Eine neue Plattform für chinesische Anleihen steht an der Börse in Hongkong kurz vor der Einführung.
Ausländische Investoren werden schon in den kommenden Tagen erstmals über eine spezielle Plattform der Hongkonger Börse chinesische Anleihen handeln können. Damit öffnet sich der nach den USA und Japan drittgrösste Bondmarkt der Welt etwas weiter gegen aussen. Vor allem auch macht im Rahmen des sogenannten «Bond-Connect» die Internationalisierung der chinesischen Landeswährung Yuan einen weiteren Schritt nach vorne.
Das ist umso bemerkenswerter, als Peking bisherige Liberalisierungsschritte wegen des zeitweise massiven Kapitalabflusses zumindest teilweise zurückgefahren hat. Doch bleibt die weitere Öffnung des Anleihenmarktes zentraler Teil der Restrukturierung des chinesischen Finanzsystems. Der Staat und vor allem auch Privatunternehmen hingen für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten und anderen langfristigen Sachinvestitionen lange zu einseitig von Bankkrediten ab.
Rasantes Wachstum
Das ist mit ein Grund dafür, dass die Geldhäuser unter einer wachsenden Last fauler Kredite leiden. Potenzielle wirtschaftlichen Risiken sollen durch den Ausbau alternativer Finanzierungsmechanismen abgebaut werden. Der chinesische Anleihenmarkt hat denn auch in den vergangenen Jahren eine rasante Wachstumsphase durchlaufen. Allein 2016 sind gemäss Angaben des Internationalen Währungsfonds Bonds im Wert von umgerechnet 4.9 Bio. $ aufgelegt worden. Das entspricht einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr von über 100%. Es findet denn auch eine markante Umschichtung von Bankkrediten in Anleihen statt, die vor allem von lokalen Pensionskassen gekauft werden. Gegenwärtig halten ausländische Investoren allerdings lediglich einen Anteil von 1,5% des per Ende 2016 8,8 Bio. $ grossen lokalen Bondmarktes.
Dieser bleibt, ebenso wie die Aktienmärkte Shanghai und Shenzhen, durch strikte Kapitalverkehrskontrollen von den globalen Finanzflüssen abgeschnitten. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren der Spalt nach aussen graduell vergrössert. So haben ausländische Zentralbanken und ausgewählte institutionelle Investoren Zugang zum chinesischen Interbankenmarkt erhalten. Auch könnten ausländische institutionelle Anleger im Rahmen des sogenannten QFFI-Programms bis zu einer gewissen Höhe chinesische Anleihen und Aktien erwerben.
Doch die Repatriierung des Kapitals ist nur mit erheblichem zeitlichem und bürokratischem Aufwand möglich. Das dürfte sich ändern, wenn chinesische Anleihen über den kurz vor der Öffnung stehenden Hongkonger Bond-Connect gehandelt werden. Das Projekt ist eine Erweiterung der bereits Ende 2014 geschaffenen Plattform, durch die am HKEx Aktien der Börse Shanghai gehandelt werden können. Solche Transaktionen sind zwar auf einzelne Titel beschränkt, doch unterliegen sie – wie jetzt bald auch Anleihen – keinen Kapitalverkehrskontrollen.
Weitere Schritte nötig
Beobachter erwarten, dass der Bond-Connect in einer ersten Phase keine grossen Auswirkungen auf die internationalen Märkte haben wird. Das Interesse internationaler Investoren dürfte sich vorderhand vor allem deshalb in Grenzen halten, weil westliche Ratingagenturen in China selbst aufgelegte Anleihen nicht nach ihrer Bonität bewerten. Damit werden vor allem ausländische Pensionskassen einen Bogen um den Bond-Connect machen.
Einen grossen Sprung ins Ausland wird Chinas Bondmarkt allerdings dann machen, wenn er wie von Peking angestrebt in den Emerging Market Bond Index aufgenommen wird. Voraussetzung dafür ist allerdings die weitere Liberalisierung des Kapitalverkehrs, die zumindest teilweise durch den Bond-Connect erfüllt wird. Im Falle eines Einschlusses würde nach Meinung von Andrew Brown, Partner des Finanzhauses SohreVest Capital Partners, der Anteil der von Ausländern gehaltenen chinesischen Anleihen auf 11% steigen.
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