Zurück zur Übersicht
16:26 Uhr - 21.08.2015

AFG hat gute Karten

Die Kapitalerhöhung des Bauausrüsters sollte gelingen. Störungen durch opportunistische Akteure sind aber möglich.

Die Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf der Kapitalerhöhung von AFG Arbonia-Forster (AFGN 14.35 -1.71%) sind gut. Die in Zürich, Genf, Frankfurt und London vorgestellte Investmentstory stimmt – in einem schwierigen Marktumfeld verspricht sie hohe Wettbewerbsfähigkeit. Die Kapitalerhöhung selbst ist durch Banken garantiert, und an der Seitenlinie steht – zum Eingreifen bereit – Ankeraktionär Michael Pieper.

«Ich glaube nicht, dass die Aktien noch massiv unter Druck kommen müssen», sagt Marc Possa, Geschäftsführer und Partner der VV Vermögensverwaltung sowie Leiter des (nicht in AFG investierten) SaraSelect-Nebenwertefonds. Der Bauausrüster habe viele Weichen endlich richtig gestellt, und seine Bewertung sei auf Basis der Prognosen nicht zu hoch. Was es nun brauche, sei Geduld und eine saubere Umsetzung.

Gewinnverdichtung in Sicht

AFG wird finanziell und operativ neu aufgestellt: Das Eigenkapital wird erhöht, die Produktionsstruktur umgebaut, die Holding verschlankt. Bis 2018 will die Gruppe dividendenfähig sein. Mehr als 1 Mrd. Fr. Umsatz, ein Ebitda (Betriebsgewinn vor Amortisation und Abschreibungen) von «deutlich über 100 Mio. Fr.» und ein stattlicher freier Cashflow sollen die Basis bilden. Doch schon heute wollen Aktionäre wissen: Was heisst das für die Aktien?

zoomAFG wird 200 Mio. Fr. neues Eigenkapital schaffen; die Konditionen werden vor der ausserordentlichen Generalversammlung vom 11. September festgelegt. Gemessen an der Marktkapitalisierung von 270 Mio. Fr. ist das viel, der Börsenwert wird sich auf wesentlich mehr Aktien verteilen. Zur Kapitalverwässerung kommen weitere Einflüsse: die Frage der Gewinnverwässerung sowie Besonderheiten, die vor einer Kapitalerhöhung nicht unüblich sind.

Die Frage der Gewinnverwässerung entscheidet sich an der Rendite, die das neue Eigenkapital im Vergleich zum alten verspricht. Ist sie niedriger, resultiert eine Gewinnverwässerung je Aktie, ist sie höher, eine Verdichtung. Bei AFG sollte es in Richtung Letzteres gehen. Eine Quantifizierung ist allerdings schwierig.

Zum einen würde die Gesellschaft ohne neue Eigenmittel kaum überleben. Zum andern ist die Kapitalerhöhung mehr als die Summe der durch sie ermöglichten Einzelschritte: Löcherstopfen, Schuldenabbau, Zukauf von Wertbau, Investitionen. Sie ist ein Wegbereiter. «Durch sie hat AFG erst die Chance, sich operativ besser aufzustellen», sagt Adrian Peter, Manager des Nebenwertefonds der Privatbank Von Graffenried. Aus Sicht eines Altaktionärs sei das ein klarer Fortschritt. Wäre er engagiert, würde er deshalb an der Kapitalerhöhung teilnehmen. Ob er Bezugsrechte kaufen wird, entscheidet er, wenn die Konditionen bekannt sind.

Die Aussicht auf eine Gewinnverdichtung mindert den Kursdruck durch die Kapitalverwässerung – verdoppelte sich die Aktienzahl, würde sich der Kurs weniger als halbieren. Im Umfeld einer Kapitalerhöhung wirken noch andere Einflüsse, ausser der Börsenstimmung etwa Positionsbezüge von Akteuren, die Schwächen im Mechanismus nutzen. Ihr Tun kann kurzfristig grössere Preisbewegungen in den Aktien und den Bezugsrechten auslösen, die fundamental unbegründet sind.

Im Fall von AFG kommen der Umfang des Neukapitals und (Teil-)Verkäufe von Aktionären dazu, die nicht mitmachen möchten oder können und sich dem Risiko des Bezugsrechtehandels nicht aussetzen wollen. Das Marktumfeld ist rau, der Umbau des Unternehmens birgt Risiken, und er verlangt Geduld, die mangels Erfolgsgarantie nicht jeder Investor aufzubringen bereit ist: So lauten mögliche Verzichtsgründe. Dazu kommt, dass eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung einen tiefen Griff in die eigene Tasche verlangt. Als das hat den Aktienkurs in den vergangenen Tagen unter Druck gesetzt.

Stützender Ankeraktionär

«Wenn die schwachen Hände im Vorfeld aus dem Markt gehen, ist das ein gesunder Bereinigungsprozess», sagt Fondsleiter Possa. Das Risiko von Abgabedruck im Bezugsrechtehandel verringert sich. Allfälligen Druck wegnehmen könnte auch Michael Pieper. Er hat eine Teilnahme im Umfang seiner Beteiligung (26,7%) garantiert und ist allenfalls auch bereit, bis auf knapp ein Drittel aufzustocken (ein höherer Anteil verpflichtet zu einem Angebot). Unter dieser Voraussetzung könnte er bei einem Bezugsverhältnis von 1:1 fast 40% der Emission aufnehmen.

Für den Bezugsrechtehandel sind das grundsätzlich gute Voraussetzungen. Gegen den Bezugsrechtsabgang zu Beginn des Handels werden Altaktionäre durch die erhaltenen Bezugsrechte geschützt (siehe Textbox unten). Mit Abschluss der Kapitalerhöhung stehen die Aktien auf einer neuen Basis. Spätestens dann rückt das Operative wieder ins Zentrum.

Das Massnahmenpaket und die Prognosen für 2018 lassen hoffen. Eine erste Analyse auf dieser – risikobehafteten – Basis lässt für den Börsenwert von AFG einigen Raum nach oben erkennen. Eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung sollte sich daher fundamental lohnen. Christof Reichmuth, CEO der Privatbank Reichmuth & Co., würde mitmachen. Das Massnahmenpaket imponiere ihm.

Der Umbau von AFG ist gesichert, weil die Kapitalerhöhung durch die involvierten Banken garantiert ist. «Ich erwarte keine Schwierigkeiten in der Platzierung des Gesamtvolumens von 200 Mio. Fr.», sagt Fondsmanager Adrian Peter von der Privatbank Von Graffenried.

Das Bezugsrecht schützt die AltaktionäreIm Rahmen einer Kapitalerhöhung erhalten Aktionäre eines Unternehmens normalerweise Bezugsrechte. Mit ihnen können im Umfang der bisherigen Beteiligung neue Aktien erworben werden. Sie schützen die Anteilseigner auch vor einer Beeinträchtigung ihrer Vermögensposition durch die Kapitalerhöhung.

Bezugsrechte sind in der Regel während einer gewissen Zeit bis zur Emission der neuen Aktien handelbar. Mit Beginn des Handels kommt es in den Aktien zum sogenannten Bezugsrechteabgang: Aktie und Bezugsrecht werden wertmässig voneinander getrennt, der Aktienkurs vermindert sich um den Wert des Bezugsrechts.

Der theoretische Wert eines Bezugsrechts ergibt sich über die Formel (Kurs – Emissionspreis) / (Bezugsverhältnis + 1). In einem Beispiel mit einem Bezugsverhältnis von 3:1 – drei alte Aktien berechtigen zum Bezug einer neuen –, einem Emissionspreis von 10 Fr. und einem Aktienkurs vor der Kapitalerhöhung von 15 Fr. stellt sich ein theoretischer Wert von (15 – 10) / (3 + 1) respektive 1.25 Fr. ein.

Verfügt ein Aktionär über neun Aktien, erhält er neun Bezugsrechte – und benötigt deren drei für den Erwerb einer neuen Aktie. Macht er die Kapitalerhöhung voll mit, besitzt er danach zwölf. Auf die neun alten hat er je eine Einbusse im Umfang des Bezugrechtsabgangs, dafür hat er die drei neuen für je 10 Fr. plus drei Bezugsrechte beziehen können. Theoretisch wird er so für den Kursabschlag aus der Kapitalerhöhung voll kompensiert. Dasselbe gilt, wenn der Aktionär an der Kapitalerhöhung nicht teilnimmt. Auf seine neun alten Titel verzeichnet er dann wiederum eine Einbusse im Umfang des Bezugsrechtswerts. Doch mit dem Erlös aus dem Verkauf der Bezugsrechte macht er den Nachteil wieder wett. Seine Beteiligung wird allerdings verwässert.

Wer nicht an der Kapitalerhöhung mitmachen will, kann auch schon vor Beginn des Bezugsrechtehandels Titel verkaufen. So entgeht er dem Risiko, dass die Bezugsrechte im Handel unter Abgabedruck geraten. Denn ihr theoretischer Wert ist eben nur das: theoretisch. Auch der Bezugsrechtehandel hängt von Stimmungen und Erwartungen ab. Preise werden nicht durch eine Formel festgelegt, sondern über Angebot und Nachfrage. Das birgt für alle Involvierten ein Risiko.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.