Der Finanzminister lobt die Zusammenarbeit zwischen Bund und Bankensektor während der Pandemie. Von der EU sei indes nicht viel zu erwarten.
Bundesrat Ueli Maurer rief anlässlich seiner Eröffnungsrede am Branchenanlass «Vision Bank – Vision Finanzplatz» der «Finanz und Wirtschaft» die Bankbranche auf, an der Spitze zu bleiben und sich «dringend mit der Zukunft» zu beschäftigen. Die Herausforderungen der Coronakrise liegen für Maurer schon fast hinter der Schweiz, gesundheitlich seien die nötigen Massnahmen ergriffen worden. «Im finanziellen Bereich bleiben aber die Schulden, die es ohne Steuererhöhungen in den nächsten acht Jahren abzubauen gilt.»
Maurer lobte die Zusammenarbeit zwischen Bund und Banken bei der Gestaltung des Bürgschaftsprogramms im Frühjahr 2020, das in zwölf Tagen erarbeitet wurde und aus dem 130’000 Bürgschaften gesprochen wurden. Damit eine solche Parforceleistung möglich sei, brauche es enge Kontakte: «Wir müssen uns kennen und die gleiche Sprache sprechen», sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements. Und dieser Dialog müsse auch durch die «Lehmschicht der Verwaltung» möglich sein.
Überhaupt brauche es mehr Tempo im aktuell sehr langsamen Gesetzgebungsprozess. Denn wenn sich das Umfeld immer schneller bewege, brauche es raschere Reaktionen. «Wir brauchen eine flexiblere Gesetzgebung, ohne dass das letzte Detail geregelt ist.» Als Beispiele nannte Maurer die Fintech- und Blockchain-Vorlagen. Er spricht sich für einen Sandbox-Ansatz aus, damit man schauen könne, ob etwas funktioniere. Die Verwaltung sei sich indes nicht gewohnt, so zu arbeiten. Es brauche eine neue Art zu üben, Fehler zu machen. Das sei die Basis für die nächsten Jahre.
Maurer sprach zudem die Sicherheit als zentrales Thema für den Finanzplatz an. «Ohne Sicherheit ist alles nichts», denn besonders im Bereich der Cyberkriminalität nehme die Aktivität massiv zu. «Die Schweiz muss sicherer sein als ihre Umgebung. Das ist zentral für alles, was mit Geld zu tun hat.» Deshalb müsse verstärkt in den Bereich Cyberabwehr und -sicherheit investiert werden. Maurer stellte zudem auf Anfang 2023 den Aufbau eines Bundesamts für Informatiksicherheit in Aussicht.
Auch das Trendthema Nachhaltigkeit beschäftigt den SVP-Bundesrat. Hier meint er indes die schwer fassbare Tendenz zur Moralisierung im gesellschaftlichen und medialen Diskurs. Vertrete man nicht eine gewisse «Mainstream-Meinung», gehöre man schnell zu den «moralisch Schlechteren», sagte Maurer. Diese Haltung komme besonders gegenüber wohlhabenden Leuten zum Ausdruck. «Die Wirtschaft leidet unter der Moralisierung.»
Maurer zeigte sich gespannt auf die am 26. September zur Abstimmung kommende «99%-Initiative», die Kapitalerträge stärker besteuern will. Sie zu gewinnen, müsse möglich sein, aber das Ergebnis werde interessant sein. «Der Trend zur Moralisierung ist so schwer fassbar, aber er ist eine gefährliche Tendenz.»
Maurer ging zudem auf die aus seiner Sicht grössten aussenpolitischen Herausforderungen ein. Für die Schweiz als Land ausserhalb der Machtblöcke sei die EU das Hauptproblem. Mit Grossbritannien und China sei man auf gutem Weg. Deshalb sei «das Netzwerk für eine kleine Volkswirtschaft das A und O».
Fortschritte nach dem Scheitern des EU-Rahmenabkommens sieht Maurer wenige. «Mit der Kommission in Brüssel hat man wenig Kontakt. Der Entscheid wurde überhaupt nicht verstanden.» Die EU selbst habe nicht viel Handlungsfreiheit. Sie könne keinem Drittstaat Zugeständnisse machen, ohne intern in Zugzwang zu kommen. «Man darf von der EU nicht viel erwarten», schloss Maurer.
Er betonte zum Abschluss, dass traditionelle Banken immer mehr technologische Konkurrenz erhielten. Es sei der Job der Politik, Innovation zuzulassen und zu fördern sowie gesetzliche Leitplanken und Richtlinien wie bei der Blockchain-Vorlage zu geben. Für die Schweiz sei dieser Ansatz ein Wettbewerbsvorteil. «Wir sind in diesem Bereich glaubwürdig. Das ist eine Chance für die Schweiz. Wie müssen einfach schneller sein als alle anderen.»
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