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16:42 Uhr - 08.06.2017

Tobias Wülser: Für 400 Fr. die ganze Welt umrundet

Der Chef der Winterthurer Denkfabrik Designwerk will bald ein elektrisches Nutzfahrzeug zur Serienreife bringen und sucht Investoren.

«Die Elektrorevolution wird bald wie eine Welle über uns hereinbrechen», sagt Tobias Wülser, Gründer und CEO von Designwerk. Sein im Mai von der Klimastiftung Schweiz mit einem Förderbeitrag bedachtes Unternehmen ist auf die Entwicklung elektrischer Fahrzeug- und Ladesysteme sowie auf die Umrüstung bestehender Fahrzeuge auf Elektroantrieb spezialisiert.

Mit namhaften Industriepartnern werden Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Design, Engineering und Vermietung entwickelt. Produziert wird am Standort in Winterthur. Passend zum eigenen Pioniergeist arbeitet das zwanzigköpfige Team in einer Industriehalle auf dem ehemaligen Sulzer-Areal. Die Elektromotoren von heute lösen so die Schiffs-Dieselmotoren von gestern ab.

Im Bereich der Elektromobilität sind neue Lösungen gefragt. Designwerk verbindet dazu Design mit Technik. Der diplomierte Industriedesigner Wülser verweist auf die wichtige Funktion der Produktgestaltung: «Sie betrifft nicht nur die äussere Erscheinung, sondern kann auch Inputs für die Produktoptimierung liefern.»

Der Zerotracer, ein von Wülser entwickeltes elektrisches Kabinenmotorrad, verkörpert diesen integrativen Ansatz. 2010 gewannen der 39-Jährige und Mitgründer Frank Loacker damit das Zero Emission Race: 30‘000 Kilometer legte Wülser in 80 Tagen zurück. Für diese Strecke verbrauchte er Strom für gerade einmal 400 Fr. «Einmal ein Fahrzeug entwickeln zu können, war schon immer mein Traum», erinnert sich Wülser. Seine wichtigste Erkenntnis aus dem Rennen: «Auf der Welt gibt es bereits heute mehr Steckdosen als Tanksäulen.»

Historisch gesehen ist der Elektroantrieb älter als der Verbrennungsmotor. Trotzdem hat das Elektroauto mit Vorurteilen zu kämpfen. «Obwohl Schweizer im Schnitt nicht mehr als 37 Kilometer pro Tag zurücklegen, haben sie Reichweitenangst», erklärt Wülser. Er selbst fährt privat ein solches Elektroauto. Um Elektromobilität für das breite Publikum attraktiver zu machen, entwickelt Designwerk nebst leistungsfähigen Fahrzeugbatterien auch mobile Schnellladegeräte. Wülser bezeichnet diese als «Schweizer Taschenmesser unter den Ladegeräten: klein, kompakt und leistungsfähig». Ebenso war das Unternehmen an der Entwicklung eines elektronisch betriebenen Kartfahrzeugs und des neuen dreirädrigen Zustellfahrzeugs der Schweizer Post beteiligt.

Die Stärke von Designwerk liegt im Knowhow und im Teamgeist. Ingenieure, Produktdesigner und Mechaniker arbeiten für die Projekte eng zusammen. Sowieso setzt Designwerk bei den grossen Hebeln an: Mit der Unterstützung des Bundesamts für Energie (BFE) entwickelt das Unternehmen das erste 26-Tonnen-Elektro-Wertstoffsammelfahrzeug. Der Grund ist simpel. «Kehrichtfahrzeuge sind die grössten CO2-Schleudern in Städten», erklärt Wülser. Mit Futuricum, einem Projekt für die Entwicklung der nächsten Generation elektrisch betriebener Nutzfahrzeuge, sollen in Zukunft vor allem in Städten die Lärm- und Schadstoffemissionen verringert werden. Das Projekt findet international Anklang: Zwei grosse Städte aus Österreich und Spanien haben bereits Interesse angemeldet.

Im Moment ist Designwerk noch auf der Suche nach Investoren. Das erste elektrische Nutzfahrzeug soll bald zur Serienreife gebracht werden. Angesprochen auf einen möglichen Börsengang winkt Wülser ab. Ein solcher sei für das Unternehmen aktuell nicht interessant. Ausschliessen würde er es jedoch nicht, das Unternehmen müsste dazu aber sehr viel grösser sein. In Zukunft will er mit seiner Denkfabrik weiter Prototypen entwickeln und so die Entwicklung der Elektromobilität mitgestalten.

Energie schöpft der Vater von zwei Kindern aus dem Sport und der Natur. Aber auch privat bleibt er dem Thema Energie verbunden: Gleich nach seiner Teilnahme am Zero Emission Race verbrachte er als Crewmitglied drei Monate auf dem Solarboot des Projekts Planet Solar. Sein Traum: ein elektrisch angetriebenes Flugzeug zu entwickeln.

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