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10:27 Uhr - 31.05.2016

Mauro Egermini: Der Aussenseiter in der Uhrenbranche

Der CEO der geschichtsträchtigen Uhrenmanufaktur Schwarz-Etienne hat es geschafft, aus der Tradition auszubrechen und Neues zu schaffen.

Er ist gerne ein rarer Vogel in der etwas hochfliegenden Uhrenindustrie. Mauro Egermini, der «Directeur» der Manufaktur Schwarz-Etienne und des gleichenorts beheimateten Produktionsspezialisten E2O Innovations, ist so bescheiden wie der Titel auf seinen Visitenkarten. Der 48-Jährige begnügt sich mit einem Wagen aus koreanischer Fertigung. Seine einzige Extravaganz hat familiäre Gründe. Mittags legt Mauro Egermini Wert darauf, pünktlich daheim zu sein, um die beiden Kinder zu bekochen. Dies hat für den in Le Locle aufgewachsenen Neuenburger Vorrang, seit seine Frau vor vier Jahren verstarb. Es war seine Conditio sine qua non, als ihn Raffaele Radicchi drängte, bei Schwarz-Etienne einzusteigen.

Schwarz-Etienne ist ein alter Name in La Chaux-de-Fonds. Paul Henri Schwarz und Olga Etienne hatten sich 1902 zusammengetan, um ein Atelier für die Montage von Uhrwerken aufzuziehen. Die Fertigung kompletter Uhren unter eigenem Namen nahm Schwarz-Etienne erst in den Fünfzigerjahren auf. Durch die Krisenjahre rettete sich das Haus mit der Private-Label-Fertigung für bekannte Namen wie Dunhill, Caran d‘Ache und Chanel, wobei die Werke seit 1980 am Markt bezogen wurden.

Egermini brachte neuen Drive in das Unternehmen. Als Sohn eines vielseitig begabten Antiquars in Le Locle aufgewachsen, hatte er daheim mit dem Vater am Küchentisch Werke assembliert aus den Beständen untergegangener Häuser. Allein vom Chronographenkaliber Valjoux habe er, wie er sich erinnert, mehrere tausend Stück remontiert.

Ursprünglich hatte Egermini aber eine andere Laufbahn anvisiert. Nach der Matur schrieb er sich an der Universität Neuenburg ein, um Unternehmensführung zu studieren. Seine berufliche Karriere startete der grossgewachsene Mann mit dem gewinnenden Wesen beim Weinproduzenten Domaine de Montmollin et Fils. 1996 wechselte er zu Cartier nach Villeret, wo er sich in der Logistik auszeichnete und auch von Montblanc und Panerai entdeckt wurde. Sein Organisationstalent blieb nicht unbemerkt. 2001 heuerte ihn Dior für den Aufbau einer eigenen Uhrmacherei an. Dort wurde zunächst auch für Fred Joailler, Versace, Charriol und ST-Dupont produziert. Verabschiedet wurde Mauro Egermini elf Jahre später höchst ungern und mit Tränen in den Augen.

Seit 2009 hatte Mauro Egermini den Schritt in die Selbständigkeit angepeilt. 2012 wagte er ihn mit der Gründung der E2O Innovations. Der Nischenplayer für Assortiments (Hemmpartien) stiess in die Lücke, die sich geöffnet hat, als Swatch Group (UHR 293 -1.35%) begonnen hat, die Branche nicht mehr so grosszügig mit mechanischen Komponenten zu beliefern.

Egerminis E2O Innovations verfügt über Material für 10 Mio. Spiralen. Nicht weniger wichtig ist die hochmoderne, weitgehend selbstentwickelte Produktionsanlage, um den Federstahl auf die gewünschte Stärke von 0,0733 mm zu ziehen, in exakter Länge zu schneiden, rundzubiegen und mit dem Virol – dem Einsteckelement – zu fixieren.

Das eigene Assortiment in einen Tourbillonkäfig zu stecken und zur Tourbillonhemmpartie auszubauen, war der nächste Schritt. Damit positioniert sich Schwarz-Etienne in der Spitzenliga derer, die eine Uhr mit einer um sich selbst kreisenden Unruhpartie – notabene aus eigener Fertigung – anbieten können.

Dass ein Newcomer – oder wenigstens Aussenseiter – wie Mauro Egermini diese seltene Kernkompetenz in der Uhrenindustrie für die industrielle Verwertung aufgebaut hat, noch dazu in bemerkenswert kurzer Zeit, spricht für ihn, sein Charisma und bei aller Kompetenz auch ein untrügliches Gespür für Menschen. Es spricht aber ebenso für das gern unterschätzte La Chaux-de-Fonds und seinen Uhrencluster. Wenn jetzt noch die Weltkonjunktur mitspielt, sollten die beiden auch die angemessene Anerkennung finden für die geleistete Arbeit und das Aufbaurisiko.

 

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