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09:34 Uhr - 26.11.2014

«Small & Mid Caps sehen sicher fair bewertet aus»

Nils Wimmersberger, Portfoliomanager des Vontobel Ethos Equities Mid & Small Caps, sieht mehr Chancen als Risiken. Eine Konsolidierung schliesst er aber nicht aus, wie er im Interview mit der FuW erläutert.

Herr Wimmersberger, wie funktioniert Ihr Anlageprozess?
Der Fonds wurde 2005 in Zusammenarbeit mit Ethos lanciert. Ethos wählt das Anlageuniversum anhand eines ESG-Screening (vgl. Box, Anm. d. Red.) aus und teilt die rund 200 Schweizer Aktien mit kleiner und mittlerer Börsenkapitalisierung in drei Klassen – A, B und C – ein. In Klasse A befinden sich die Best-in-Class-Valoren, die sich durch ein überdurchschnittliches Abschneiden in den ESG-Kategorien auszeichnen. Nils Wimmersberger setzt auf innovative Unternehmen in Marktnischen. Bild: ZVGSie können mit bis zu 3 Prozentpunkten gegenüber dem Referenzindex übergewichtet werden. Gesamthaft müssen Klasse-A-Titel mindestens 75% des Fonds ausmachen. Aktien der Klasse B können maximal bis zu ihrem Indexgewicht gehalten werden, wobei ihr Anteil ein Viertel des Fondsvermögens nicht übersteigen darf. Klasse-C-Papiere dürfen wir nicht kaufen. In den Klassen A und B sind etwa hundert Aktien vertreten. Aus diesem eingegrenztem Universum wählen wir anhand klassischer Finanzanalyse die attraktivsten Valoren aus.

Wie viel kostet dieser Filter von Ethos?
Der Fonds ist einer der günstigsten in der Anlageklasse. Die Total (FP 47.56 -0.26%) Expense Ratio beträgt 80 Basispunkte.

Wie sehen Ihre Erwartungen für die Wirtschaftsentwicklung in Europa aus?
Für die konjunkturelle Entwicklung in Europa sind wir eher verhalten. Trotzdem weist der Fonds im Bereich Industriegüter ein Übergewicht auf, das allerdings breit abgestützt und das Resultat einer ausgewogenen Kombination aus zyklischen Aktien wie SFS, Georg Fischer (FI-N 592 -0.08%) und Dätwyler (DAE 118.4 0.34%) sowie defensiven Werten wie Flughafen Zürich (FHZN 635.5 -0.31%) oder Schindler (SCHN 135.1 -0.15%) ist.

Widerspricht Flughafen Zürich nicht dem Nachhaltigkeitskonzept?
Bei diesem Titel kommt das Best-in-Class-Konzept zum Zug. Besonders weil es in diesem Bereich nicht viele Alternativen in der Schweiz gibt, ist für Ethos ein guter Zugang zum Management und zum Verwaltungsrat wichtig, um kritische Punkte zu diskutieren. Des Weiteren unternimmt der Flughafen Zürich viel, um Lärm- und Umweltbelastung zu reduzieren. So erhebt er beispielsweise für schwere oder laute Flugzeuge höhere Gebühren als für leichtere, modernere und geräuschärmere Maschinen. Zudem werden regelmässig die verschiedenen Interessengruppen im Einzugsgebiet angehört, auch damit die Lärmbelastung nicht in den am dichtesten besiedelten Gebieten am grössten ist.

Sind Sie zuversichtlich für das Projekt The Circle?
Mit Swiss Life (SLHN 219.3 -0.09%) hat Flughafen Zürich einen Partner mit viel Erfahrung im Immobilienbereich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Management vom Flughafen Zürich eine Investition im Volumen von 1 Mrd. Fr. auf gut Glück startet. Deshalb denke ich, dass Chancen und Risiken sorgfältig abgewogen wurden.

Was spricht für Schindler?
Asien verzeichnet ein hohes Wachstum, und Schindler hat in dieser Region die Kapazität ausgebaut. Zudem profitiert Schindler auch stark vom Servicegeschäft. Andererseits ist unser Fonds auch in Zyklikern wie SFS oder Burckhardt Compression (BCHN 404 0.06%) investiert. Bei diesen Titeln gehen wir davon aus, dass nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung in Europa entscheidend ist. Bei SFS sehen wir längerfristiges Potenzial dank drei Treibern: der Flugzeugindustrie, der Konsumgüterindustrie sowie der Automobilindustrie, die in den letzten Jahren gut gewachsen ist. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Autos im Premiumsegment, insbesondere in Asien, weiter anhalten sollte.

In welchen weiteren Titeln sehen Sie grosses Kurspotenzial?
Kurz- bis mittelfristig sehen wir grosses Kurspotenzial für die Logitech-Aktie. Die Buchhaltungsprobleme sollten in Kürze behoben sein, dann kann auch ein Aktienrückkaufprogramm gestartet werden. Im operativen Geschäft erwarten wir auf Gewinnstufe eine weitere Steigerung aufgrund von Kostensparmassnahmen und einem besseren Produktmix. Ausserdem konnte Logitech (LOGN 13.85 0.73%) in jüngster Vergangenheit mit attraktiven Innovationen bei den Kunden punkten. Einer guten Nachfrage erfreuen sich zum Beispiel Tastaturen und Schutzhüllen für Tablets, mobile Lautsprecherlösungen der Marke Ultimate Ears sowie ausgefeilte Produktlösungen für Computerspiele.

Wo sehen Sie grosse Risiken?
Bei Sulzer (SUN 115.4 0.52%) macht das Öl- und Gasgeschäft beinahe 50% des Geschäfts aus. Viel Managementkapazität wurde im Übernahmegerangel von Dresser-Rand (DRC 82.09 -0.05%) absorbiert. Der Personalabbau sowie weitere mögliche Restrukturierungen haben die Belegschaft verunsichert. Ein anderer Titel, den wir nach Bekanntgabe der Halbjahreszahlen reduziert haben, ist Rieter (RIEN 169.7 -1.62%). Im Rahmen einer Firmenpräsentation kamen wir zum Schluss, dass die Ziele des vorherigen Managements eventuell revidiert werden müssen, was einige Monate später auch geschah. Aktuell hat sich das wirtschaftliche Umfeld wegen der fallenden Baumwollpreise in Asien verschlechtert. Die tiefen Margen haben die Investitionsausgaben der Spinnereien gedrückt.

Wie schätzen  Sie das Potenzial des Gesamtmarktes ein? Zeichnet sich eine Korrektur ab?
Kurz- bis mittelfristig könnte es zu einer Seitwärtsbewegung oder gar einer Konsolidierung kommen, insbesondere nach der raschen Erholung vom Einbruch im Oktober. Es kommt darauf an, wie sich die Eurozone entwickelt. Insbesondere Deutschland ist ein sehr wichtiger Absatzmarkt. Die Währungen spielen ebenfalls eine grosse Rolle. Sollte die SNB (SNBN 1059 -0.09%) die Untergrenze nicht halten können, ginge die Planungssicherheit für viele Industrieunternehmen verloren. Für das nächste Jahr sind wir im Grossen und Ganzen aber weiterhin positiv für Small & Mid Caps gestimmt. Unsere Analysten rechnen mit einem höheren Gewinnwachstum bei den Small & Mid Caps als bei den Large Caps.

Lindt & Sprüngli ist Ihre grösste Position. Sind die Valoren nicht zu teuer?
Hätte man in den letzten zehn Jahren nur auf die Bewertung geachtet, hätte man viel verpasst. Das Unternehmen hat nämlich eindrücklich gezeigt, dass es stark wachsen kann. Auf Umsatzebene erwarten wir dieses Jahr ein fast zweistelliges Wachstum. In den letzten zehn Jahren konnte der Konzern zudem die Margen fast kontinuierlich verbessern. Lindt & Sprüngli ist weltweit der führende Anbieter von Premiumschokolade und nach der Akquisition von Russell Stover neu die Nummer drei im Schokoladenmarkt in Nordamerika – hinter Mars und Hershey, aber deutlich vor Nestlé (NESN 71.7 0.14%).

Das Ende des Margenwachstums ist noch nicht erreicht?
Nein, das glauben wir nicht. Das Management baut die Kapazitäten weiter aus, weil es auch in Zukunft eine starke Nachfrage sieht. Dies ist insbesondere in Amerika der Fall, wo die Marktdurchdringung von Lindt & Sprüngli noch nicht so gross ist. Dort müssen die Leute an Premiumschokolade herangeführt werden, da sie nach wie vor auf einfachere Schokolade zurückgreifen.

Ist es im aktuellen Umfeld schwierig, interessante Aktien zu finden?
Es ist in der letzten Zeit sicher nicht einfacher geworden. Titel mit riesigem Kurspotenzial sind immer schwieriger zu finden. Man muss mehr ins Detail gehen, mehr mit den Bewertungsmodellen arbeiten. Ebenso wichtig für unseren Anlageprozess ist aber auch, dass wir einen guten Kontakt mit dem Management haben, um Trends rechtzeitig wahrzunehmen. Bezüglich der Bewertung sind Small & Mid Caps im langjährigen Vergleich nicht billig, aber auch nicht auf einem absoluten Höchst. Da viele Small & Mid Caps in bestimmten Marktnischen eine führende Position einnehmen, mit starken Marken auf sich aufmerksam machen und sich durch eine bemerkenswerte Innovationskraft auszeichnen, darf das aktuelle Bewertungsniveau aber sicher als fair betrachtet werden.

NachhaltigkeitDas ESG-Rating umfasst die Dimensionen Umwelt (Ecology), Soziales (Social) und Governance. Die Stiftung für nachhaltiges Investment und aktives Aktionariat Ethos bewertet im Bereich Umwelt die Umweltbelastungen, die vom Unternehmen direkt und indirekt via Zulieferer oder Kunden entstehen.

Das Einhalten von Menschenrechten, die Förderung der Vielfalt sowie die generellen Anstellungsbedingungen analysiert Ethos im Bereich Soziales. Die Vergütungsstruktur oder Interessenkonflikte zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind wichtige Aspekte im Bereich Governance. Im Branchenvergleich erhalten Unternehmen ein Rating, die Klassenbesten haben das Rating A. Hinzu kommen noch Ausschlusskriterien.

Ein signifikanter Anteil des Umsatzes in einer sensiblen Branche wie der Rüstungs- oder der Tabakindustrie sowie gravierende Kontroversen wie Menschenrechtsverletzungen können zum Ausschluss führen.

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