Alstom kauft das Bahngeschäft von Bombardier. Stadler Rail äussert sich nicht.
Die beiden grössten Zug- und Tramhersteller Europas schliessen sich zusammen: Der französische TGV-Hersteller Alstom (ALO 48.065 -4.33%) übernimmt die in Berlin ansässige Zugsparte des kanadischen Konkurrenten Bombardier (BBD.B 1.68 1.82%). Die Franzosen bestätigten am Montag, dass es Diskussionen gebe. Die Kanadier teilten am Dienstag mit, dass eine Einigung erzielt worden sei. Gemäss dieser wird Bombardier Transportation mit 8,2 Mrd. $ bewertet. Das ist mehr als doppelt so viel wie der hoch verschuldete Konzern an der Börse in Toronto wert ist.
Vollzogen werden soll die Übernahme in der ersten Hälfte 2021 – die Zustimmung der Behörden vorausgesetzt. Im Zuge der Transaktion werden Bombardier und der Pensionsfonds Caisse de dépôt et placement aus Québec ihre Aktien von Alstom verkaufen. Dem Pensionsfonds gehören 32,5% der Anteile an der Bombardier-Sparte. Er wird nach dem Deal grösster Aktionär vom Alstom sein.
Hersteller der Schüttelzüge
In der Schweiz ist Bombardier als der Hersteller der neuen Doppelstockzüge der SBB bekannt. Ihre Beschaffung war eine schier endlose Leidensgeschichte. Die Auslieferung verzögerte sich über Jahre. Zuletzt gab es Klagen über das Schütteln der Züge.
Bombardier ist mit fast 10 Mrd. $ verschuldet. Der Verkauf der Zugsparte, die als wertvollster Teil des Konzerns gilt, soll dem Unternehmen finanziellen Spielraum verschaffen. Vergangene Woche hatte Bombardier bereits seine restlichen Anteile am ehemaligen Verkehrsflugzeugprogramm, dem heutigen Airbus (AIR 131.24 0.26%) A220, an den Partner Airbus abgegeben und sich damit von finanziellen Verpflichtungen befreit. Nach dem Verkauf der Zugsparte wird Bombardier nur noch die Produktion von Geschäftsflugzeugen bleiben.
Alstom, Siemens (SIE 106.9 -0.91%) und Bombardier ringen seit Jahren um einen Zusammenschluss. Sie fürchten, dass sie der chinesische Eisenbahngigant CRRC auf ihren heimischen Märkten überrollen könnte. Der Schweizer Konkurrent Stadler Rail (SRAIL 48.58 -1.58%) gab sich angesichts dieser Gefahr bislang eher entspannt.
Spuhler könnte sich freuen
Stadler Rail wollte die Fusionspläne der Konkurrenten nicht kommentieren. Man kenne weder die Details des Deals, noch die Beurteilung der Wettbewerbsbehörden, teilte eine Sprecherin mit. Klar ist, dass mit der Fusion ein mächtiger Konkurrent entsteht. Ob dies allerdings zu einem härteren Wettbewerb führt oder nicht, ist noch ungewiss.
Stadler-Patron Peter Spuhler könnte sich über die Fusionsnachricht der Konkurrenz sogar freuen. Als die EU vor einem Jahr die geplante Fusion der Bahnsparte von Siemens mit Alstom untersagte, bedauerte er dies.
Im Wirtschaftsmagazin «Trend» von Radio SRF sagte Spuhler seinerzeit, ein Zusammenschluss der Konkurrenten hätte Stadler Vorteile gebracht. Nach einer Fusion seien Unternehmen meist mit sich selbst beschäftigt. Zudem wäre er interessiert gewesen, bei einer möglichen Abspaltung von Unternehmensteilen etwas zu übernehmen, etwa im Bereich Signaltechnik.
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