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13:59 Uhr - 01.09.2016

Der Finanzplatz in sechs Grafiken

Die Zahl der Banken nimmt weiter ab, das Kreditvolumen vergrössert sich. Die Kundenvermögen werden weiter wachsen, doch Warnsignale leuchten auf.

Das Bankensterben hat sich als langfristiger Trend in der Schweiz verfestigt. Das geht aus dem Bankenbarometer 2016 der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) hervor. Negativzinsen, eine zurückhaltende Kundschaft in der Vermögensverwaltung sowie Margen- und Kostendruck lasten auf den Instituten, so Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik der SBVg. Doch Untergangsstimmung ist fehl am Platz.

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Über ein Drittel der Banken in der Schweiz ist in den vergangenen zwanzig Jahren verschwunden. Eine Entwicklung, die auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten ist. In Frankreich z.B. ist in den vergangenen zehn Jahren fast die Hälfte der Institute eingegangen.

Angesichts steigender Kosten wegen zunehmender Regulierungsdichte und Investitionen in die Zukunft «sind wir heute in einer Phase, in der sich der Strukturwandel beschleunigt», so Martin Hess. Vor allem Auslandbanken hätten in den vergangenen Jahren die Schweiz verlassen. Sie waren mit einem Geschäftsmodell «der alten Welt» unterwegs und können respektive wollen sich dieses nach dem Ende des Bankgeheimnisses nicht mehr leisten. Das heisst aber keinesfalls, dass Institute in der Schweiz kein Geld mehr verdienen könnten – im Gegenteil.

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Seit dem Krisenjahr 2008 hat sich der Geschäftserfolg der Banken, sprich: der reine Ertrag (exklusive Kosten), erholt. 2015 nahmen die Banken insgesamt fast 65 Mrd. Fr. ein. «Die Nachfrage nach Schweizer Finanzprodukten und -dienstleistungen ist intakt», sagt Martin Hess.

Interessant: Zum ersten Mal generierte der Finanzplatz im vergangenen Jahr mehr Einnahmen aus Zinsen denn aus Kommissionen. Ein Problem vor allem für die Vermögensverwalter. Das liegt am volatilen Marktumfeld und an der resultierenden Zurückhaltung der Kunden bei Transaktionen. Zudem sind in der Vermögensverwaltung generell die Margen wegen des Wegfalls von Retrozessionen und wegen neuer Gebührenmodelle gesunken.

Doch nicht nur der Ertrag, auch die Kosten sind gestiegen. Vor allem wegen Investitionen in die Digitalisierung, die zu ignorieren sich heute keine Bank mehr leisten könne, so Hess. Das drückt natürlich erst einmal auf den Gewinn.

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Der aggregierte Nettogewinn der Banken ist zwar gestiegen. Doch er wird durch einen ausserordentlichen Ertrag der UBS (UBSG 14.44 1.55%) von rund 10 Mrd. Fr. verzerrt. Rechnet man diesen heraus, hat der Gewinn des Finanzplatzes im vergangenen Jahr abgenommen.

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Nur leicht abgenommen (–0,5%) hat hingegen die aggregierte Bilanzsumme der Institute. Vor allem die Grossbanken haben aus regulatorischen Überlegungen ihre Bücher ausgemistet, zudem haben acht Auslandbanken wie erwähnt den Markt verlassen. Auf der anderen Seite konnten vor allem die Raiffeisenbanken ihre Bilanz ausweiten, was ausgleichend wirkt.

Was bei der Bilanzentwicklung auffällt: Die Institute halten zunehmend flüssige Mittel, sprich Cash. Eine Auswirkung des Negativzinsumfelds und volatiler Märkte, durch die das Anlegen schwieriger wird. Seit Beginn des Jahres haben die Banken aggregiert 700 Mio. Fr. an Negativzinsen an die Nationalbank gezahlt. Manche Institute sind stärker betroffen. Für andere hat sich daraus ein Geschäft entwickelt.

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Entwickelt hat sich auch das Hypothekargeschäft. Seit Jahren weitet sich das Volumen der Häuserkredite in der Schweiz aus. Gegen eine Blase am Immobilienmarkt sprächen allerdings, so Martin Hess, die seit Jahren abnehmenden Wachstumsraten der Hypotheken. Und das, obwohl es angesichts rekordtiefer Zinsen noch nie so günstig war, sich zu verschulden. «Wir erleben eine sanfte Landung auf hohem Niveau», so Hess. Selbst ein Zinsschock wäre aufgrund der guten Kapitalisierung der Schweizer Banken für den Finanzplatz verkraftbar.

Einen leichten Rückgang gab es 2015 bei den in der Schweiz verwalteten Vermögen. Dennoch befinde man sich weiterhin auf einem Vorkrisenniveau, so Hess. Die inländischen Vermögen haben im vergangenen Jahr zugenommen, die ausländischen Kundengelder sind geschrumpft. Dies vor allem wegen Verwerfungen, die vom Währungsschock zu Beginn 2015 herrührten, als die Nationalbank den Mindestkurs aufgab.

Die Vermögen in der Schweiz werden nach Schätzung der Boston Consulting Group bis 2019 rund 25% auf 221,1 Bio. Fr. zunehmen. Im Durchschnitt wachsen sie 2,6% pro Jahr. Dies liegt allerdings hinter dem globalen Vermögenswachstum von jährlich rund 5%. «Wenn wir weiterhin die Nummer eins der Welt punkto Vermögensverwaltung bleiben wollen», so Hess, «brauchen wir die Rahmenbedingungen dafür.» Die SBVg ist denn auch eine starke Verfechterin beispielsweise eines EU-Marktzugangs für Institute aus der Schweiz heraus.

Wenn dieser weiterhin ausbleibt, wird sich die derzeitige Entwicklung der Beschäftigungssituation in der Schweizer Finanzbranche fortsetzen: Netto sind 2015 im Inland 1000 Vollzeitstellen verloren gegangen, seit Jahresbeginn sind es gemäss einer Umfrage der SBVg 3500 Stellen. Gleichzeitig fand ein Stellenaufbau durch Schweizer Banken im Ausland (+6800 Stellen) statt. «Das ist ein Warnsignal», so Martin Hess.

Bankiervereinigung: "Regulierung muss einfacher und effizienter werden" AWP/Andreas Hohn

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