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00:33 Uhr - 29.01.2015

Fed erschüttert die Märkte

Die amerikanische Notenbank schätzt die Konjunkturlage überraschend zuversichtlich ein. An der nächsten Zinssitzung im März steht damit der grosse Showdown bevor.

Während andere Zentralbanken rund um den Globus die Geldpolitik lockern, beraten die Währungshüter in den USA seit Monaten, wann sie die Zinsen erstmals seit der Finanzkrise anheben sollen. Die fundamentale Ausgangslage an den Finanzmärkten wird sich dadurch grundlegend verändern. Entsprechend nervös reagierte Wallstreet deshalb auf die neusten Nachrichten aus dem Federal Reserve.

«Die wirtschaftliche Aktivität hat in solidem Tempo zugenommen», kommunizierte die US-Notenbank nach ihrer zweitägigen Sitzung am frühen Mittwochnachmittag. «Die Bedingungen am Arbeitsmarkt haben sich weiter verbessert, mit starkem Jobwachstum und einer tieferen Arbeitslosenrate», hiess es weiter. Das Fed ist damit deutlich zuversichtlicher als nach dem letzten Treffen von Mitte Dezember, als es von einem «moderatem» Wirtschaftswachstum und «soliden» Gewinnen im Jobsektor gesprochen hatte.

Beben am Bondmarkt

An den Bondmärkten sorgte das für ein mittelschweres Beben. Die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen sackte nach der Publikation des Fed-Kommuniqués ab und notierte zu Handelsschluss 11 Basispunkte tiefer auf 1,72%. Dressigjährige Treasury Notes rentierten zu 2,294%, was einem Rekordtief in der Nachkriegszeit entspricht. Am Aktienmarkt drehte der S&P 500 nach dem Fed-Entscheid ins Minus und ging 1,4% tiefer zu 2002,16 aus dem Handel. Das, nachdem die US-Börsen bereits am Dienstag deutliche Verluste erlitten hatten. Der Preis für ein Fass der Ölsorte WTI gab 4% auf 44.38 $ nach.

Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend sehen Investoren nun der nächsten Fed-Sitzung von Mitte März entgegen. Der engere Führungszirkel der US-Notenbank hat bislang signalisiert, dass er zu einer Zinserhöhung gegen Mitte Jahr tendiert. Nachdem Daten zur amerikanischen Wirtschaft zuletzt enttäuschten, hat sich an den Finanzmärkten aber mehr und mehr die Ansicht durchgesetzt, dass sich der Fahrplan von Fed-Chefin Janet Yellen und ihren Kollegen verzögern wird.

«Geduldsprobe» für Investoren

Dem jüngsten Statement der US-Notenbank ist davon nichts zu entnehmen. Wie im Dezember kommuniziert, hat das Fed bekräftigt, mit der Normalisierung der Geldpolitik «geduldig» zu sein. Das heisst gemäss Yellen konkret, dass die US-Notenbank mindestens an den nächsten zwei Sitzungen nicht an der Zinsschraube drehen wird. Eine Zinserhöhung an den Fed-Treffen vom März und April ist demnach zwar so gut wie vom Tisch. Für die Sitzung von Mitte Juni aber alles offen.

An ihrer nächsten Zusammenkunft vom 17. und 18. März steht den US-Währungshütern damit einer der heikelsten Beschlüsse seit der Finanzkrise bevor. Halten sie an ihrer Marschvorgabe fest, dann werden sie das Wort «geduldig» aus ihrem Statement streichen. Einen Punkt, den sie dabei genau im Auge behalten werden, ist die Inflation. Während die Arbeitslosenquote rasch abnimmt und sich mit 5,6% schon fast auf Vollbeschäftigungsniveau bewegt, verharrt die Teuerungsrate seit über zweieinhalb Jahren unter den vom Fed anvisierten 2%.

Ölcrash macht Druck auf Inflation

Es sei sogar damit zu rechnen, dass die Preise für Güter und Dienstleistungen in den USA auf kurze Sicht noch weiter sinken werden, heisst es dazu im Kommuniqué. Dennoch erwarte der Vorsitz des Federal Reserve, dass «die Inflation mittelfristig graduell auf 2% steigen wird, währenddessen der Arbeitsmarkt weiter anzieht und sich vorübergehende Effekte der tieferen Energiepreise und andere Faktoren verflüchtigen».

Gross Beachtung werden Yellen und ihre Kollegen ebenso «internationalen Entwicklungen» schenken, heisst es weiter im Statement. Dieser Passus ist neu und könnte sich auf die Verwerfungen am Devisenmarkt beziehen. Verglichen mit den wichtigsten Währungen hat sich der Dollar seit Sommer um über 18% verteuert und tendierte am Mittwoch erneut fester. Das macht US-Unternehmen schwer zu schaffen, wie Microsoft, Procter & Gamble, Caterpillar und andere Grosskonzerne dieser Tage in ihren Quartalsberichten warnen.

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