Luc Froehlich, Chef der Anleihenfonds von Fidelity International, zum Einschluss chinesischer Anleihen in die globalen Indizes.
Die baldige Aufnahme Chinas in die wichtigen globalen Anleihenindizes bringt für die Finanzmärkte grosse Veränderungen mit sich – hat das doch eine bedeutende Kapitalumlagerung zur Folge. Für Luc Froehlich, zuständig für die Anleihenfonds von Fidelity International, ist das ein gewaltiger Schritt: «China ist bereits heute nach den USA und Japan mit einem Volumen von 12 Bio. $ der grösste Bondmarkt der Welt. Dass es jetzt in den globalen Finanzmarkt integriert wird, kann innerhalb der Geschichte der festverzinslichen Anlagen durchaus als monumentales Ereignis gewertet werden.»
Bislang ist das Interesse ausländischer Investoren beschränkt geblieben. Das überrascht nicht, hat sich der Markt doch erst vor fünf Jahren zu öffnen begonnen. Wenn Ausländer heute chinesische Anleihen in ihrem Portfolio halten, so sind diese meist nicht in China, sondern im Ausland und in Dollar aufgelegt worden. Heute befinden sich rund 75% der von Ausländern gehaltenen chinesischen Onshore-Anleihen denn auch im Besitz von Notenbanken und Staatsfonds. Froehlich geht allerdings davon aus, dass sich das schnell ändern wird – und das nicht einmal in erster Linie deshalb, weil chinesische Bonds ab April schrittweise in den Bloomberg Barclays (BARC 160.92 1.18%) Aggregate Index aufgenommen werden.
Vielversprechend sei die Anlageklasse vor allem auch wegen des rasant wachsenden Volumens «Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Marktkapitalisierung bereits 2020 auf 15 Bio. $ belaufen wird. Gleichzeitig können Ausländer dank der fortschreitenden Liberalisierung in immer neue attraktive Segmente investieren», sagt Froehlich.
Gut für Diversifikation
Chinesische Onshore-Anleihen bleiben jedoch ein Frontier-Markt. Genau das sei laut Froehlich auch der Grund, warum Investoren hier Alpha-Renditen erzielen können. Chinesische Anleihen seien dabei umso interessanter, würden sie doch wenig oder überhaupt nicht mit reiferen Märkten korrelieren. Das mache sie zu einem guten Diversifizierungsinstrument.
Allerdings bleibt Festlandchina durch strenge Kapitalverkehrskontrollen von den globalen Finanzflüssen abgeschottet. Die Frage stellt sich deshalb, ob ausländisches Kapital – wenn es einmal in China ist – auch aus dem Land genommen werden kann. Froehlich hält diese Bedenken für berechtigt. Doch er schätzt das Risiko, dass die Notenbank in China investierte ausländische Mittel plötzlich einfrieren wird, als sehr gering ein. Das unterstreiche etwa die Tatsache, dass ausländisches Kapital auf dem Onshore-Bondmarkt gerade einmal 8% der Staatsanleihen ausmacht.
Schon mal deswegen würde es wenig Sinn machen, auf sie direkt zu zielen. Das vor allem auch deshalb, weil Chinas Finanzmarkt damit einen enormen Reputationsschaden erleiden würde. «Das könnte sich die Notenbank umso weniger leisten, wird China doch wahrscheinlich bereits dieses Jahr ein Leistungsbilanzdefizit aufweisen. Damit ist es zukünftig noch mehr als bisher von internationalen Kapitalzuflüssen abhängig», räumt Froehlich ein.
Nach dem rasanten Kreditwachstum der vergangenen Jahre sind in China vermehrt die Finanzmarktrisiken in den Vordergrund gerückt. Das spiegelt sich auf dem Anleihenmarkt in den relativ hohen Risikoprämien. Wie gross ist angesichts der vermehrt zu beobachtenden Zahlungsausfälle das Risiko, dass Bondinvestoren mit Verlusten abgestraft werden? Froehlich beurteilt die Qualität von chinesischen Staatsanleihen und Bonds staatlicher Entwicklungsbanken (Policy Banks) als sehr gut. In dieselbe Kategorie reiht er auch Papiere einzelner privater Konzerne ein, die meist auch Dollaranleihen im Ausland aufgelegt haben. Ausländische Anleger investieren bisher fast ausschliesslich in diesem Segment, wo eine Rendite von rund 3% erzielt werden kann.
Differenzierter schätzt Froehlich hingegen einen Grossteil der Unternehmensanleihen ein. Relativ risikoarm seien Bonds von grossen Staatsunternehmen, da diese Verbindlichkeiten im- und explizit von der öffentlichen Hand garantiert werden. Doch auch die Anleihen von privat kontrollierten Gesellschaften seien zumindest auf den ersten Blick nicht so risikoreich, wie oft angenommen werde. In diesem Segment sei es im Vorjahr nur bei etwa 3% zu Zahlungsausfällen gekommen. Das liegt im Rahmen Asiens, wo 2018 zwischen 2 und 4% der Schuldner ihren Verpflichtungen nicht zeitgerecht nachkommen sind.
Staat greift weniger ein
Allerdings ist die Ausfallrate selbst nicht sehr aussagekräftig. Nicht nur, weil der Markt noch relativ jung sei. Auch ist der Staat zumindest in der Vergangenheit im Fall von Zahlungsschwierigkeiten immer wieder rettend eingeschritten. Zudem steckt auch das Ratingsystem noch in den Kinderschuhen. Das spiegle sich in den hier erzielten hohen Renditen, meint Froehlich. Für einen von lokalen Ratingagenturen mit AA bewerteten und über fünf Jahre laufenden Bond sind das etwa 6%.
Doch es zeichnet sich bereits seit längerem ab, dass der Staat in China zunehmend seine schützende Hand vom Anleihenmarkt zurückzieht. So geriet im Februar die Qinghai Provincial Investment Group mit der Zinszahlung in Höhe von 10 Mio. $ in Verzug. Das ist das erste Mal in zwei Jahrzehnten, dass in China eine öffentliche Körperschaft eine Anleihe nicht bedient hat.
Jüngst ist es nach Zahlungsausfällen auch zum Bankrott von – meist nicht wichtigen – Unternehmen gekommen. Froehlich sieht darin aber keinen Anlass zur Panik, sondern ein Zeichen eines reifer werdenden Marktes. «Ich würde nicht gerade sagen, dass das erfreuliche Sachen sind, doch solche Zahlungsausfälle sind auch Zeichen einer gesunden Entwicklung, erlauben sie doch einen tieferen Einblick in den Zustand des Gesamtmarktes.»
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.