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12:20 Uhr - 03.02.2015

Zweifel an Ölrally

Der Preis für Brent-Öl hat seit Donnerstag letzter Woche 15% zugelegt. Doch die Rally könnte kurzatmig sein.

Ölpreis (in Dollar je Fass)zoomQuelle: Bloomberg Am vergangenen Freitag konnte am Ölmarkt der höchste Tagesgewinn seit 2009 vermeldet werden. Brent-Öl verteuerte sich um 7%. Seit Donnerstag hat sich der Preis für die europäische Ölsorte um 15% auf über 57 $/Fass erhöht. Damit kostet Rohöl wieder so viel wie Anfang Jahr. Doch das schwarze Gold (Gold 1275.38 0.04%) ist immer noch weniger als halb so viel wert wie im Juni letzten Jahres.

Auch die Ölaktien reagieren. Der Kurs von ExxonMobil gewann am Montag 2,5% – obwohl für 2014 ein Gewinnrückgang von 21% vermeldet worden war. Der betriebliche Cashflow war so gering wie seit 2009 nicht mehr. Auch die Aktien von Chevron (CVX 106.06 3.44%) profitierten von höheren Erdölnotierungen und avancierten am Montag 3,4%. Chevron rapportierte am Freitag einen Gewinnrückgang von 30%.

Statistik zeigt weniger Schieferölförderung

Kapitalausgaben des US-EnergiesektorszoomQuelle: Goldman Sachs Die Rally wird unterstützt durch Nachrichten zum Angebot. Vergangene Woche wurden Statistiken veröffentlicht, dass in den USA die Zahl der Projekte zur Förderung von Schieferöl heruntergefahren wird. So ist seit Oktober 2014 die Anzahl Ölbohrungen in den USA um 24% auf ein Dreijahrestief gefallen. Auch die konventionelle Ölförderung wird weniger schnell ausgebaut. Der Goldman-Sachs-Analyst David Kostin erwartet, dass die Kapitalinvestitionen (Capex) von US-amerikanischen Erdöl- und Erdgasunternehmen im Jahr 2015 um 25% gesenkt werden.

Doch Rohstoffanalysten bezweifeln, dass damit das Überangebot am Erdölmarkt schnell abgebaut wird. Morgan Stanley (MS 34.42 1.8%) weist darauf hin, dass an der Anzahl von Förderprojekten nicht direkt die Fördermenge abgelesen werden kann. Die produktivsten Bohrungen würden als Letzte abgebaut. Dagegen glauben die Analysten der Commerzbank (CBK 11.03 2.27%), dass die Strategie der Opec tatsächlich aufgeht: Das Ölkartell könne durch den niedrigen Preis das amerikanische Angebot an Schieferöl immer mehr aus dem Markt drängen.

Trotz des Rückgangs der Kapitalausgaben werden die Ölriesen ExxonMobil und Chevron im Jahr 2015 ihre Förderung ausbauen. So hat Exxon im vergangenen Jahr acht neue Riesenförderprojekte gestartet. Chevron will bis 2017 ihre Produktion um 20% ausbauen. Der Rückgang der Kapitalausgaben wird gemäss einem Bericht der Nachrichtenagentur AP nur Projekte beeinflussen, die weit in der Zukunft liegen.

Stimmungsgetriebene Rally

Öl-TerminkurveTerminkurven für Brent-Futures im November 2014 und im Februar 2015 (in Dollar je Fass). Die Kurve ist immer steiler und damit stärker in Contango.zoomQuelle: Bloomberg Die jüngste Erdölrally ist trotz der US-Statistiken also kaum fundamental getrieben. Es handelt sich eher um einen Stimmungsumschwung bei den Investoren. Sie hegen die Hoffnung, dass der Tiefpunkt am Erdölmarkt erreicht ist. Nachdem vergangene Woche von Finanzanlegern sehr hohe Long- wie auch Short-Positionen in Öl gehalten wurden, nehmen die Analysten der Commerzbank an, dass der letzte Preisanstieg durch das Schliessen von Short-Positionen ausgelöst wurde. Schon länger wird am Futures-Markt ein Preisanstieg erwartet. Die Terminkurve der Brent-Kontrakte ist in Contango: Die prompte Lieferung kostet deutlich weniger als eine spätere (vgl. Grafik rechts).

Morgan Stanley zeigt sich skeptisch gegenüber einer anhaltenden Ölrally. Die jetzige Preissteigerung würde bedeuten, dass der Preis später im Jahr weniger steigen werde. Und je höher der Ölpreis tendiere, desto weniger werde die Produktion in den USA gedrosselt. Auch die Commerzbank hält den jüngsten Preisanstieg für übertrieben.

Experten empfehlen Aktien von Ölgesellschaften schon länger zum Kauf. Amrita Sen, Chefanalystin für Erdöl beim Londoner Beratungsunternehmen Energy Aspects, erklärte an einer Investmentkonferenz, dass sich der Ölpreis nach einer gewissen Zeit erholen wird. Sie sieht Chancen bei Schieferölförderern, die dank ihrer guten Finanzausstattung die Phase der tiefen Preise überstehen können. Dazu gehörten EOG Resources (EOG 92.52 3.92%), Continental (CON 208.05 2.04%) Resources und Occidental Petroleum.

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