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10:59 Uhr - 20.04.2016

Novartis muss wieder Vertrauen schaffen

Der Pharmamulti kämpft derzeit an verschiedenen Fronten. Morgen muss er zeigen, wie er sich in diesem Umfeld geschlagen hat. Einzelne Schwierigkeiten dürften anhalten.

Am Donnerstag präsentiert Novartis (NOVN 73.5 -0.88%) Zahlen zum ersten Quartal 2016. Beim Umsatz rechnen Analysten gemäss Bloomberg im Schnitt mit einen Rückgang von 1,4% auf 11,8 Mrd. $. Die Erwartungen fallen bescheiden aus, nachdem die Probleme in der Augenheilsparte Alcon bereits seit Sommer 2015 offenkundig wurden und auch das Herzmedikament Entresto, einer der beiden neu gehandelten Kassenschlager, mit überschaubarem Umsatz in den Markt startete.

Sorgenkind Alcon

Bei der Augenheilsparte ist seit Februar der erprobte Sanierer und ehemalige Chef von Hospira (Hospira 0 0%), Mike Ball, am Ruder. Er soll die Augenheilsparte wieder auf Kurs bringen – mit Investitionen in verpasste Innovation und einem besseren Kundenservice. CEO Joe Jimenez sprach der Sparte dafür 200 Mio. Fr zu. Positive Effekte können hier seit der Strategieverkündigung Ende Januar jedoch noch nicht erwartet werden.

Zudem ist die Neustrukturierung, mit der Verschiebung des Augenpharmageschäfts in die Pharmasparte von Novartis, erst im April wirksam geworden. Ausgehend vom Vorjahresumsatz des Segments (2,6 Mrd. $ im ersten Quartal 2015) rechnet das Unternehmen für den entsprechenden Zeitraum 2016 noch mit einem Umsatzrückgang. Erst ab dem dritten Quartal 2016 soll der Umsatz wieder im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen – und die Turnaround-Strategie damit greifen.

Zunehmende Generikakonkurrenz

Die gewinnträchtigen Zeiten des Blockbusters Glivec gegen Krebs sind aufgrund der zunehmenden Generikakonkurrenz definitiv vorbei. Der Konzern rechnet total mit einem Umsatzverlust von 3,2 Mrd. $ für Medikamente, die den Patentschutz verloren haben. Allein auf Glivec sollen davon 2,2 Mrd. $ entfallen. Als Haupthoffnungsträger, um wegbrechenden Umsatz aufzufangen, gelten der 2015 lancierte Wirkstoff Cosentyx gegen Schuppenflechte und das Herzmedikament Entresto.

Bei Cosentyx hat sich der Umsatz seit der Lancierung Anfang 2015 solid entwickelt. Im letzten Quartal 2015 betrug er 121 Mio. $. Die Konsensschätzung für das Jahr 2016 liegt bei 750 Mio. $. Für den Wirkstoff kommen aber weitere Investitionen auf den Konzern zu. Denn im Januar hat Novartis für zwei weitere Krankheiten die Zulassung der US-Gesundheitsbehörde bekommen. Entsprechend muss die Verkaufsfront für die entzündliche Gelenkkrankheit Psoriasis-Arthritis und die rheumatische Wirbelsäulenerkrankung Morbus Bechterew nochmals substanziell ausgebaut werden.

Harzender Umsatz

Weit enttäuschender ist Novartis mit dem Herzmedikament Entresto im Spätsommer 2015 in den Markt gestartet. Im vierten Quartal 2015 erzielte sie entgegen den weit höheren Erwartungen einen Umsatz von nur 5 Mio. $. Der Konzern argumentierte, er habe noch keine Übereinkommen mit der staatlichen US-Alterskasse Medicare hinsichtlich der Rückvergütung abschliessen können. Die Einigung liegt seit Januar vor – trotzdem rechnen Branchenkenner auch weiterhin mit verhaltenem Umsatzwachstum.

Der Konsens für 2016 liegt aktuell bei 350 Mio. $, wobei er laut Bloomberg im Dezember noch 1 Mrd. $ betrug. Wie man aus Expertenkreisen hört, sei die Bereitschaft bei den Kardiologen, ihre Patienten auf Entresto umzustellen, nach wie vor gering. Die Kassen verlangten zusätzliche Antragsformulare für Entresto, um über die Kostenübernahme zu entscheiden. Novartis plant zwei zusätzliche klinische Studien für Entresto, wie der Konzern bestätigt.

Aktie stark gelitten

Im vergangenen Jahr haben die Novartis-Titel fast 25% verloren. Damit hat das Unternehmen im Vergleich zum Pharmasektor unterdurchschnittlich abgeschnitten. Obwohl sich die Schätzungen für den Gewinn pro Aktie für das laufende Jahr entgegen dem Kurszerfall erst noch halten konnten, sind sie im ersten Quartal 2016 ebenfalls stark zurückgekommen. Einige Analysten haben ihr Rating nach unten revidiert.

Gleich wie 2015 werde auch 2016 zum «Übergangsjahr», sagte CEO Joe Jimenez anlässlich der Jahreszahlen im Januar. Trotzdem bieten die Aktien für Anleger mit einem längerfristigen Fokus Einstiegschancen. Mit einem KGV von 23 für 2016 sind sie aktuell zwar teurer als Roche (ROG 252.6 -0.71%) (19). Aber diese Momentaufnahme lässt ausser Acht, dass für die kommenden Jahre wieder ein höherer Gewinn erwartet wird.

Als Prüfstein gelten die morgigen Zahlen und Aussagen zur Strategie. Beide müssen erst verdeutlichen, dass die notwendigen Massnahmen bei Alcon, die Steigerung des Umsatzes neuer Produkte sowie weitere Kosteneinsparungsmassnahmen auf dem Weg sind und möglichst bald Früchte tragen.

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