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17:11 Uhr - 31.07.2017

Drei Gefahren für den globalen Kapitalmarkt

John Mauldin, Finanzexperte von Mauldin Economics, sieht in der Zentralbankenpolitik der USA und Europas erhöhtes Risikopotenzial.

Wenn sich John Mauldin zu den Kapitalmärkten äussert, lohnt es sich, genauer hinzuhören – hat sich der Finanzexperte und Börsenbriefschreiber doch mit kritischen Analysen einen guten Namen gemacht. Im aktuellsten Kommentar nennt der 67-jährige Texaner drei Gefahren, die das Potenzial haben, die Finanzmärkte nachhaltig zu erschüttern.

Das erste bedeutende Risiko geht laut Mauldin von der US-Zentralbank Fed aus. So werde immer deutlicher, dass sich die amerikanische Wirtschaft nicht so erfreulich entwickelt, wie das nach dem Wahlsieg von Donald Trump prognostiziert worden war – gerade auch, weil es der neue US-Präsident nicht geschafft habe, seine Reformversprechen zu erfüllen. Zwar hat sich etwa die Arbeitslosigkeit verringert, doch der Konsum bleibe – wie auch die Inflation – schwach. Es handle sich also kaum um ein Umfeld, das normalerweise eine straffere Geldpolitik rechtfertigen würde.

Zu rasche Straffung

Deshalb liegt die grosse Gefahr darin, dass das Fed zu schnell und zu scharf mit der Straffung der Geldpolitik fortfährt. Gewisse Mitglieder des zuständigen Offenmarktausschusses (FOMC) würden darauf abzielen, einen Fiskalstimulus zu kompensieren, der wohl gar nicht wie geplant umgesetzt werden könne. Eine zu rasche Verschärfung dürfte wiederum die konjunkturelle Erholung abwürgen und die USA in eine Deflation stürzen. Angesichts der hohen Verschuldung wäre diese Entwicklung katastrophal.

Da Trump nächstes Jahr mindestens sechs Posten im Offenmarktausschuss neu besetzen kann, wird der US-Präsident den Einfluss auf das Fed deutlich verstärken. Fällt die USA tatsächlich in eine Rezession zurück, dürfte Trump laut Mauldin wohl zum Gegenmittel einer quantitativen Lockerung zurückkehren. Der Druck der Öffentlichkeit, etwas zu unternehmen, werde schlichtweg zu gross.

Die zweite potenzielle Gefahrenquelle sieht Mauldin in Europa. Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat die Europäische Zentralbank (EZB) deutlich aggressiver stimuliert als etwa das Fed – inklusive negativer Leitzinsen und weitreichenderer Anleihenkaufprogramme.

Chinas Schattenbanken

Der EZB-Vorsitzende Mario Draghi dürfte noch lange nicht an eine Kursumkehr denken und frühestens 2018 mit einer Straffung  beginnen. Doch während das Fed mit einer Reduktion begann, als Japan und die EZB die Bilanzen noch immer ausweiteten – was die Folgen abschwächte –, wird die EZB-Straffung in einem deutlich schwierigeren Umfeld stattfinden. Der negative Effekt könnte deshalb viel  stärker ausfallen. Gleichzeitig dürfte der Euro gegenüber dem Dollar zulegen, was die exportdominierte Wirtschaft Europas zusätzlich belasten würde.

Die dritte Bedrohung erkennt Mauldin in China. Mit 6,9% kann das Reich der Mitte zwar durchaus solide Wachstums­raten vorweisen. Sie sind aber zu einem grossen Teil dem starken Kreditwachstum zu verdanken, das im Schattenbankensystem – fernab vom Einfluss der Behörden – stattgefunden hat. Gemäss einer Erhebung der People’s Bank of China sind die ausserbilanziellen Kreditvolumen 2016 enorm gestiegen. Ein Kollaps würde Schockwellen durch den Kapitalmarkt senden und die Weltwirtschaft spürbar in Mitleidenschaft ziehen.

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