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11:56 Uhr - 22.05.2017

Jan Jenisch: Äusserst erfolgreich, von extern und branchennah

Der Sika-CEO wird überraschend Chef von LafargeHolcim. Der Deutsche bringt einen hervorragenden Leistungsausweis mit.

Damit hat wahrlich niemand gerechnet: Der äusserst erfolgreiche Konzernchef von Sika (SIK 6095 -3.64%), Jan Jenisch, wechselt Mitte Oktober als CEO zum Zementriesen LafargeHolcim (LHN 57.95 6.53%) (lesen Sie die Details hier). Der Entscheid wurde ohne lange Vorlaufzeit gefällt und hat wohl hüben wie drüben für etliche Überraschung gesorgt.

Jenisch ist der Vater der sehr erfolgreichen Strategie von Sika. Sie wurde, gleich nach seinem Amtsantritt zu Jahresbeginn 2012, formuliert. Also lange bevor im Dezember 2014 der Streit über den Verkauf der Stimmenmehrheit an Sika von der Schenker-Winkler Holding an den französischen Konzern Saint-Gobain (SGO 50.23 -0.4%) (SGO) ausgebrochen ist.

Der Leistungsausweis ist hervorragend

Gemäss der Strategie 2018 wird das Wachstum in den aufstrebenden Märkten forciert, organisch wie auch akquisitorisch. Zudem wird die Innovation gezielt gefördert und produktmässig das Mörtelgeschäft. Es zeichnet sich durch ein grosses Marktpotenzial sowie eine hohe Profitabilität aus. Die Umsetzung der Strategie verläuft plangemäss, die Ziele wurden bisher mehr als erreicht.

Jenisch realisierte dabei Ausserordentliches: Obwohl das Unternehmen seit Ende 2014 mit dem Abwehrkampf gegen die Übernahme durch SGO beschäftigt ist, erreichte er Jahr für Jahr Rekordwerte. Das gilt für Umsatz, Ergebnisse und Börsenkurs von Sika. Die Titel notierten auf Höchstwerten von deutlich über 6000 Fr. Der VR hielt und hält Jenisch und seinen Kollegen von der Konzernleitung den Rücken frei, sie können sich voll dem operativen Geschäft widmen.

Ein echtes Sika-Gewächs

Jenisch ist ein Sika-Eigengewächs. Der Fünfzigjährige hat praktisch seine gesamte berufliche Laufbahn in Diensten des Bauzulieferers absolviert. Nach dem Abschluss seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Freiburg i.Ue. absolvierte er noch einen MBA. Kurz nach dem Abschluss stieg er 1996 bei Sika ein, zunächst in der Marktentwicklung im Industriebereich. In den Folgejahren nahm er verschiedene Funktionen im Automobilgeschäft wahr und avancierte 2004 zum Leiter der Industriedivision und Mitglied der Konzernleitung. Von 2007 bis 2011 übernahm er die Führung der Region Asien/Pazifik.

Der Wechsel von Jenisch überrascht auch deshalb, weil er bisher stets sehr loyal zu Sika gehalten und sich mit voller Kraft für ihren Erfolg in Selbständigkeit eingesetzt hat. Er sieht im Führungsposten bei LafargeHolcim offenbar eine grosse Herausforderung. Gemäss seiner Aussage in der Mitteilung des Zementkonzerns hat das Unternehmen ein enormes Potenzial, das er nutzen will. Und klar: LafargeHolcim ist gemessen am Umsatz rund viermal so gross wie Sika.

Unbelastet und doch nahe an der Branche

Für LafargeHolcim könnte Jenisch zum Glücksfall werden. Er ist unbelastet von einer Lafarge- oder einer Holcim-Vergangenheit, kennt die Baustoffmärkte bestens und ist global gut vernetzt. Und er hat in Diensten von Sika bewiesen, dass er strategisch wie auch führungsmässig sehr versiert ist. Jenisch ist zuzutrauen, dass er den Zementriesen in ruhigere Gewässer steuern und die Profitabilität steigern kann. Das scheint auch die Börse so zu sehen, sie hat LafargeHolcim am Montagvormittag deutlich höher eingestuft.

Wie weit sein Abgang von Sika einen Zusammenhang mit dem Übernahmestreit hat, ist von aussen schwer zu beurteilen. Ein solcher wird vom Unternehmen bestritten. In der Tat dürfte ein direkter Zusammenhang kaum gegeben sein. Jenisch stand stets hinter dem Abwehrkampf. Zudem spielte er darin eher eine untergeordnete Rolle, der Kampf wird vor allem vom VR-Präsidenten Paul Hälg und von Juristen geführt. Jenisch hatte allerdings sehr früh verlauten lassen, dass er im Falle einer Übernahme durch SGO Sika verlassen würde. Ob er die Möglichkeit des Wechsels zu LafargeHolcim als eleganten Abgang gesehen hat, ist derzeit offen. Der Ausgang des Übernahmekampfs ist ungewiss: Für die zweite Jahreshälfte wird das Urteil des Zuger Obergerichts, der zweiten Instanz, im Streit über den Aktienverkauf erwartet.

Auf Jenisch folgt Schuler als Sika-Chef

Jenisch hinterlässt bei Sika eine Lücke. Allerdings hat das Unternehmen sehr rasch reagiert und schon den Nachfolger als CEO bekannt gegeben. Das Ruder übernimmt per 1. Juli der 62-jährige Paul Schuler. Er ist, wie Jenisch, ein Sika-Urgestein. Schuler steht seit 29 Jahren in Diensten des Unternehmens und ist seit 2007 Mitglied der Konzernleitung.

Er blickt auf sehr erfolgreiche Tätigkeiten im Konzern zurück: Er hatte die sich in Schwierigkeiten befindende deutsche Tochter wieder auf Kurs gebracht, führte das Geschäft in Nordamerika und ist seit 2013 verantwortlich für die Region Europa/Mittlerer Osten/Afrika, die rund 50% zum Konzernumsatz beiträgt. Schuler war zusammen mit Jenisch auch an der Ausarbeitung der Strategie 2018 beteiligt. Er wird sie im bisherigen Sinn weiter umsetzen. Schuler ist gleichsam der logische Nachfolger von Jenisch.

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