Die Marktzinsen auf Staatsanleihen in Europa bekommen einen neuen Schub aus den USA. «Eidgenossen» rentieren knapp unter 0%.
Die Renditen steigen. Und sie übersteigen psychologisch wichtige Marken oder sind kurz davor. Zehnjährige US-Staatsanleihen haben vergangenes Jahr kurz über 2,5% rentiert. Nun ist es wieder so weit. Und jetzt bekommen auch die europäischen Renditen einen Schub.
Französische Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit rentieren zum ersten Mal seit einem Jahr über 1%. Deutsche Bundesanleihen noch knapp unter 0,5%. Und zehnjährige «Eidgenossen» sind nur noch eine Haaresbreite von der Nullgrenze entfernt.
Ende vergangener Woche notierten die schweizerischen Bundesanleihen –0,04%. So «hoch» war die Rendite zuletzt Anfang 2016. Zur Erinnerung: Im vergangenen Juli sank die schweizerische Rendite zeitweise unter –0,6%.
Grosse Kursverluste
Steigen die Marktzinsen, drückt das die Kurse von Anleihen. Je weiter die Laufzeit einer Anleihe in die Zukunft reicht, desto grösser ist der Effekt steigender Renditen.
Erst im Jahr 2086 verfällt eine Obligation, die die österreichische Bundesregierung im November begeben hat. Sie bietet Investoren einen Coupon von 1,5%. Das ist für viele Anleger anscheinend ein interessantes Angebot, da Österreich von den grossen Agenturen mit einem Rating von nur einer Stufe unter der Bestnote AAA ausgezeichnet wird. Sie kauften Anleihen im Wert von 2 Mrd. €.
Wer die siebzigjährige Anleihe nun verkaufen will, muss einen massiven Verlust einstecken. Die Rendite ist seit Emission von 1,5 auf fast 2% gestiegen. Der Kurs ist dadurch um 18% eingebrochen.
Ein ähnliches Beispiel findet sich für die Schweiz: Hier gibt es die längste Staatsanleihe – Laufzeit bis 2064 – nun 12% billiger als noch Anfang November. Wer damals kaufte, der bekam noch eine Rendite von knapp über 0,1%. Nun beträgt sie fast 0,5%.
Renditedifferenz etwas zurückgekommen
Die europäischen Anleihen haben mit dem letzten Renditeanstieg nur den Abstand zu den US-Renditen verkleinert. Die Differenz war nach der US-Präsidentschaftswahl sprunghaft gestiegen.
Die Renditen in der Schweiz sind weniger stark avanciert als die in Deutschland. Dadurch ist auch die Differenz der Marktzinsen zwischen den USA und der Schweiz noch grösser als die zu Deutschland.
Die jetzige Renditedifferenz zu den USA von über 2,5% für die Schweiz und über 2% für Deutschland ist im historischen Vergleich immer noch sehr hoch. 2012 rentierten deutsche und amerikanische Anleihen fast gleichauf. Seitdem laufen die US-Renditen den europäischen davon.
Divergenz in Südeuropa
Auch in den südlichen Mitgliedstaaten der Eurozone steigen die Renditen – doch nicht gleichmässig. Die politische Unsicherheit in Italien drückt seit Oktober die Marktzinsen für die Regierung in Rom nach oben.
Anleger verlangen für Anleihen des spanischen Staates eine 64 Basispunkte (0,64 Prozentpunkte) geringere Rendite als für italienische Bonds.
Ab wann die Rendite positiv ist
Die Zinsstrukturkurve bildet die Renditen über verschiedene Laufzeiten ab. Sie zeigt: In der Schweiz haben sich die Renditen seit Anfang November für alle Laufzeiten ab einem Jahr erhöht.
Ab wann liegt die Rendite über 0%, will man sein Geld dem Staat leihen? Im November musste man noch zwanzigjährige «Eidgenossen» kaufen, um über die Nullgrenze zu kommen. Nun reicht ein Engagement auf zwölf Jahre.
Steigen die Renditen aber weiter, sind auch für diese Anleihen weitere Kursverluste programmiert.
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