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09:05 Uhr - 30.04.2015

«Wir stimmen für die LafargeHolcim-Fusion»

David Herro, CIO für internationale Aktien bei Harris Associates, sieht in der Fusion der Zementkonzerne Holcim und Lafarge Synergiepotenzial und hofft, dass Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholt werden.

Herr Herro, in der kommenden Woche stimmen die Holcim-Aktionäre über die Fusion mit Lafarge (LG 62.94 -2.33%) ab. Wofür entscheidet sich Harris Associates als Grossinvestor mit zuletzt gemeldeten 6,4% Beteiligung?
Wir sind für die Fusion und haben unsere Stimme bereits am Dienstag über unseren Wertschriftenverwalter abgegeben. Ausschlaggebend waren drei Faktoren: der neu vorgeschlagene CEO, das attraktivere Aktientauschverhältnis und die gewichtige Vertretung der Eigentümer im Verwaltungsrat. Auch wenn das Gremium unserer Meinung nach zu gross ist, besteht mit der neuen Sitzverteilung eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Synergien freigesetzt werden und nicht nur davon gesprochen wird.

Wo sehen Sie denn Potenzial dafür?
Potenzial gibt es bei den Kosten im Management und bei den Produktionsanlagen. Ebenso ergeben sich Vorteile bei einer Analyse der Marktstellung und beim Einsatz des Kapitals. Stellt man ökonomische Aspekte in den Fokus, dann eröffnen sich einem grösseren Konzern in all diesen Punkten Chancen.

In der Zementbranche bestehen massive Überkapazitäten. Was heisst das für LafargeHolcim?
Die gesamte Industrie hat sich schuldig gemacht, zu teuer zu kaufen und zu billig zu verkaufen. Vor allem für Lafarge war das ein Hauptproblem in den letzten zehn Jahren. Selbst Holcim (HOLN 74.8 -1.45%) hatte damit Mühe. Wir hoffen, dass diese Lektion gelernt wurde und Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden. Hersteller mit hohen Kosten müssen Überkapazitäten abbauen und Anlagen schliessen, die keinen Gewinn erarbeiten – gleichgültig, wem diese Werke gehören.

Also auch im Fall von Lafarge und Holcim?
Dazu will ich keine spezifischen Äusserungen machen, denn das liegt in der Verantwortung des Managements und des Verwaltungsrats. Beispiele gibt es aber genug. Es ist entscheidend, dass genau geprüft wird, wie der neue Konzern sein Kapital am effizientesten einsetzen kann. Wir hoffen, dass nach dieser Philosophie gehandelt wird, und erwarten, dass die Positionierung des Unternehmens sorgfältig analysiert wird. Gibt es in einem Markt kaum Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg, muss der Ausstieg folgen.

Das Management von Lafarge hat in diesen Punkten nicht überzeugt. Hat Eric Olsen als designierter CEO das Zeug für einen Neustart?
Der Leistungsausweis des Managements von Lafarge spricht für sich: Es hat Akquisitionen zu extrem unvorteilhaften Preisen vollzogen, speziell in Ägypten. Dabei ging es wohl mehr Aspekte des Egos als der Wirtschaftlichkeit. Wenn ein Management nach solchen Prämissen handelt, leiden darunter die Aktionäre. Im Vergleich zu den ursprünglichen Fusionsplänen ist die Ernennung des neuen CEO deshalb eine Verbesserung. Er scheint diese Probleme klar zu verstehen, wie aus den zwei Gesprächen hervorgegangen ist, die wir mit ihm geführt haben.

Aber auch Olsen stammt aus den Reihen von Lafarge.
Er gehört zwar zum Management, war aber keine Schlüsselfigur bei der Transaktion in Ägypten. Er war weder VR-Präsident noch CEO oder Finanzchef von Lafarge, sondern hat auf operativer Stufe gearbeitet.

Und wie steht es um die Gewichtsverteilung im Verwaltungsrat?
Es ist sehr erfreulich, dass die Aktionäre im Gremium gut repräsentiert werden, denn ihnen gehört ja schliesslich das Unternehmen. Der VR ist ein Puffer zwischen Investoren und Management. Deshalb sind wir froh, dass auf der Seite von Lafarge Vertreter von Groupe Bruxelles Lambert und Nassef Sawiris Einsitz nehmen. Sie sind ebenfalls primär daran interessiert, den Wert des Unternehmens auf mittlere und lange Sicht zu steigern. Das ist es, was Investoren, Mitarbeitende und Kunden wollen.

Was denken Sie über die Forderung von Filaret Galchew, Holcim-Grossaktionär und Eigner des russischen Konkurrenten Eurocement, ebenfalls im VR Einsitz zu nehmen?
Er ist ein weiterer wichtiger Aktionär, ist gleichzeitig aber selbst in der Zementbranche aktiv. Daher ist  gewisse Vorsicht angebracht, und es braucht Schutzmechanismen, wenn es im VR um industrielle Fragen geht. Dennoch: Das Ziel ist, langfristig Wert zu schaffen und alle Aktionäre gleich zu behandeln – gleichgültig, ob sie nun aus Russland, den USA, Ägypten, Frankreich oder der Schweiz sind.

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