Die französisch-niederländische Flugallianz Air France-KLM ist in einer tiefen Krise. CEO Jean-Marc Janaillac will Mitte Mai zurücktreten.
Die Air-France-KLM-Aktien sind im Sturzflug. Sie verloren an der Amsterdamer Börse am Montag 13,17% und stürzten auf 7.03 € je Valor. In den Niederlanden wird der Ruf laut, KLM aus der Fusion mit Air France (AF 7.58 -8.12%) zu lösen und wieder zu verselbständigen oder sie unter den Fittichen der deutschen Lufthansa (LHA 25.32 0.68%) weiterfliegen zu lassen.
Ausgelöst wurde die Krise der Flugallianz Air France-KLM durch die anhaltenden Streiks bei Air France und den am Freitagabend angekündigten, überraschenden Rücktritt von Jean-Marc Janaillac, Chef der Air-France-KLM-Holding. Er will schon am 15. Mai sein Amt niederlegen. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Zudem erklärte der französische Finanzminister Bruno Le Maire, der französische Staat werde Air France im Falle einer Insolvenz nicht mit Steuergeldern retten. Das alles wird in den Niederlanden mit grosser Sorge verfolgt.
«Niederländische Regierung ist gefordert»
«Nun ist die niederländische Regierung gefordert. Sie muss eingreifen und KLM retten, bevor sie von Air France mit in den Abgrund gerissen wird», sagt der niederländische Luftfahrtexperte Arnold Burlage im Gespräch mit FuW. Der niederländische Staat hält an KLM noch 5,9% der Aktien. Burlage kritisiert, dass Jean-Marc Janaillac «seinen Rücktritt mit KLM nicht abgesprochen hat und die niederländische Fluglinie im Stich lässt. Air France-KLM ist jetzt führungslos.»
Auch seitens des KLM-Betriebsrats wird ein rasches Eingreifen der Haager Regierung gefordert, um KLM zu retten. «Wir müssen als Niederlande einen Strich ziehen und sagen: bis hierher und nicht weiter. Regieren heisst, dass man auch in die Zukunft blickt», fordert der KLM-Betriebsratsvorsitzende Jan Willem van Dijk in einem Appell an den niederländischem Ministerpräsidenten Mark Rutte.
Aus dem Haager Finanzministerium verlautet dazu: «Wir beobachten die Dinge, die in Paris passieren, sehr genau und werden reagieren, wenn wir darum gebeten werden.» KLM-Chef Peter Elbers hat sich zur schweren Führungskrise bei der französisch-niederländischen Flugkombination noch nicht geäussert.
Älteste Fluggesellschaft der Welt
Die 1919 gegründete KLM ist die älteste noch bestehende Fluggesellschaft der Welt. Sie beschäftigt rund 30’000 Mitarbeiter, hat eine Flotte von derzeit 119 Flugzeugen und hat 20 weitere bestellt. Die Holländer erwirtschaften in der Kombination mit Air France seit Jahren den Löwenanteil des Gewinns.
Der ökonomische Wert des weltweiten KLM-Flugnetzes und der gesamten KLM-Fluginfrastruktur wird für die niederländische Volkswirtschaft auf 25 Mrd. € beziffert. Der Amsterdamer Flughafen Schiphol Airport ist mit einem jährlichen Passagieraufkommen von rund 55 Mio. Reisenden der viertgrösste Airport Europas. Zur KLM-Gruppe gehören auch die Charterflugtöchter Transavia, KLM-Cityhopper und Martinair. Im Jahr 2004 fusionierten die fliegenden Holländer mit Air France, die KLM damals zu einem Preis von rund 750 Mio. € erwerben konnte.
Herauslösen oder neue Partnerschaft?
Zwei Szenarios werden derzeit in den Niederlanden diskutiert. Das erste: die Herauslösung der KLM aus dem Verbund mit Air France und die Verselbständigung mit neuen Aktionären. Diese Aktionäre könnten der US-Flugpartner der KLM, Delta Air Lines, der niederländische Staat sowie China Southern Airlines sein.
Das zweite Szenario: «KLM schlüpft unter die Fittiche der Lufthansa. Die Lufthansa verkauft Austrian Airlines und fliegt zusammen mit KLM und Swiss weiter. Das wäre für uns die Ideallösung», meint Luftfahrtexperte Arnold Burlage. «Die Frage ist nur, ob die europäischen Wettbewerbshüter das zulassen. Aber sollte KLM unter die Fittiche der Lufthansa kommen, dann würden wir in den Niederlanden vor Freude wohl die Flaggen aus den Fenstern hängen.»
Peter Hartman, der frühere KLM-Chef (2007 bis 2013), gab in einem Interview schon während seiner Amtszeit zu, dass die Lufthansa sein «Wunschpartner» ist. Eine Fusion der niederländischen Schwan-Airline mit der deutschen Kranich-Fluglinie scheiterte aber am Widerstand der Kartellbehörden.
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