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07:00 Uhr - 29.09.2014

Schweizer Immobilienmarkt bleibt heiss

Die Massnahmen gegen die Übertreibungen am Schweizer Immobilienmarkt scheinen zu greifen. Dennoch zeichnet sich keine Abkühlung ab.

Massnahmen gegen den BoomDer Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind seit der Einführung des Euro-Mindestkurses zinspolitisch die Hände gebunden, um den Häusermarkt vor dem Überkochen zu bewahren. Sie greift daher zu anderen Mitteln. Lesen Sie hier den Bericht von FuW-Ressortleiter Tommaso Manzin.Vor rund zwei Jahren sind die ersten Massnahmen gegen die Überhitzungstendenzen am Schweizer Immobilienmarkt in Kraft getreten. Nun gibt es Anzeichen, dass sich die Lage tatsächlich leicht entspannt hat. So lässt sich eine Verlangsamung beim Preiswachstum und bei der Vergabe von Hypothekarkrediten feststellen.

Allerdings haben sich lediglich die Wachstumsraten abgeschwächt, von einer eigentlichen Abkühlung am Immobilienmarkt kann keine Rede sein. Nach Einschätzung der Schweizerischen Nationalbank (SNB (SNBN 1095 -0.27%)) befindet er sich nach wie vor in einem Ungleichgewicht. Für eine Entwarnung ist es daher zu früh.

Gezähmtes Preiswachstum

Das Preiswachstum im Markt für Wohnimmobilien hat im laufenden Jahr etwas an Schwung verloren. Insbesondere zeigt sich die Abschwächung bei den Einfamilienhäusern: Im Vergleich zum Vorjahr haben sie sich per Ende April 2014 im landesweiten Mittel noch 1,5% verteuert, während im vergangenen Jahr Wachstumsraten bis zu 5,5% gemessen wurden  (vgl. Grafik, obere Hälfte). Das Wachstum liegt damit unter dem Niveau der vergangenen vierzehn Jahre: Seit 2000 betrug die durchschnittliche jährliche Preissteigerung 3,4%, berechnet die Credit Suisse (CSGN 26.29 1.19%). Die Verlangsamung scheint jedoch nicht nachhaltig zu sein, denn der Preisindex weist nach einem Knick im ersten Quartal bereits wieder nach oben. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei den Eigentumswohnungen. Die SNB schreibt in ihrem aktuellen Quartalsheft: «Erwartungen auf eine weitere Abkühlung am Immobilienmarkt wurden durch die Preisdaten aus dem zweiten Quartal nicht bestätigt.»

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Die von SNB und der Finanzmarktaufsicht Finma verhängten Massnahmen scheinen also bestenfalls einen leicht dämpfenden Einfluss auf die Entwicklung des Preisniveaus zu haben. Doch Matthias Holzhey, Immobilienspezialist der UBS (UBSN 16.7 0.66%), gibt zu bedenken, dass in einem Marktumfeld, in dem die Hypothekarzinsen erneut auf Tiefstständen liegen, ein höheres Preiswachstum zu erwarten wäre. «Es ist nicht selbstverständlich, dass die Preise im gegenwärtigen Makroumfeld nur noch schwach wachsen. Die regulatorischen Massnahmen hindern den Markt daran, wieder stärker durchzustarten», erklärt er.

Eine Verlangsamung zeigt sich auch bei der zweiten Messgrösse der SNB, der Vergabe von Hypothekarkrediten. Nachdem die Forderungen der Banken gegenüber Privathaushalten in den vergangenen Jahren meist Wachstumsraten von über 5% aufwiesen, sind sie im zweiten Quartal erstmals seit 2011 unter 4% gesunken (vgl. Grafik, untere Hälfte). Die SNB führt diese Entwicklung auf die Regulierungsmassnahmen zurück; sie hätten den Risikoappetit der Banken gezügelt.

Diese Einschätzung teilt auch Holzhey. Für Hauskäufer sei es heute schwieriger als noch vor einem Jahr, eine Hypothek abzuschliessen: «Bei der Hypothekarvergabe wird das Einkommen strenger überprüft. Zudem ist es schwieriger, das Eigenkapital aufzubringen, weil der Bezug aus der Pensionskasse eingeschränkt wurde.»

SNB bleibt wachsam

Die Abschwächungstendenzen überzeugen die Nationalbank jedoch nicht. Es könne kein Rückgang der über die letzten Jahre aufgebauten Ungleichgewichte am Hypothekar- und Immobilienmarkt festgestellt werden, hält sie im Quartalsheft fest. Sorge bereitet ihr die Entkoppelung des Immobilienmarktes von den Fundamentalwerten. So lassen sich weder das Preis- noch das Hypothekarwachstum mit der Entwicklung des Wirtschaftswachstums erklären.

Das Bruttoinlandprodukt (BIP) legte im zweiten Quartal verglichen mit dem Vorjahreszeitraum 0,6% zu, die Hypothekarforderungen wuchsen im selben Zeitraum sechsmal schneller (3,5%). Gemessen am nominellen Bruttoinlandprodukt von 2013 belaufen sich die derzeit ausstehenden Hypothekarforderungen auf über 146%, die Tendenz ist steigend.

Zur aktuellen Situation am Immobilienmarkt nimmt die SNB auf Anfrage keine Stellung. Sie hat in der Vergangenheit aber wiederholt darauf hingewiesen, die Lage aufmerksam zu beobachten und zu prüfen, ob sie etwa den antizyklischen Kapitalpuffer anheben will. Der UBS-Immobilienspezialist Matthias Holzhey sieht dafür keine Veranlassung. «Wir würden weitere regulatorische Massnahmen zum jetzigen Zeitpunkt nicht begrüssen. Zunächst müssen wir die Auswirkungen der bereits ergriffenen Instrumente abwarten», erklärt er.

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