Populismus hat eine lange Tradition in der amerikanischen Kultur. Auch in der Politik: Andrew Jackson wurde 1828 nach einer sehr populistischen, antielitären Kampagne zum Präsidenten gewählt.
Ein Populist wird niemals Präsident. Nie? Einer schaffte es: Andrew Jackson. Der siebte Herr im Weissen Haus, von 1829 bis 1837, war der erste, der nicht der Gründer-Bourgeoisie entstammte. Schon in der Wahl von 1824 hatte Jackson, Senator des damaligen «Frontier State» Tennessee, eine Mehrheit der Stimmen und Elektoren gewonnen. Doch im Wahlmännergremium taten sich die Lager von John Quincy Adams und Henry Clay zusammen, die beide das finanzkräftige Establishment repräsentierten. Es gelang ihnen, die demokratisch-mittelständische Welle noch einmal aufzuhalten. John Quincy Adams, Sohn des zweiten Präsidenten, wurde der sechste Amtsinhaber.
Jackson bewirtschaftete den beim «Common Man» verbreiteten Ärger über dieses Arrangement und baute seine nächste Kampagne auf dem Ressentiment gegen das Patriziat auf, das eigene Interessen verfolge statt diejenigen des Volkes. Vier Jahre später schlug er John Q. Adams deutlich. Jackson holte den Süden und ungefähr die Staaten des heutigen Mittleren Westens, Adams gewann nur im Nordosten.
Jackson war ein unverblümt redender Mann aus einfachen Kreisen; seine Schuldbildung war bescheiden. Zur Legende wurde er im Zweiten Unabhängigkeitskrieg, als er 1815 bei New Orleans die Briten schlug. John Q. Adams dagegen war ein geschliffener Harvard-Akademiker. Kurz: Ungehobelter Provinzler besiegt Boston Brahmin.
Auch Donald Trumps Wahlkampf ist ein Aufbegehren gegen das Establishment. Trump hat, wie Jackson, sein Geld mit Immobilienspekulation gemacht, und wie Jackson schnödet «The Donald» als reicher Mann über just diese Oberschicht. Der Ignoramus Trump schert sich, wie Jackson, in seinem Tun und Reden um nichts und niemanden, heischt jedoch von allen Anerkennung. Die beiden verbindet die wagemutige Frisur, die Sorglosigkeit im Umgang mit Fakten, der Hang zum Vereinfachen, die Gleichgültigkeit gegenüber allem, was sie für unamerikanisch halten. Der Sklavenhalter Jackson vertrieb Indianer aus den Südstaaten über den Mississippi, Trump blickt in seelenverwandter Absicht auf den Rio Grande.
Und wie einst Thomas Jefferson, der dritte Präsident, Jackson als untauglich für das höchste Staatsamt bezeichnete, spricht heute Hillary Clinton – der schier fleischgewordene Mainstream – Trump jede Befähigung dafür ab.
Jackson-Echos hallen immer wieder nach. So etwa 2008 mit der «Hockey Mom» Sarah Palin als Vizepräsidentschaftskandidatin oder in der Tea Party, wo man Jackson noch heute verehrt. Die Wurzeln des Phänomens reichen tief. Gegen die bestehenden Mächte zu rebellieren, ist ein uramerikanischer Topos. Der Outsider, gar Outlaw, der es denen da oben so richtig zeigt, ist Folklore, eine Heldenpose in Film, Musik, Sport oder Literatur: James Dean, Elvis Presley, Muhammad Ali, Jack Kerouac und viele andere mehr stehen dafür.
Übrigens ist Jacksons Porträt auf dem 20-$-Schein doppelt ironisch: Er schloss die Second Bank of the United States, ein Vorläuferinstitut des Fed, und sein Bildnis auf der Vorderseite wird bald ersetzt durch dasjenige Harriet Tubmans, einer Afroamerikanerin, die Sklaven einst zur Flucht in den Norden verhalf. Jackson rutscht zwar nach hinten – er bleibt aber präsent.
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