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23:56 Uhr - 16.08.2017

Das Fed startet den Countdown zum Bilanzabbau

Die US-Notenbank bekräftigt ihre Pläne, “relativ bald” mit dem Abbau ihres riesigen Wertschriftenportfolios zu beginnen. Der Startschuss soll bereits in wenigen Wochen fallen.

Das Federal Reserve stimmt die Finanzmärkte auf den nächsten grossen Schritt zur Normalisierung der Geldpolitik ein. Wie die amerikanische Notenbank am Mittwoch im Protokoll zu ihrer letzten Sitzung offenlegte, wird sie voraussichtlich bereits Mitte September mit dem Abbau der 4500 Mrd. $ grossen Bilanz starten.

“Generell waren sich die Sitzungsteilnehmer darüber einig, dass es mit Blick auf die aktuellen Konjunkturbedingungen angebracht sei, mit der Implementierung des Bilanzprogrammes relativ bald zu beginnen”, halten die Unterlagen fest. “Das, sofern es nicht zu signifikanten Problemen in der Wirtschaft oder an den Finanzmärkten komme“, steht darin weiter.

Wie die sogenannten FOMC Minutes zum Treffen vom 13 und 14 Juni zeigen, hätten sogar “mehrere Teilnehmer” bereits damals gerne den Startschuss gegeben. “Die meisten zogen es aber vor, diesen Entscheid auf eine spätere Sitzung zu verschieben, um in dieser Zeit weitere Informationen zum Konjunkturausblick zu sammeln”, heisst es.

Achtung, fertig, los!

An den Märkten wird fest damit gerechnet, dass Fed-Chefin Janet Yellen das Programm in fünf Wochen lancieren wird. “Aufgrund der soliden Zahlen zum Jobsektor und zum Einzelhandel erwarten wir die Ankündigung am kommenden Zinsentscheid vom 19. und 20. September”, meint etwa Ian Shepherdson vom Researchdienst Pantheon Macroeconomics.

Seit der Finanzkrise hat die amerikanische Notenbank mit den Stimulusprogrammen QE1, QE2 und QE3 rund 4200 Mrd. $ an langfristigen Staatsanleihen und verbrieften Hypotheken auf ihrer Bilanz angehäuft. Sind diese Wertschriften ausgelaufen, hat sie die Einnahmen daraus bislang in neue Papiere reinvestiert.

Um mit der Bilanzverkürzung zu beginnen, will das Fed zunächst 6 Mrd. $ pro Monat weniger in den Kauf von Staatsanleihen reinvestieren. Im Fall verbriefter Hypotheken sind es 4 Mrd. $ weniger. Diese Beträge werden dann alle drei Monate erhöht, bis eine monatliche Obergrenze von 30 Mrd. $ bei Staatsanleihen und von 20 Mrd. $ bei Hypotheken erreicht ist.

Nähere Details zum Bilanzprogramm könnte Fed-Chefin Yellen am Wirtschaftssymposium von Jackson Hole Ende nächste Woche geben. Sie erhofft sich dabei, dass das geldpolitische Grossmanöver keine grösseren Auswirkungen hat. Es werde für die Finanzmärkte etwa so aufregend sein, «wie Farbe beim Trocknen zuzusehen», sagte Yellen an der letzten Pressekonferenz.

Kontroversen um die Zinspolitik

Während die Bilanzpläne so gut wie besiegelt sind, ist sich der Fed-Vorsitz über den nächsten Zinsschritt weit weniger im Klaren. Vor allem wegen der tiefen Inflation argumentierten “gewisse Mitglieder” gemäss dem Sitzungsprotokoll, dass es sich die Notenbank “unter den gegenwärtigen Voraussetzungen leisten könne, geduldig zu sein.”

Andere Repräsentanten des Fed hingegen drängen darauf, die Zinsen rasch weiter zu straffen. Sie fürchten unter anderem, dass die Teuerung wegen des robusten Arbeitsmarkts und wegen der Hausse an den Börsen plötzlich über die Zielrate von 2% schiessen könnte.

“Es sieht so aus, als ob sich das Fed-Gremium inzwischen mehr Sorgen um die Inflation macht als beim Treffen im Juni”, denken Ökonomen der Bank Barclays. Der Kernindex der Konsumentenausgaben — das vom Fed bevorzugte Messinstrument der Teuerung — ist zuletzt auf 1,5% gesunken, nachdem er Anfang Jahr noch 1,8% betragen hatte.

 Zweifel an den Finanzmärkten

An der Sitzung vor vier Wochen hatte die US-Notenbank das Zielband für den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt auf 1 bis 1,25% angehoben. Es war die zweite Zinserhöhung in diesem Jahr und insgesamt die vierte seit dem Ende der Rezession. Erstmals seit dem Jahr 2008 bewegen sich die kurzfristigen Zinsen in den USA damit wieder über 1%.

Bislang haben sich die Währungshüter zuversichtlich gegeben, bis Ende Jahr einen weiteren Zinsschritt zu vollziehen. An den Finanzmärkten mehren sich jedoch Zweifel. So stufen Investoren an der Terminbörse CME die Chancen auf eine zusätzliche Straffung für 2017 gegenwärtig nur auf rund 40% ein.

Wallstreet nimmt die Nachrichten aus dem Federal Reserve relativ gelassen auf. Der US-Leitindex S&P 500 schloss am Mittwoch 0,1% fester auf 2468. Am Bondmarkt sank die Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen 4 Basispunkte auf 2,23%. Auch der Dollar und der Goldpreis gaben nach.

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