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13:20 Uhr - 25.08.2014

Roche greift für InterMune tief in die Tasche

Der Pharmakonzern kauft das kleine US-Biotech-Unternehmen und bezahlt dafür stolze 8,3 Mrd. $. Mit der Akquisition soll das Portfolio ausserhalb der Onkologie gestärkt werden.

Die Verantwortlichen von Roche (ROG 266.6 0.26%) und der kleinen, aber an der Börse hoch bewerteten InterMune (Umsatz rund 150 Mio. $, Börsenwert rund 6 Mrd. $ per 22. August) kennen sich von früher. Die beiden Unternehmen haben bereits 2006 bei der Entwicklung eines Hepatitis-C-Wirkstoffs zusammengearbeitet. Nun will Roche die ansonsten vor allem wegen des Lungenarzneimittels Pirfenidone bekannte US-Biotech-Gesellschaft zu 74 $ je Aktie übernehmen. Das entspricht einem Gesamtkaufpreis von 8,3 Mrd. $ und einem Aufpreis von 63% gegenüber dem unbeeinflussten Schlusskurs vom 12. August.  Chugai-Aktien mit starkem RückgangDurch die Übernahme von InterMune haben die Gerüchte um einen Zukauf der restlichen Chugai-Anteile von Roche deutlich an Gewicht verloren. Der Aktienkurs der japanischen Gesellschaft ist in der Nacht auf Montag rund 9% eingebrochen. Bereits zuvor dementierte Chugai Stimmen, sie sei dabei, Pläne zu prüfen, eine sich vollständig im Roche-Besitz befindende Tochter zu werden. Der Schweizer Pharmakonzern hält bis dato rund 62% an den Japanern.Der Verwaltungsrat von InterMune empfiehlt seinen Aktionären das Angebot zur Annahme. Roche will die dafür benötigten finanziellen Mittel durch Bargeld und die Herausgabe von Obligationen finanzieren.

Der Onkologiespezialist reiht sich mit dem Kauf von InterMune in die diesjährige Liste von Grossakquisiteuren in der Pharmabranche ein, geht aber dennoch anders vor als die Konkurrenz. Während beispielsweise Novartis (NOVN 81.35 0%) und Pfizer (PFE 28.92 0.35%) auf mehr Wachstum angewiesen und deshalb auf Einkaufstour sind, kann Roche aus einem längerfristigen Blickwinkel agieren. Der Zukauf von InterMune wirkt im Gegensatz zu anderen Übernahmen nicht bereits im ersten Jahr nach Abschluss der Transaktion gewinnsteigernd, sondern trägt erst 2016 zum Gewinn bei.

Spitzenumsatz zwischen 1,2 und 1,4 Mrd. $

Pirfenidone hilft gegen die seltene tödliche Lungenkrankheit idiopathische Lungenfibrose. Damit bleiben die Basler ihrer Linie treu, vor allem in Märkten präsent zu sein, wo es nur wenige Anbieter gibt, dort dafür aber Medikamente mit einem hohen Innovationsgrad anzubieten. Die Analysten der Zürcher Kantonalbank schätzen das Spitzenumsatzpotenzial von Pirfenidone auf 1,2 bis 1,4 Mrd. $ jährlich. Das Arzneimittel ist bisher in der EU und in Kanada auf dem Markt. In Amerika läuft derzeit noch ein Zulassungsverfahren, nachdem sich die US-Zulassungsbehörde FDA bisher skeptisch gezeigt hat. Das erste Gesuch wurde zurückwiesen, weitere Studiendaten mussten eingereicht werden. Mittlerweile hat die FDA Pirfenidone aber sogar Breakthrough-Status zugesprochen. Das Prädikat erhalten nur Medikamente, die einen hohen potenziellen medizinischen Zusatznutzen bieten.

Fokus auf Lungenkrankheiten

InterMune darf Pirfenidone seit 2011 in der EU und seit 2012 in Kanada verkaufen. Wie es scheint, ist es im Alleingang aber nicht möglich, das volle Marktpotenzial des Arzneimittels auszuschöpfen. Dank der Integration in Roche könnte die umfassende Vertriebsorganisation eines Grosskonzerns genutzt werden. Roche führt denn auch Synergien als Kaufgrund an. Für die Basler dürfte aber noch ein weiterer Grund Anlass zum Kauf gegeben haben. Sie können mit der Akquisition von InterMune das Produktportfolio ausserhalb der Onkologie stärken. Wie es scheint, setzen sie dabei immer stärker auch auf Lungenkrankheiten. In diesem Bereich hat der Pharmakonzern bereits das Asthmamedikament Xolair sowie Pulmozyme zur Behandlung von zystischer Fibrose auf dem Markt. In der späten Phase der klinischen Entwicklung befindet sich zudem das ebenfalls gegen Asthma wirkende Lebrikizumab.

Für Anleger, die in die Genussscheine von Roche investiert sind, ergibt sich keine unmittelbare Handlungsnotwendigkeit. Längerfristig muss der Pharmakonzern aber beweisen, dass der hohe Preis, den er für InterMune bezahlt hat, gerechtfertigt war.

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