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15:45 Uhr - 27.10.2017

LafargeHolcim wird neu justiert

Der neue CEO Jan Jenisch stellt die Ziele auf eine realistischere Basis. Das schafft Potenzial für positive Überraschungen.

Seit zwei Monaten ist Jan Jenisch CEO von LafargeHolcim (LHN 56.9 -0.78%). In dieser Zeit war er viel unterwegs und hat erste Eindrücke in die komplexe, über alle Weltregionen verstreute Organisation des Baustoffkonzerns gewonnen.

Für die Ausarbeitung einer frischen Strategie war die Zeitspanne zu kurz. Sie genügte aber, um die Jahresprognose und die Mittelfristziele seines Vorgängers Eric Olsen über Bord zu werfen.

Schon als erfolgreicher Unternehmensleiter von Sika (SIK 7365 -0.27%) hatte es der in Deutschland geborene Manager vorgezogen, zurückhaltende Prognosen regelmässig zu übertreffen.

Auch Mittelfristziele auf dem Prüfstand

Leichen im Keller habe er keine ge­funden, betonte Jenisch an seiner ersten Telefonkonferenz. Auch sei es nicht darum gegangen, «Kitchen Sinking» zu betreiben und die Lage schlimmstmöglich darzustellen. Die noch im Juli bestätigte Jahresprognose sei aber «auf der optimistischen Seite» gewesen.

Nach einem im Vergleich zu den Vorquartalen deutlich weniger dynamischen dritten Jahresviertel rechnet er nun nicht mehr mit einem prozentual zweistelligen Wachstum des um Sonderfaktoren bereinigten Betriebsgewinns. Der Ebitda 2017 soll nur noch 5 bis 7% steigen. Er erwartet auch einen höheren Gewinn je Aktie, aber nicht mehr ein Plus von 20%.

Auch das Verhältnis Nettoschulden zu Ebitda wird mit 2,5 schlechter als vorausgesagt ausfallen; sowohl der Betriebsgewinn wie der Abbau der hohen Schuldenlast verzeichnen weniger Fortschritte als kalkuliert.

Ebenso werden die am Investorentag 2016 präsentierten Dreijahresziele zumindest in Teilen zu revidieren sein. Da der neue CEO für 2018 ein Ebitda-Wachstum von mindestens 5% erwartet, sind die angepeilten 7 Mrd. Fr. Betriebsgewinn 2018 kaum zu schaffen. Realistischer ist eine Grössenordnung von 6,5 Mrd. Fr. Ebenso dürfte sich das Ziel, den Verschuldungsgrad (Nettoschulden/Ebitda) auf 2 zu senken, als voreilig erweisen.

Synergien verebben

Zudem ist es unwahrscheinlich, dass es LafargeHolcim im kommenden Jahr ge­lingen wird, die gewünschte Steigerung der Kapitalrendite (ROIC) von 5,5 auf 8,5% im Vergleich zu 2015 zu erreichen – und damit zum ersten Mal seit 2007 die Ka­pitalkosten zu verdienen.

Die Einsparungen aus der Fusion haben im dritten Quartal markant abgenommen. Mit 97 Mio. Fr. erreichten sie gerade mal noch ein Zehntel der Summe während der ersten sechs Monate. Die niedrig hängenden Früchte sind zum grossen Teil geerntet. Jenisch wird die nächste Stufe zünden müssen.

Konkrete Pläne zur Strategie wird der CEO im März an der Bilanzpräsentation zeigen. Einstweilen stehen eine Vereinfachung der Organisation und Kostenmanagement im Vordergrund.

Den Fusionsprozess als solchen betrachtet Jenisch als abgeschlossen. Nach der Verschmelzung im Juli 2015 hat sich LafargeHolcim von Unternehmensteilen im Wert von mehr als 10 Mrd. Fr. getrennt. Das Unternehmen wird den Fokus vermehrt auf Wachstum legen. Für den CEO ist klar: «Übernahmen sind immer auf der Agenda.

Anleger warten ab

Wie bei Sika wird Jenisch aber darauf achten, dass das organische Wachstum gefördert wird. Seiner Ansicht nach bietet der Markt attraktive Wachstumsmöglichkeiten, da die Bevölkerung in den Grossstädten vor allem in Schwellenländern und somit der Bedarf an grossen Infrastrukturprojekten unaufhörlich zunehmen.

Die Aktien von LafargeHolcim reagierten mit geringen Kursveränderungen auf den ersten Auftritt des CEO. Die Finanzanalysten hatten schon zuvor angenommen, dass der Konzern die Mittelfristziele verpasst.

Anderseits wird erst im März Klarheit herrschen, was Jenisch und die dann im Amt stehende neue Finanzchefin Géraldine Picaud im Detail vorhaben. Eine längere Seitwärtsbewegung der Valoren würde deshalb nicht erstaunen.

Wegen niedrigerer Gewinnannahmen ist die Bewertung nicht mehr so günstig wie zuvor. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 bietet keinen unmittelbaren Anlass zu einem Engagement.

Die komplette Historie zu LafargeHolcim finden Sie hier. »

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