Neue Konkurrenz kann der Nummer zwei im Schweizer Telecommarkt bisher wenig anhaben.
Gemessen an den Kundenzahlen oder dem Umsatz liegt der Telecomanbieter Sunrise (SRCG 93.25 7.37%) weit hinter Marktführer Swisscom (SCMN 447.3 -0.2%). Nicht aber beim Wachstum, dort hat der kleinere Rivale die Nase vorn. Sunrise überrascht mit den Zahlen für das zweite Quartal positiv und hebt den Ausblick an.
Sunrise-Chef Olaf Swantee zeigte sich am Donnerstag an einer Telefonkonferenz zuversichtlich, weitere Marktanteile zu gewinnen. Neue Angebote von Salt prallen an Sunrise offenbar ab. Die Mobilfunkauktion Anfang 2019 birgt zwar Unsicherheiten, soll die Dividendenpolitik aber nicht nachhaltig beeinträchtigen. Anleger reagieren euphorisch und kaufen.
Der Umsatz stieg von April bis Juni 2,1% auf 463 Mio. Fr., getrieben vom Geschäft mit Telecomdienstleistungen. Der Bruttogewinn legte 1,9% auf 303 Mio. Fr. zu. Der höhere Anteil des Festnetzgeschäfts habe die entsprechende Marge etwas gedrückt, erklärte Finanzchef André Krause an der Telefonkonferenz. Die Stabilisierung bzw. Steigerung des Bruttogewinns ist seit längerem ein erklärtes Ziel des Sunrise-Managements.
Operatives Plus ohne Sondereffekte
Beim Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda, +1,4% auf 147 Mio. Fr.) sind zwei Effekte im Vergleich mit dem Vorjahr zu beachten. Sunrise hat nach dem Verkauf der Mobilfunkmasten für rund 500 Mio. Fr. an ein internationales Konsortium vergangenen Sommer höhere Betriebskosten, hinzu kommt eine Änderung in der Rechnungslegung (IFRS 15). Die Analysten von Morgan Stanley (MS 48.6 0.12%) rechnen vor, dass die bereinigte Kennziffer im zweiten Quartal 2,8% zulegen konnte, nach 2,7% im ersten Quartal. Der Gewinn ging 10% auf 24 Mio. Fr. zurück.
Im Mobilfunk stieg die Zahl der Abos, das Prepaid-Geschäft entwickelt sich seit längerem rückläufig. Der Eintritt des kleineren Wettbewerbers Salt Ende März in das Geschäft mit Festnetz-Internet konnte Sunrise nichts anhaben. Sunrise weist 11’000 Neukunden netto aus und wuchs damit stärker als im ersten Quartal (+9000) und ähnlich wie in den drei früheren Jahresvierteln, mit je 12’000 Neukunden.
Weniger Dynamik im TV-Geschäft
Etwas schwächer entwickelt sich hingegen das TV-Geschäft, dort gewann Sunrise 9000 neue Abonnenten, nach 7000 im ersten Quartal. Die vorherigen drei Quartale sahen jedoch einen Zuwachs von 12’000 bzw. 13’000 Neukunden. Im Geschäftskundensegment gewann Sunrise unter anderem Aufträge von McDonald’s (MCD 160.55 -0.3%), Sympany und Bernmobil.
Spekulationen über eine mögliche Konsolidierung am Schweizer Telecommarkt, allen voran einen Schulterschluss von Sunrise mit dem Kabelanbieter UPC, Tochter des anglo-amerikanischen Kabelkonzerns Liberty Global (LBTYA 27.16 -0.88%), sind in letzter Zeit verstummt.
«Theoretische Überlegungen»
Doch ganz vom Tisch ist das Thema noch nicht, wie die Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen zeigte. Sunrise-Finanzchef André Krause erklärte auf Nachfrage unter anderem, dass es sich um rein theoretische Überlegungen handle und dass Sunrise bereits zuvor dazu Stellung genommen habe.
«Konsolidierungsrunden kommen oft später als erwartet. In der Schweiz haben die mittelgrossen Anbieter derzeit keinen starken Leidensdruck, der einen kurzfristigen Handlungsbedarf auslösen würde», meint Rüdiger Schicht, Senior Partner und Managing Director Boston Consulting Group Zürich. Auch ist es eine Preisfrage, ob eine Transaktion zustande kommt. Liberty Global ist, wie die Vergangenheit zeigt, ein erfahrener Investor, der auf einen guten Deal warten kann.
Bieterkampf um Frequenzen?
Unsicherheiten birgt die für Anfang 2019 geplante Mobilfunkauktion. Swisscom, Sunrise und Salt werden dort um neue Frequenzen für die 5G-Technologie ringen. Am Auktionsdesign hatten vor allem die kleineren Anbieter Sunrise und Salt im Vorfeld Kritik geübt und vor einem teuren Bieterkampf gewarnt. Das könnte die Attraktivität von Sunrise als Dividendentitel schmälern. Das Unternehmen beschwichtigt nun anlässlich der Vorlage der Quartalszahlen, das angekündigte Dividendenwachstum von 4 bis 6% pro Jahr zwischen 2018 und 2020 berücksichtige eine kurzfristige Volatilität der Geldflüsse vor dem Hintergrund der Auktion.
Einen Vertrag zur Benutzung des Swisscom-Festnetzes konnte Sunrise bis 2022 erneuern. Die kommerziellen Konditionen seien ähnlich, erklärte CEO Olaf Swantee. Eine Anfangsinvestition von 101 Mio. Fr. zahlt Sunrise in Raten. Der Sunrise-Chef wies darauf hin, dass Sunrise damit weiterhin einen diversifizierten Zugang habe, über die Swisscom-Infrastruktur, über Glasfasernetze von Elektrizitätswerken und das eigene mobile Breitband. Sunrise erwartet allerdings, dass die letzteren beiden Optionen an Bedeutung gewinnen.
Ausblick angehoben
Für das laufende Geschäftsjahr ist Sunrise optimistischer: Sie hebt das Ziel für den bereinigten Ebitda auf 595 bis 605 Mio. Fr. (zuvor 580 bis 595 Mio. Fr.) an. Während in der bisherigen Prognose IFRS 15 nicht berücksichtigt wurde, ist nun ein Effekt im positiven mittleren bis hohen einstelligen Millionenbereich enthalten. Die Investitionen dürften weiterhin 283 bis 323 Mio. Fr. betragen.
Das Umsatzziel bleibt mit 1,83 bis 1,87 Mrd. Fr. unverändert. Bei Erreichen der finanziellen Guidance will Sunrise eine Dividende von 4.15 bis 4.25 Fr. pro Aktie zahlen. Das entspricht aktuell einer für den Schweizer Aktienmarkt attraktiven Rendite von bis zu 4,6%. Das Unternehmen schüttet aus Kapitaleinlagereserven aus, was für Privatanleger steuerfrei ist.
Harter Konkurrenzkampf
Der Konkurrenzkampf dürfte hart bleiben, meint Panagiotis Spiliopoulos, Chefanalyst der Bank Vontobel (VONN 69.95 0%), zum Umfeld für Sunrise. «Allerdings können der steigende Dienstleistungsumsatz und der höhere Bruttogewinn teilweise reinvestiert werden, um die Dynamik aufrechtzuerhalten und den Cashflow trotz der dieses Jahr höheren Investitionen widerstandsfähiger zu machen», heisst es in seinem Kommentar zu den Sunrise-Zahlen.
Nach der starken Kursreaktion am Berichtstag kommt Sunrise auf einen Unternehmenswert zu Ebitda von 34,4, und ist damit höher bewertet als Swisscom, die eine Kennziffer von 15,8 aufweist. Dies spiegelt bessere Wachstumsaussichten, bessere Dividendenperspektiven und wohl auch noch Konsolidierungsfantasie. Sunrise ist als eigenständiges Unternehmen gut unterwegs, im Fall einer Übernahme oder einer Fusion hängt viel von den finanziellen Konditionen des Deals ab. Daher empfehlen sich die Titel nur für risikofähige Anleger.
Die komplette Historie zu Sunrise finden Sie hier. »
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