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17:59 Uhr - 22.11.2016

Für Privatbanken wird’s in Asien eng

Nirgendwo wachsen die Vermögen so stark, doch für Vermögensverwalter ist der Markt teuer geworden. Die Institute haben verschiedene Strategien.

Eine ganze Weltregion ist auf dem Sprung: Seit Jahren wachsen die Volkswirtschaften im Raum Asien-Pazifik mit atemberaubender Geschwindigkeit. Und während in den vergangenen zwölf Monaten die Vermögen fast weltweit rückläufig waren, wuchsen sie laut «Global Wealth Report 2016» der Credit Suisse (CSGN 13.98 0.14%) im Raum Asien-Pazifik immer noch über 8%.

zoomBesonders die Zahl der Reichen und Superreichen explodiert. Schon heute gibt es in der Region mehr High Net Worth Individuals als in den USA, sprich Personen mit einem Vermögen über 1 Mio. Fr. «In Asien werden wahrscheinlich die meisten Millionäre produziert», sagt Daniel Kobler, Private-Banking-Experte des Beratungsunternehmens Deloitte. Und obwohl vom Volumen an verwalteten Vermögen her die Schweiz immer noch den Spitzenplatz einnimmt: «Die Private-Banking-Plätze Hongkong und Singapur weisen weltweit die höchsten Wachstumsraten auf.»

Kein Selbstläufer mehr

zoomVon dieser Entwicklung wollen die Vermögensverwalter weltweit profitieren. «Die Hälfte der Privatvermögen in Asien werden nicht professionell verwaltet, zudem steht ein Generationenwechsel bevor», sagt Michael Blake, Asien-CEO von UBP.  Die meisten der 20 grössten Vermögensverwalter Asiens stammen nicht aus der Region. Sechs davon kommen aus der Schweiz und Liechtenstein. Unangefochten auf Platz 1: UBS (UBSG 15.9 0.38%), die grösste Vermögensverwalterin der Welt.

Doch Asien ist kein Selbstläufer. 2015 stagnierte der Zuwachs an Kundenvermögen der grössten Vermögensverwalter. Die wirtschaftliche Dynamik kühlte sich ausgehend von China ab. «Es wurden gewaltige Werte geschaffen», sagt Georg Schubiger, Private-Banking-Chef von Vontobel (VONN 51.1 -0.2%). «Manche wurden an der Börse auch wieder vernichtet.» Das spüren auch die grossen Schweizer Institute vor Ort, wie Julius Bär (BAER 44.8 0.43%) mit CEO Boris Collardi: «Der Unterschied zur Schweiz ist die höhere Volatilität. Wenn die Märkte einbrechen, geht das Geschäft stärker zurück», sagte Collardi im Interview mit «Finanz und Wirtschaft» Mitte 2016. Und auch der Fürstenbank LGT weht ein stärkerer Wind um die Nase: «In Asien sind klar zweistellige Wachstumsraten vorbei,» sagte CEO Prinz Max von und zu Liechtenstein im FuW-Interview Anfang Oktober.

Während vor wenigen Jahren die Gewinnmargen noch bei 90 bis 100 Basispunkten lagen, befinden sie sich im aktuellen Marktumfeld laut SBVg bei 60 bis 70 Basispunkten. Zudem sind die Ansprüche der neureichen Kundschaft andere als die der gesetzteren in Europa. «Tendenziell sind asiatische Kunden risikobereiter und aktiver in ihrem Handeln», sagt Karin Brigl, Sprecherin von LGT. «Die Kunden in Asien sind grösstenteils Unternehmer, die investieren wollen», sagt Kobler. Sie wollen also oft nicht nur Vermögensberatung, sondern die ganze Palette einer Universalbank. «Ein Vermögensverwalter muss unter anderem bereit sein, Kredite zu vergeben, sprich die eigene Bilanz einzusetzen», sagt Kobler.

Das wollen oder können viele Schweizer Institute nicht. Sie versuchen andere Wege oder halten sich gleich von der Region fern. «Manche mittlere Privatbanken haben den Rückzug angetreten», sagt Kobler. Auch weil sich die Regulierung mittlerweile auf demselben Niveau wie in Europa bewegt und die lokale Konkurrenz aufrüstet.

Der Markt konsolidiert

All diese Faktoren machen Asien für Vermögensverwalter zu einem sehr teuren Pflaster. Die Betriebskosten sind hoch und sie steigen weiter. «Es ist nicht mehr das Eldorado von einst», sagt Kobler. Die Folge: Der Private-Banking-Markt konsolidiert. Dabei geben auch die Grossen Marktanteile preis. In den vergangenen zwei Jahren haben Barclays (BARC 212.15 0.66%) and Société Générale (GLE 40.55 0.76%) ihr asiatisches Private Banking verkauft. Deutsche Bank (DBK 14.91 -0.67%) und UBS haben sich aus Australien zurückgezogen, HSBC (HSBA 636.6 0.92%) aus Indien. Zurzeit sucht ABN Amro für sein Asiengeschäft – immerhin 19 Mrd. Fr. an Kundenvermögen – einen Käufer.

Für andere bietet sich die Chance, ihren Fussabdruck zu vergrössern. Und das haben manche auch nötig. Unter 20 Mrd. Fr. an Kundenvermögen ist es laut einer Analyse des Beratungsunternehmens EY kaum möglich, das Geschäft profitabel zu betreiben. So stehen offenbar Julius Bär und DBS aus Singapur um ABN Amros Asien-Arm an.

Doch Vorsicht ist geboten: «Übernahmen bieten hohe Risiken», sagt Kobler. Ein Beispiel bietet EFG (EFGN 5.66 -0.35%). Die Top-20-Bank will mit der Übernahme von BSI in Asien einen grossen Sprung machen und bei über 24 Mrd. Fr. an Kundenvermögen in der Region landen. Doch zum Halbjahr sind von den weltweit knapp 88 Mrd. Fr. an BSI-Geldern bereits rund 10 Mrd. Fr. abgeflossen. Dies aufgrund von Verstrickung in den Geldwäschereiskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB, was BSI im Mai die Banklizenz in Singapur kostete und in der Schweiz zur vollständigen Auflösung des Tessiner Instituts führte. Und auch auf Konten des Asien-Primus UBS landeten via BSI unsaubere Gelder aus dem Umfeld von 1MDB. Wenn sich eine ganze Weltregion auf dem Sprung befindet, kann mancher dabei eben auch auf die Nase fallen.

Die Grossen geben VollgasZwei der grössten Vermögensverwalter der Welt gehören auch in Asien zu den Schwergewichten. UBS dürfte Ende 2016 mit 286 Mrd. Fr. an Kundenvermögen das fünfte Jahr in Folge die grösste Vermögensverwalterin in Asien sein. Credit Suisse mit aktuell 169 Mrd. Fr. ihren dritten Platz verteidigen, nach der Citigroup. Der Vorteil der beiden Schweizer: Sie sind Universalbanken und können den investitionsfreudigen Unternehmermillionären unter den Neureichen Asiens zusätzlich zur Beratung das Kreditgeschäft und das Investmentbanking anbieten. Und auch wenn das Geschäft mit der wohlhabenden asiatischen Kundschaft kurzzeitig langsamer läuft, wird UBS laut CEO Sergio Ermotti weiter investieren. Bereits ein Drittel des Private Banking der Grossbank findet in Asien statt. Mit zwölf Niederlassungen und insgesamt 2800 Mitarbeitern bleibt die Region der Wachstumsmotor der UBS.

Der CEO der Credit Suisse, Tidjane Thiam, legte bereits bei seinem vorherigen Arbeitgeber, dem Versicherer Prudential, den Fokus auf Asien. Der Umbau der CS enthält als zentrales Element die Stärkung der Vermögensverwaltung und die Anstellung Hunderter neuer Kundenberater in Asien. So soll der Gewinn in der Region in drei bis fünf Jahren verdoppelt werden. Dagegen warnen die Analysten von Bernstein: Den Nettoneugeldzufluss 2016 in Asien habe die CS vor allem mit der zusätzlichen Vergabe von Krediten erreicht. Das sei eine nicht nachhaltige und gefährliche Strategie in diesem Markt.

Doch auch andere eher klassische Privatbanken nehmen sich ein Beispiel an den Universalinstituten und wollen mit den Grossen mitspielen. Julius Bär ist ganz vorne mit dabei. Die Privatbank bezeichnet Asien als ihren zweiten Heimmarkt, woher mittlerweile ein Viertel der gesamten Kundenvermögen stammen. Sie wächst dort organisch und durch Zukäufe. Wie die anderen Top-20-Institute auch – darunter EFG, LGT und J. Safra Sarasin – stellt sie den Kunden ihre Bilanz zur Verfügung. Das heisst, neben der klassischen Beratung und Verwaltung finanzieren die Schweizer Privatbanken mit Krediten die geschäftlichen und private Projekte ihrer Kunden.
Die Kleinen setzen auf KooperationDie Kosten, um in Asien präsent zu sein, wiegen die Vorteile oft nicht auf, lautet die Meinung von Vontobel-CEO Zeno Staub. Wie viele Schweizer Privatbanker hält er nichts davon, angesichts verlockender Wachstumspotenziale in der Region ein bewährtes Geschäftsmodell aufzubrechen und ein Kreditgeschäft zu betreiben. «Wir stellen nicht unsere Bilanz zur Verfügung, um Unternehmen zu finanzieren, das machen wir auch nicht in der Schweiz», sagt Vontobel-Private-Banking-Chef Georg Schubiger. «Wir haben uns entschieden, mit einer Beraterlizenz in Asien zu arbeiten und in der Schweiz zu buchen.» Klassische Schweizer Vermögensverwaltung also, die mehr und mehr in Asien Anklang finde. «Die Kundenbedürfnisse in Asien und Europa gleichen sich an», sagt Michael Blake, Asien-CEO von UBP.
«Die meisten Kunden wollen hauptsächlich vor Ort gebucht werden», sagt hingegen Daniel Kobler von Deloitte. «Sie brauchen also eine Banklizenz.» Vor allem aber brauche man Leute, die das Geschäft vor Ort verstehen, meint Schubiger. Um beide Kriterien zu erfüllen, suchen einige Schweizer Institute Kooperationen mit asiatischen Banken. Der Deal: Die Schweizer stellen Private-Banking-Know-how im Austausch für Kontakte zu reichen Kunden vor Ort. Lombard Odier beispielsweise kooperiert mit Banken in Australien, China, Japan, Südkorea, Thailand, Australien und auf den Philippinen. Auch die Genfer Kollegen der Institute Edmond de Rothschild und Bordier glauben an Kooperationen. Bordier befindet sich zurzeit in Verhandlungen, um die Märkte China, Indonesien und Vietnam anzugehen.

«Kooperationen können Sinn machen», sagt Kobler, «aber nicht unbedingt im Vertrieb, weil dort die Differenzierung gegenüber dem Kunden stattfindet.» Dass Partnerbanken nach erfolgreichem Know-how-Transfer auch ohne Bordier weitermachen könnten, darüber sei man sich bewusst, schreibt das Institut. Grundsätzlich wolle man schlicht mehr über die Märkte lernen. Wie viele Kundenvermögen sie in der Region halten, wollen die traditionell verschwiegenen Privatbanken nicht sagen. Nur so viel: Das Geschäft läuft – bei allen.

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