah sich das Institut auch nicht in der Lage, Rückstellungen für diese Sache vorzunehmen. Dass CEO Boris Collardi Anfang Jahr sagte, trotz hängigem US-Verfahren seien aber in der zweiten Jahreshälfte weitere Akquisitionen wieder ein Thema, lässt vermuten, dass er mit einer mässigen Busse rechnet.

Keine Reaktion

Bekannt ist, dass sich in dieser Sache für Julius Bär die Anwaltskosten und die Aufwendungen für die Aufbereitung der nötigen Informationen auf rund 80 Mio. Fr. belaufen. Klar ist auch, dass Analysten die Bussenhöhe für Julius Bär auf zwischen  300 und 850 Mio. Fr. schätzen.

Wenn das «Wall Street Journal» nun wissen will, Julius Bär erhalte für kooperatives Verhalten einen Rabatt, sind das gute Neuigkeiten. Diese scheinen im Aktienkurs allerdings bereits enthalten zu sein. Nachdem Julius Bär (auch vor dem Hintergrund von Übernahmegerüchten) seit Anfang Jahr per saldo 12% gestiegen war, reagierte der Kurs am Dienstag nicht mehr positiv auf die jüngsten Spekulationen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 sind Julius Bär bereits voll bewertet. Vorsichtige Anleger warten mit Engagements ab, bis der US-Steuerstreit tatsächlich abgeschlossen ist.

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