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07:01 Uhr - 14.09.2015

In den USA mehren sich die Stimmen gegen eine Zinserhöhung

Das Fed entscheidet diese Woche über den Leitzins. Nun hat sich der ehemalige Finanzminister Larry Summers in die Debatte eingeschaltet.

Wer eine Erhöhung des Leitzinses in den USA schon diese Woche erwartet, ist in der Minderheit. Gemäss dem Terminmarkt für die kurzfristigen Zinsen ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung unter 30% gesunken. Noch Anfang August wurde sie vom Markt auf über 50% taxiert.

zoom«Ich werde und kann Ihnen nicht sagen, zu welcher Entscheidung wir am 17. September kommen», erklärte Stanley Fischer, der Vizechef des Fed, noch Ende August. Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank wird am 17. September bekannt geben, ob der Leitzins erhöht wird. Seit August ist der Druck auf das Fed gewachsen, mit der ersten Zinserhöhung seit 2006 noch zuzuwarten.

Zuletzt hat sich Larry Summers, ehemaliger Finanzminister und Harvard-Professor, in einem Blog zu Wort gemeldet.  Er fordert: «Das Fed muss stillhalten.» Nach seiner Überzeugung sollte die US-Notenbank die Risiken einer globalen Wachstumsverlangsamung nicht unterschätzen.

«Die meisten Rezessionen wurden erst lange nachdem sie eingetreten sind erkannt», warnt Summers. Sei das Fed geldpolitisch zu strikt, riskiere es einen «katastrophalen Fehler». Liege er mit seiner Warnung dagegen falsch, sei die Gefahr von zu niedrigen Zinsen beherrschbar:  «Die Inflation wäre vielleicht ein paar Zehntel Prozentpunkte zu hoch, und die Märkte könnten euphorisch reagieren.»

Inflation bedenklich tief

zoomWährend die US-Arbeitslosenquote mit 5,1% auf dem niedrigsten Stand seit 2008 liegt, zeigt sich der andere Zielindikator des Fed bedenklich tief: Die Inflation betrug zuletzt nur 0,2%. Stanley Fischer argumentiert, dass niedrige Importpreise die Teuerung drücken. Demnach kann das Fed wenig dagegen ausrichten. Summers widerspricht. Der Rückgang der Inflationsrate in den verschiedenen Wirtschaftssektoren hänge nicht mit dem jeweiligen Anteil von Importen zusammen. Die zu niedrige Teuerung sei also kein importiertes Phänomen.

Summers ist nicht allein mit seinen Warnungen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Anfang des Monats mit Blick auf die US-Geldpolitik erklärt: «Es gibt mehr Abwärtsrisiken, und das gleichzeitige Eintreten dieser Risiken würde auf einen viel schwächeren Ausblick hinauslaufen.»

Die Weltbank, die Schwesterorganisation des IWF, macht sich Sorgen um das Wachstum in den Schwellenländern. «Inmitten der schlechten Nachrichten der letzten Wochen würde eine Zinserhöhung Panik und Unruhe auslösen», sagte der  Weltbank-Chefökonom Kaushik Basu.

Mehr als eine Verschiebung der Zinserhöhung wäre laut Ray Dalio, Chef des Hedge Fund Bridgewater, angebracht. «Das Fed gibt zyklischen Faktoren zu viel Gewicht und unterschätzt die langfristigen», erklärt er in einem Brief an seine Kunden. Das Fed müsse auf deflationäre Kräfte mit einer lockereren Geldpolitik, einem neuen Quantitative Easing (Anleihenkäufen), reagieren. Doch es bestehe das Risiko, dass es sich einer Zinsanhebung zu verpflichtet fühle, um richtig zu reagieren.

Höhere Zinsen später im Jahr

Im Fed wachsen die Zweifel. Vergangene Woche meinte John Williams, Präsident der Distriktnotenbank San Francisco, dass die US-Konjunktur zwar gut laufe, sich aber «starker Gegenwind gebildet hat». Es sei jedoch vernünftig, die Zinsen später im Jahr zu erhöhen, falls sich der Ausblick für die US-Wirtschaft nicht eintrübe.

Ein Konsens könnte gemäss «Wall Street Journal» daher darin liegen, die Zinsen im September nicht anzuheben. Dafür könnte die US-Notenbank betonen, die Zinsen noch dieses Jahr zu erhöhen, falls sich die US-Wirtschaft als stabil genug erweist. Die rhetorische Schlacht um die erste Zinserhöhung seit der Finanzkrise ginge dann in eine neue Runde.

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