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16:56 Uhr - 15.02.2016

«Die Maxime heisst in jedem Fall Diversifikation»

In der Schweiz sind mehr als 7000 Anlagefonds registriert. Allein schon die hohe Zahl überfordert Investoren bei der Auswahl. Worauf achtet der Experte, welche Zukunft haben Fonds, was verändert sich für die Kunden?

Herr Maurer, was ist für Sie als unabhängigen, auf die Fondsanlage spezialisierten Vermögensberater der erste Schritt bei der Auswahl eines Anlagefonds?
Am Anfang steht immer die Frage des Ziels der Investition. Da wir Fonds typischerweise im Rahmen eines Portfolios bestehend aus mehreren Anlagen einsetzen, ist das Zusammenspiel der Anlagen entscheidend. Es ist wie bei einem Puzzle: nicht das schönste, sondern das passende Teil suchen.

Was zeichnet den guten Fonds aus?
Die Konstanz in seiner Leistung, die sich anhand seiner Zielsetzungen, aber auch in einem möglichst homogenen Konkurrenzvergleich beurteilen lässt.

Zur PersonRolf Maurer ist Partner des unabhängigen Vermögensverwalters Bevag Better Value AG, der auf die Fondsanlage und -analyse spezialisiert ist und die jährliche Finanzmesse in Zürich organisiert. Seine Berufslaufbahn startete Maurer als Portfoliomanager der UBS. Er studierte Volkswirtschaft an der Universität in Bern und trägt den Titel eines Chartered Financial Analyst (CFA). Welche Kriterien werden dabei leicht übersehen, sind für die Wahl aber wichtig?
Die Anlagepolitik und der Stil des Fonds werden oft zu wenig beachtet. Und dann wird häufig übersehen, dass ein gutes oder auch ein schlechtes Resultat weniger mit der Leistung des Managers zu tun hat als mit den Marktbedingungen in der Beobachtungsperiode. Sie können den verfolgten Stil begünstigen oder benachteiligen.

Welcher Zeitraum liefert das beste Bild, ob ein Manager gut oder schlecht arbeitet?
Grundsätzlich gilt: je länger der Zeitraum, desto aussagekräftiger. Idealerweise umfasst er verschiedene Marktphasen. Wichtig ist, dass immer derselbe Manager in der Verantwortung stand und der Anlageprozess unverändert blieb.

Viel diskutiert werden die Vertriebsentschädigungen, die nach Gesetz dem Kunden gehören. Wie kommt der Anleger zu seinem Recht, zumal wenn es für seine Ziele keinen retrofreien Fonds gibt?
Er sollte in einem solchen Fall vor der Auftragserteilung das Gespräch mit seiner Bank suchen. Immer häufiger bieten Banken verschiedene Dienstleistungspakete an, die auch Einfluss auf die zur Auswahl stehenden Produkte haben. Andererseits wächst das Angebot an retrofreien Fonds kontinuierlich, so findet man bei entsprechender Suche oft eine adäquate retrofreie Alternative.

Was ist am Vorwurf dran, in aktiv geführten und nicht zuletzt in Dachfonds versteckten sich Kosten, die durch die Performance nur schwer aufzuwiegen seien?
Es ist eine Tatsache, dass die durchschnittliche Performance aktiver Fonds mittel- und längerfristig die Benchmark verfehlt und dafür die Kosten hauptverantwortlich sind. Deshalb sind Kosten immer ein Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Mit Durchschnittswerten zu argumentieren, ist jedoch verfänglich. Erstens sagen sie nichts über die Anzahl von Fonds aus, die die Benchmark übertreffen. Zweitens liegt man mit passiven Fonds nach Kosten ebenfalls hinter der Benchmark. Gelingt es, bei den aktiven Fonds die Spreu vom Weizen (Weizen 104.75 0%) zu trennen, ist das Potenzial zur  Outperformance gross. Wer weder Zeit noch das nötige Know-how hat, fährt mit kostengünstigen, passiven Fonds oft besser.

Welche Zukunft haben aktive Fonds?
Aktive Fonds wird es immer geben, und selbst wenn sie gegenüber passiven Marktanteile einbüssen, werden sie die dominierende Kategorie bleiben. Sie müssen jedoch einen erkennbaren Mehrwert bieten. Mit zunehmender Passivierung ganzer Marktsegmente könnte dieses Ziel für aktive Manager wieder einfacher zu erreichen sein. Zudem dürften wir in Bezug auf die Kosten bei passiven Produkten langsam, aber sicher den Boden erreicht haben.

Grundsatzfrage: Weshalb Fonds, was macht den Unterschied zu Direktinvestments aus?
Das wichtigste Argument ist Diversifikation. Nur damit lassen sich unternehmensspezifische Risiken eliminieren, wofür der Anleger keine adäquate Entschädigung erhält. Auch kauft sich der Investor ein Stück der Kompetenz von Anlagespezialisten und kann auf eine funktionierende Regulierung zählen – alles Faktoren, die vor bösen Überraschungen schützen, die bei Direktinvestments kaum ausgeschlossen werden können.

Wo investieren Sie, wo sehen Sie Chancen?
Obwohl ich mich als Optimisten bezeichnen würde, fällt es mir leichter, potenzielle Risiken aufzuzählen. Obligationen und auch das Gros der Aktien sind nicht mehr günstig. So sind die Chancen wohl dort am höchsten, wofür sich zurzeit niemand zu interessieren scheint. Dazu zähle ich Rohstoffunternehmen und einzelne Schwellenländer. Weil sich damit jedoch kein vernünftig diversifiziertes Portfolio bilden lässt, rücken relative Überlegungen in den Vordergrund.

Nämlich?
Aktien sind weniger überbewertet als Obligationen. Eine Dividendenrendite von 2 bis 3% ist für einen Investor mit mittlerer Risikotoleranz und längerem Anlagehorizont wesentlich attraktiver als eine Verfallrendite von 0% für Obligationen. Auch etwas Cash halte ich durchaus für vernünftig, und wenn Obligationen unverzichtbar sind, dann zumindest unter Beimischung von speziellen Segmenten wie Cat Bonds, inflationsgeschützten Anleihen und Emerging Market Bonds. Die Krux bei solchen Anlagen liegt jedoch in der mangelnden Liquidität. So gilt auch da wie immer die Maxime der Diversifikation.

Wie sieht das Fondsgeschäft in fünf oder zehn Jahren aus?
Wir werden eine vermehrte Aufspaltung der Wertschöpfungskette sehen. Was vertrieben wird, muss nicht zwingend selbst produziert werden. Die Spezialisierung vom Asset-Manager über den Administrator bis zum Vertrieb wird der Effizienz und der Qualität zuträglich sein. Auf der Anlegerseite wird die Bedeutung institutioneller Investoren steigen, und damit wird sich auch das Angebot verändern. Viele interessante Produkte werden nicht mehr frei von jedem Anleger erworben werden können, beschleunigt noch durch die Regulierung, die den Anleger zusehends entmündigt. Wenn ein Vermögensverwalter für einen Kunden die Aktie einer exotischen Firma aus Lateinamerika kauft, schreit kein Hahn danach. Wenn jedoch derselbe Verwalter einen breit diversifizierten, durch die Aufsicht regulierten Fonds kauft, muss er sich mit zusätzlichen Vorschriften und externen Prüfern herumschlagen. Das ist doch absurd und wird vom Gesetzgeber hoffentlich noch etwas korrigiert.

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