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07:09 Uhr - 19.02.2016

Nur wenige Länder tragen die Weltwirtschaft

Die Eurozone ist ein Bremsklotz, China expandiert langsamer, Brasilien und Russland stecken in einer Rezession, alle Rohstoffexporteure leiden.

Die Sorgen um den Gesundheitszustand der Weltwirtschaft schütteln seit Monaten die Finanzmärkte durch. Überraschend kommt die Konjunkturflaute aber nicht. Die Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums ist schon länger im Gang. Seit 2010 hat sich das Expansionstempo von gut 5% fast halbiert.

 

Wegen der Staatsschuldenkrise ist die Eurozone ein Bremsklotz. In den letzten drei Jahren ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Währungsunion im Mittel lediglich 1% pro Jahr gewachsen.

 

Unterdessen ist auch eine Verlangsamung des Wachstums in den Schwellenländern immer offensichtlicher geworden. China wächst statt 10% nun weniger als 7%, Russland und Brasilien befinden sich in einer Rezession. Und jetzt zweifeln immer mehr Investoren auch an der Robustheit der US-Konjunktur.

 

 

Fünfzehn Länder in der Rezession

 

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die Weltwirtschaft letztes Jahr nur 3,1% gewachsen ist. Sieht man von der Rezession 2009 ab, ist es die geringste Wachstumsrate seit 2003. Für das laufende Jahr hat der Währungsfonds die Prognose im Januar von 3,6 auf 3,4% gesenkt. Das wäre zwar eine leichte Beschleunigung, aber im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt immer noch ein bescheidenes Expansionstempo.

 

Ein nuanciertes Bild des Zustands der Weltwirtschaft geben die BIP-Zahlen des IWF zu den Ländern. 2015 ist die Wirtschaft in mehr als einem Dutzend Staaten geschrumpft (vgl. rot gefärbte Länder auf der Karte). Ausser den ökonomischen Schwergewichten Brasilien und Russland sind die Mehrheit kleinere Volkswirtschaften wie Griechenland, die Ukraine, Venezuela oder Weissrussland.

 

 

Nachteil Bodenschätze

Ein Muster ist weltweit sichtbar: Die seit Mitte 2014 fallenden Rohwarenpreise würgten in rohstoffreichen Staaten das Wirtschaftswachstum ab. In bereits angeschlagenen Ländern wie Venezuela löste der fallende Ölpreis eine regelrechte Wirtschaftskrise aus.

 

Garant für eine schrumpfende Wirtschaft war 2015 die Kombination aus Erdölabhängigkeit und kriegerischen Auseinandersetzungen. Beispiele dafür sind Libyen, der Südsudan, der Jemen und im weiteren Sinn auch Russland, wo die Sanktionen ans Eingemachte gehen.

 

In Brasilien hingegen sind rückläufige Rohstoffpreise nicht der Hauptgrund der Rezession, sie haben das Fass höchstens zum Überlaufen gebracht. Brasiliens Probleme wurzeln tiefer. Weil der internationale Handel schwächer geworden ist, rächt sich, dass die Wettbewerbsfähigkeit über Jahre abgenommen hat. Die aktuelle Wirtschaftskrise geht mit einer politischen Krise einher. «Die Regierung hat zu wenig Rückhalt, um dringende Massnahmen etwa in der Fiskalpolitik voranzubringen, und die Opposition ist zu schwach, um die Regierung aus dem Amt zu fegen», erklärt Marcelo Assalin, Schwellenländerexperte bei NN Investment Partners (früher ING). Die Wirtschaft sei dadurch wie gelähmt, es werde kaum mehr investiert. Assalin wäre nicht überrascht, wenn Brasiliens Wirtschaft 2016 noch einmal 3 bis 4% schrumpfen würde.

 

In anderen Ländern ist der Krieg schuld am wirtschaftlichen Elend. Typische Beispiele sind die Ukraine oder auch Syrien. Weniger bekannt ist die katastrophale Lage Burundis, wo seit den umstrittenen Wahlen im Sommer ebenfalls bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen.

 

Auch Ebola hatte verheerende wirtschaftliche Auswirkungen. In Sierra Leone etwa stand die Wirtschaft 2015 wegen der Epidemie praktisch still.

 

 

China, Indien und Vietnam

 

Ein alleiniger Fokus auf Länder in Schwierigkeiten wäre jedoch nicht angebracht. Es gibt trotz aller Krisensymptome nicht wenige Schwellen- und Entwicklungsländer, die 2015 mit stattlichen Wachstumsraten die Weltwirtschaft vorwärtsbrachten – und sie sind auch dieses Jahr in einer komfortablen Ausgangslage.

 

China ist mit 6,9% immer noch eine Wachstumslokomotive. Ebenfalls positiv aufgefallen sind 2015 Indien (7,3%), die Philippinen (6%) und Vietnam (7,5%).

 

Unter den Frontier-Märkten überzeugten Bangladesch, Laos, Kambodscha und Kenia mit Wachstumsraten über 6%. Einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung erlebten zudem die afrikanischen Staaten Äthiopien, Ruanda, Mosambik und die Elfenbeinküste.

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