Die Ungewissheit um die Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung sorgt in der US-Notenbank für Kontroversen. Unter den Zinsfalken wachsen die Bedenken, dass sich der Jobmarkt überhitzen könnte.
Seit Wochen versuchen Investoren auszuloten, wie Donald Trump als Präsident die amerikanische Wirtschaft in Schwung bringen will. Nicht anders geht es dem Vorsitz des Federal Reserve. Wie das Protokoll zur letzten Sitzung der US-Notenbank zeigt, sorgt der Regierungswechsel unter den Währungshütern für intensive Diskussionen.
«Die Teilnehmer betonten beträchtliche Unsicherheit mit Blick auf das Timing, den Umfang und die Zusammensetzung künftiger wirtschaftspolitischer Initiativen», heisst es in den Unterlagen zum Fed-Treffen von Mitte Dezember. Unklar sei ebenso, wie sich diese Massnahmen insgesamt auf die Konjunktur auswirken würden.
Für «viele Teilnehmer» sei das Risiko gestiegen, dass sich der Arbeitsmarkt überhitzen könnte, halten die sogenannten FOMC Minutes weiter fest. Der Vorsitz der US-Notenbank könnte sich deshalb dazu gezwungen sehen, «den Leitzins schneller anzuheben, als bislang angenommen», argumentieren sie.
Tauben plädieren für Vorsicht
Andere Fed-Mitglieder sehen hingegen wenig Grund zur Eile. So meinten die «meisten Teilnehmer», dass die Arbeitslosenrate «nur geringfügig unter das Niveau sinken wird, das sie langfristig als natürlich erachten». Auch habe nur die Hälfte der Währungshüter damit begonnen, Stimulusmassnahmen der neuen Regierung in ihre Prognosen einzuberechnen.
Neue Daten zum Arbeitsmarkt werden am Freitag veröffentlicht. Ökonomen erwarten, dass die US-Wirtschaft im Dezember rund 180‘000 Stellen geschaffen hat und die Arbeitslosenquote leicht auf 4,7% gestiegen ist. Auf lange Sicht strebt die US-Notenbank eine Arbeitslosenrate von 4,5 bis 5% sowie 2% Teuerung an.
An der Sitzung vom Dezember hatte das Federal Reserve das Zielband für den Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,5 bis 0,75% erhöht. Für dieses Jahr rechnet es mit drei weiteren Zinsschritten. Das, nachdem es zuvor zwei Zinserhöhungen für 2017 in Aussicht gestellt hatte.
Rollenwechsel zwischen Geld- und Wirtschaftspolitik
«Unsere Schlussfolgerung aus dem Fed-Protokoll ist, dass der Ausblick für die Zinspolitik noch immer auf Annahmen beruht, die vor den Präsidentschaftswahlen getroffen wurden», denkt das Researchteam der Bank Barclays.
«Neu wird das Fed sein Vorgehen künftig an die Wirtschaftspolitik anpassen. Das ist ein signifikanter Unterschied verglichen mit den letzten zehn Jahren, als die Geldpolitik in der Reaktion auf die Finanzkrise aktiv die führende Rolle übernahm.»
An Wallstreet hat das Fed-Protokoll keine grösseren Reaktionen ausgelöst. Der Dow Jones Industrial flirtet weiterhin mit 20’000 und schloss am Mittwoch 0,3% fester auf 19’942. Der technologielastige Nasdaq Composite rückte 0,9% auf 5477 vor.
Auch am Bondmarkt setzen Investoren auf Abwarten. Die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen notierte zu Handelsschluss unverändert auf 2,45%. Der Dollar tendierte etwas fester und der Goldpreis stieg 0,3% auf 1167.80 $ je Unze.
Neue Stimmen im Gremium
Das nächste Treffen der US-Notenbank findet Ende Januar statt. Mit Patrick Harker, dem Präsidenten des Fed-Distrikts Philadelphia, Robert Kaplan (Dallas) und Neel Kashkari (Minneapolis) werden gleich neue Mitglieder erstmals über die Geldpolitik mitbestimmen. Zudem sind zwei weitere Posten im Gremium vakant, die Trump nach seinem Amtsantritt am 20. Januar besetzen kann.
An den Finanzmärkten gilt es als so gut wie ausgeschlossen, dass die Währungshüter die Zinsen bereits an der kommenden Sitzung erhöhen werden. Investoren an der Chicagoer Terminbörse CME messen einem Zinsschritt erst ab Mitte Jahr eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% zu.
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