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15:50 Uhr - 02.07.2014

Die EZB wird nicht auf die Pauke hauen

Die Impulse der massiven geldpolitischen Lockerung vom Vormonat sind in der Realwirtschaft noch nicht angekommen und an den Finanzmärkten weitgehend verpufft. Die EZB wird am Donnerstag abwarten.

Wenn morgen Donnerstag die Europäische Zentralbank (EZB) tagt, wäre es für einmal besser, zurückzublicken anstatt nach vorne. Beim letzten Termin Anfang Juni hatte der Zentralbankrat die Geldpolitik noch einmal deutlich gelockert. Unter anderem senkte er die Leitzinsen, den tiefsten der drei schob er sogar unter null. Seither müssen Banken eine Prämie von 0,1% zahlen, wenn sie überschüssige Einlagen über Nacht bei der EZB parken. Der Rat beschloss zudem, weiter viel Geld ins System zu pumpen.

Alles sollte dazu beitragen, dass die reichlich vorhandene Liquidität nicht irgendwo gehortet wird, sondern endlich in die Realwirtschaft fliesst: als Kredite an Unternehmen und Privathaushalte. Was haben die Aktionen seither bewirkt? Eher wenig, muss die Antwort lauten.

Keine Reaktion in der Realwirtschaft

Die Wirtschaftszahlen deuten darauf hin, dass die zögerliche Erholung in der Eurzone nicht an Schwung gewonnen hat. Im Juni haben sich die Vertrauensindikatoren abgeschwächt. Das gleiche gilt für die Einkaufsmanagerindizes. Allerdings unterstreichen beide Indikatoren, dass die Wirtschaft wächst, selbst in Krisenländern wie Italien. Leider sind keine Daten über die Kreditvergaben im Juni verfügbar. Der Zentralbankrat wird frühestens an der Sitzung Anfang August beurteilen, ob seine Juni-Beschlüsse die Investitionsbereitschaft in Europa stimuliert haben oder nicht. Bis Mai schrumpften die Kredite an den Privatsektor.

Tiefe Teuerung in Spanien
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Die Inflation scheint sich stabilisiert zu haben – auf tiefen o,5%. Überraschungen nach unten, die eine neue Lockerungsaktion der EZB wahrscheinlich machen würde, gab es nicht. Wenngleich in einzelnen Ländern für Juni tiefere Teuerungsraten als im Mai gemeldet wurden. In Spanien ist die Teuerung auf 0,1% gesunken, liegt also nur knapp über deflationärem Niveau. Misst man die Teuerung nach dem harmonisierten EZB-Ansatz, betrug sie im Juni 0% gegenüber dem Vorjahr.

Partystimmung an den Märkten vorbei

Ganz anders reagierten die Finanzmärkte auf den expansiven EZB-Entscheid vom Vormonat. Sie feierten die Beschlüsse, entsprachen sie doch weitgehend den vielversprechenden Erwartungen, die Investoren rund um den Globus zuvor gehegt hatten.

Heute, vier Wochen später, sind diese Kurseffekte weitgehend verpufft.

Relative Aktienmarktentwicklung
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Zum Beispiel die Aktienmärkte. Bankentitel und Dividendenpapiere aus den Peripheriestaaten, die am meisten Nutzen aus der Stabilisierungspolitik der EZB ziehen sollten, hatten vor dem EZB-Treffen deutlich zugelegt. Als die EZB dann getagt hatte, waren die Erwartungen bestätigt und die grösste Euphorie war erst einmal vorüber. Seither weist der relative Kursverlauf abwärts.

Auch die Risikoprämien, die vor und kurz nach dem Juni-Termin auf historische Minimumwerte gesunken waren, sind in den vergangenen drei Wochen erneut nach oben geklettert. Das gilt für die Renditeaufschläge von Staatsanleihen der Peripheriestaaten zu deutschen Papieren genauso wie für die Spreads von Unternehmensanleihen. Die Tiefstwerte sind Vergangenheit, jedoch bleiben die Spreads niedrig. Sie befinden sich generell unter den Niveaus vom ersten Quartal des Jahres.

Euro schwächer zum Franken

Euro, handelsgewichteter Index
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Es war nie ein erklärtes Ziel der EZB, den Euro zu schwächen, aber dass die EZB genau das vorhatte, ist ebenfalls nie ein Geheimnis gewesen. In der Tat wertete sich die Gemeinschaftswährung im Juni ab. Unter 1.35 $/€ fiel sie aber nicht. In den vergangenen Tagen setzte sogar eine Gegenbewegung ein: Der Dollar erlitt am Montag einen generellen Schwächeanfall. Der Wechselkurs sprang fast bis 1.37 $/€. Er liegt heute wieder dort, wo er bereits vor vier Wochen notierte.

Zum Franken war die Kursentwicklung weniger dramatisch. Dafür aber eher im Sinne der EZB. Der Euro in den vergangenen Wochen gab stetig nach und der Franken wurde fester: Von 1.22 bewegte sich der Wechselkurs abwärts. Am Mittwoch notierte er 1.2139 Fr./€. Das ist nicht im Interesse der Schweizerischen Nationalbank, die einen Mindestkurs von 1.20 Fr./€ verfolgt und keine tieferen Euronotierungen duldet.

Sollte sich die Abschwächung der Gemeinschaftswährung wie gehabt fortsetzen, käme sie um Interventionen am Devisenmarkt nicht herum. Sie müsste Euro aufkaufen, um dessen Kurs zu stützen. Es wäre das erste Mal seit zwei Jahren. Und sie würde erstmals überhaupt direkt gegen das Interesse der EZB handeln.

EZB-Vorschau: klärende Worte erwartet

Die 18 Zentralbanker werden sich hüten, morgen Donnerstag neue Lockerungsaktionen zu beschliessen, solange die bisherigen Impulse sich noch nicht in der Realwirtschaft niedergeschlagen haben.

Beobachter hoffen, dass zumindest neue Details zu den im Juni in Aussicht gestellten Geldkrediten (T-LTRO) bekannt gegeben werden: Sie sollen Banken zugutekommen, die garantieren, dass sie die erhaltenen Mittel als Kredite an Unternehmen weiterreichen.

 

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