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08:42 Uhr - 05.10.2016

Apple steht am Scheideweg

Fünf Jahre nach dem Tod des Visionärs Steve Jobs steht der Konzern so gut da wie nie zuvor – und doch entscheidet sich erst 2017, wie es weitergeht.

Vor genau fünf Jahren stand die sonst so schnelllebige Technikwelt einen Moment still: Am 5. Oktober 2011 starb Steve Jobs. Der Mitgründer des Computerkonzerns Apple (AAPL 113.05 0.04%), der – mit Pausen – langjährige CEO des Unternehmens, der Technikvisionär hat unser aller Leben verändert. Smartphones, Tabletcomputer, superflache Notebooks gäbe es in der heutigen Form nicht ohne Steve Jobs.

Wenige Wochen vor Jobs Tod hat Tim Cook die Führungsrolle übernommen. Dessen Bilanz fällt alles andere als schlecht aus – und doch taucht wieder und wieder diese eine Frage auf: Wie innovativ kann Apple noch sein ohne Jobs? Alle hoffen, dass dem Unternehmen die Antwort darauf im nächsten Jahr gelingt.

Apple im Überblick:

» Die Finanzen
» Das iPhone
» iPad und Mac
» Services und die Zukunft

Die Finanzen

Jobs hat Apple Ende der Neunziger vor der Pleite gerettet. Kaum noch vorstellbar. Er straffte Produktpalette und Vertrieb. Mit iMac 1998, dem Musikspieler iPod 2001, kurz darauf dem digitalen Musik-Store iTunes, dem iPhone 2007, ein Jahr danach dem MacBook Air, 2010 dem Tablet iPad hat Jobs die zoomzoomMusik-, Handy- und Computerbranche erschüttert. Und die Saat gelegt für seinen Nachfolger: Apple ist mit einem Börsenwert von 612 Mrd. $ der teuerste Konzern der Welt. Cook hat solide gewirtschaftet. Apple verfügt nun über liquide Mittel von mehr als 230 Mrd. $. Aktionäre nehmen am Erfolg über Aktienrückkäufe und Dividenden teil. Seit Cook im August vor fünf Jahren übernommen hat, haben sich Apple-Aktien 121% verteuert. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2017 erreicht moderate 13 – zum Vergleich: Microsoft (MSFT 57.64 0.7%) kommt auf 20, Google-Mutter Alphabet (GOOGL 801.23 -0.19%) auf 25. Dieses Jahr schwächelt Apple seit langer Zeit erstmals. Umsatz und Gewinn steigen nicht mehr in gewohnten Dimensionen – wegen des iPhones.

Das iPhone

In diesem Sommer wurde die Marke von einer Milliarde verkaufter iPhones überschritten. Nicht schlecht für ein Gerät, das erst vor neun Jahren vorgestellt wurde. Gemäss Schätzungen von Barclays (BARC 172.3 0.97%) erwirtschaftet Apple im laufenden Geschäftsjahr mehr als 60% des Umsatzes von voraussichtlich mehr als 200 Mrd. $ allein durch das Smartphone. Apple fährt das Gros des Profits der gesamten Industrie ein – nur mit dem iPhone. Seit Vorstellung der Nummer 7 haben sich die Apple-Valoren 5% verteuert. zoomDie Nachfrage nach dem Gerät soll gut sein, genauer: nicht so schlecht wie befürchtet. Noch sind das Mutmassungen. Apple veröffentlicht nun nicht mehr wie zuvor Zahlen zum Marktstart. Der Grund: Das iPhone 7 wird den Erfolg der Nummer 6 wohl nicht wiederholen. In diesem Jahr sinkt der iPhone-Absatz erstmals seit Vorstellung 2009. Die Zeiten des stürmischen Wachstums sind im Smartphone-Markt generell pas­sé. Zudem zeigt sich beim jüngsten Apple-Phone, dass CEO Cook ein Meister der Produktpflege, aber nicht der Innovation ist. Es gibt keine grossen Veränderungen im Vergleich zum Vorgänger. Diese werden erst für das iPhone 8 erwartet. Im Gespräch sind dann ein leuchtstarkes Display, besondere Werkstoffe und ein Schritt vorwärts im Thema Augmented Reality. Hierbei wird die Wirklichkeit auf dem Display um digitale Informationen ergänzt. Apple hat seit Frühjahr 2015 sechs Unternehmen gekauft, die sich mit der erweiterten Wirklichkeit beschäftigen.

iPad und Mac

Auch der Tabletcomputer iPad würde sich mit seiner Kamera und dem grossen Display als Augmented-Reality-Konsole für Spiele oder ernsthafte Anwendungen eignen. Monteure könnten auf einem iPad direkt vor Ort etwa Anweisungen über dem Bild einer defekten Maschine eingeblendet bekommen. Unter Cook hat Apple einiges unternommen, um ins Geschäftssegment vorzudringen. Seit zwei Jahren kooperiert das Unternehmen mit IBM (IBM 157.08 0.4%), seit Frühjahr mit SAP (SAP 81.28 -0.23%), beide stark im Firmenkundensegment. Daraus entstanden sind Apps für Geschäftsanwendungen. Mit dem iPad Pro hat Apple einen besonders grossen Tabletcomputer, auch für den Firmeneinsatz. Für nächstes Jahr werden neue iPads erwartet, wieder nur unwesentlich verändert. Seit Vorstellung der Bildschirmrechner vor sechs Jahren leidet die PC-Industrie. Traditionelle Rechner sind weniger gefragt. Das gilt auch für Mac-Computer von Apple, von denen seither im Quartal um die 5 Mio. Geräte verkauft werden. Neue Macs werden schon in einigen Wochen vorgestellt – und hier endlich mal eine grössere Neuerung: Die Computer bekommen voraussichtlich einen berührungsempfindlichen Zusatzschirm, der die Arbeit erleichtert.

Services und die Zukunft

«Grosse Innovationen» kämen von Apple, versprach Cook schon vor geraumer Zeit in einem Interview – sichtbar sind sie bislang nicht. Als einzige neue Produktkategorie ist er nur das Thema Smartwatch angegangen. Der Erfolg war bescheiden. Wagemutiger bewegt er sich abseits der Hardware. Seit dieser Woche können Apple-Kunden auch in Russland mit Smartphone oder Smartwatch des Unternehmens zahlen dank Apple Pay. Es ist das zehnte Land, in dem der Bezahldienst funktioniert. Dazu kommt der App Store, aus dem bisher 140 Mrd. kleine Programme für Smartphone und Tablet geladen wurden. An kostenpflichtigen Programmen verdient Apple 30% des Preises. Als Drittes stärkt Apple den Bereich Music. Alle Services standen im vergangenen Jahr für einen Umsatz von 20 Mrd. $, Tendenz steigend.

Und doch gilt Apple als Hardware-Company. Kein Wunder, dass alle hier nach Neuheiten gieren. Spannendste Entwicklung neben der Augmented Reality: ein Apple Car. Wie immer kommentiert das Unternehmen Spekulationen rund um die Entwicklung nicht. Tim Cook verglich das Warten auf ein Apple-Auto mit dem auf Weihnachten. Und es bleibe noch eine Weile bei der Vorfreude, fügte er hinzu. Im September wurde bekannt, dass einige Ingenieure, die am Projekt arbeiten, gehen mussten. Der Schwerpunkt der Arbeit soll nicht mehr auf einem eigenen liegen, sondern auf dem autonomen Fahren. Weil es dafür einen Partner braucht, soll Apple eine Beteiligung am Luxuswagenhersteller McLaren erwägen. Es bleibt spannend – und selbst, wenn Innovationen von Apple noch auf sich warten lassen: Das Unternehmen wird dank treuer Kundschaft noch eine ganze Weile prächtig verdienen.

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