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10:45 Uhr - 10.04.2018

Mokgweetsi Masisi: Ein Diamant

Der neue Präsident von Botswana führt ein afrikanisches Vorzeigeland.

Keine Schlagzeilen – gute Schlagzeilen. Wer hat in Europa schon Notiz davon genommen, dass zu Monatsbeginn Mokgweetsi Masisi zum Präsidenten Botswanas vereidigt worden ist? Während nebenan, im kaputten Simbabwe, Langzeitdespot Mugabe gestürzt und im grossen Nachbarland Südafrika der Versager-Präsident Zuma aus dem Amt gedrängt wurde, lief der Amtswechsel von Ian Khama zu Masisi verfassungskonform und geräuschlos ab.

Der stille Staat in der Kalahari ist vierzehnmal so gross wie die Schweiz, zählt jedoch nur 2,3 Mio. Menschen, denen es – wenigstens im Vergleich zum übrigen Subsahara-Afrika – ganz ordentlich geht. Die jährliche Wirtschaftsleistung pro Kopf ist höher als diejenige Thailands, auf dem Korruptionsindex von Transparency International rangiert Botswana gleichauf mit Slowenien.

Masisi, 56, bis Ende März Vizepräsident und Erziehungsminister, hat dennoch genug Aufgaben. Vor dem Parlament nannte er die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die trotz allem verbreitete Armut, ausgeprägte Ungleichheit, Kriminalität, Aids, Alkohol- und Drogensucht als seine Hauptsorgen.

Also doch ein afrikanisches Land gemäss westlichen Klischees? Eben nicht. Der Ölstaat Gabun zum Beispiel weist eine höhere Wirtschaftsleistung pro Kopf aus, doch das Volk hat so gut wie nichts davon, weil die herrschende Clique absahnt. Im Boden von Sierra Leone liegen, wie in Botswana, Diamanten, doch während sie in Westafrika Konflikte anheizten, finanziert die Regierung in Gaborone daraus den Aufbau der Infrastruktur; freilich wird Masisi die Abhängigkeit vom Diamantenabbau verringern müssen.

Für Modernisierungstheoretiker ist Botswana ein Faszinosum. Seit der Unabhängigkeit 1966 fanden stets im vorgesehenen Turnus freie, friedliche Wahlen statt; geputscht wurde nie. Masisi ist erst der fünfte Präsident, wenn auch von der immer gleichen Partei.

Die Stabilität verdankt sich vor allem dem Überleben vorkolonialer Institutionen. Die Führung der Tswana-Völker war im 19. Jahrhundert bereits überdurchschnittlich zentralisiert; zugleich war die Macht der Häuptlinge in der Ratsversammlung, der «Kgotla», eingeschränkt durch die Mitbestimmung der erwachsenen Männer. Solche Traditionen gab es anderswo auch, doch in Botswana wurden sie nicht gebrochen.

Dafür hatten drei kluge Chiefs gesorgt. 1895 reisten sie nach London, alarmiert über den Expansionsdrang von Cecil Rhodes’ Kolonialgesellschaft, und dienten sich, als geringeres Übel, der britischen Regierung an. Diese herrschte fortan – aus Südafrika – lose über das für sie marginale «Bechuanaland». Die Tswana konnten sich ihre kulturelle Kontinuität bewahren.

Als in den Siebzigerjahren in der jungen Republik Diamanten gefunden wurden, sorgte die Regierung – noch vor der Bekanntgabe dieser Sensation – per Gesetz dafür, dass dem Staat daraus fortan Steuern zufliessen. Diese wurden dann auch investiert statt geklaut oder verprasst. Botswana war mit zwölf Kilometern geteerter Strasse und mit 22 Hochschulabsolventen frei geworden – das hat sich erheblich geändert. Die Diamantenvorräte reichen jedoch nicht für ewig. In Masisis Amtszeit werden Botswanas bemerkenswert stabile und wirksame Institutionen wohl einen Härtetest zu bestehen haben.

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