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15:44 Uhr - 18.09.2015

«Mit Swisslog wird Kuka neue Märkte entwickeln»

Till Reuter, CEO des Roboterherstellers Kuka, erklärt die Gründe für den Kauf des Schweizer Logistikherstellers, dass dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist und warum die Robotik-Zukunft in China liegt.

Zum Gespräch am Montagmorgen in der Augsburger Kuka-Zentrale kommt Till Reuter aus der Schweiz. Der Kuka-CEO wohnt seit 15 Jahren dort. Er hat den Roboterhersteller saniert.

Zur PersonKuka-CEO Till Reuter, 47, hat sein Studium der Betriebswirtschaft 1993 an der Uni St. Gallen abgeschlossen, ein Jahr später das der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz. Er startete als Wirtschaftsjurist ins Berufsleben. Zum Jahrtausendwechsel ging er ins Investmentbanking. 2008 gründete er die Beteiligungsgesellschaft Rinvest und kam so 2009 als Partner des Investors Grenzebach zu Kuka.Was bringt Kuka der Kauf von Swisslog?
Mit Swisslog wollen wir neue Märkte entwickeln und uns weiter diversifizieren. Neben Industrierobotern, die hinter dem Schutzzaun arbeiten, haben wir auch solche im Angebot, die dank smarter Sensoren Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten. Mit diesen Produkten erobern wir neue Geschäftsfelder. Swisslog mit Fokus auf Automatisierungslösungen in der Logistik wird uns dabei helfen, neue Konzepte umzusetzen. Denn Produktion und Logistik wachsen zusammen.

Und doch hat der Kauf ein «Geschmäckle»: Das Familienunternehmen Grenzebach war Aktionärin von Swisslog und von Kuka – und ist nach der Übernahme ausgestiegen. Ein Abschiedsgeschenk? Mit 338 Mio. Fr. war Swisslog ja wirklich nicht günstig.
Die Entscheidung für Swisslog hat allein der Vorstand der Kuka getroffen. Wir haben uns das Unternehmen schon vor vier Jahren angeschaut. Damals hat es nicht gepasst – jetzt dagegen schon.

Und wie läuft die Swisslog-Integration?
Ende Juli hat die SIX Swiss Exchange die Dekotierung der Swisslog-Titel bewilligt. Kuka ist jetzt Alleineigentümer der Gesellschaft. Das Zusammenführen des Swisslog-Geschäfts mit dem von Kuka läuft sehr gut, nicht zuletzt weil wir uns kulturell ähneln. Bei Kuka kennen wir die Produktionsprozesse, bei Swisslog die Logistikprozesse. Schon im Frühjahr haben wir Lösungen gezeigt, die wir so nur mit Swisslog anbieten können: eine automatisierte Packstation speziell für E-Commerce-Anbieter. Dort müssen Mitarbeiter bislang teils sehr monotone Aufgaben übernehmen und lange Strecken zurücklegen. Perfekt für die Automatisierung.

Kuka lässt das Kapital der Aktionäre jetzt erfolgreich arbeitenBevor Till Reuter CEO von Kuka wurde, durchlebte er einen Wirtschaftskrimi. Den Aktien hat das nicht geschadet. Sie haben sich seit seinem Antritt verfünffacht.
Lesen Sie hier mehr.
Bleibt der Name Swisslog?
Ja, Kuka steht für Automatisierung und bleibt Dachgesellschaft, Swisslog verkörpert den Logistikpart. Swisslog ist hier sehr bekannt. Davon profitieren wir.

Der starke Franken wird damit auch für Kuka ein Thema. Wie gehen Sie damit um?
Damit Unternehmen effizient in der Schweiz arbeiten können, braucht es immer bessere Technik, um Währungsnachteile auszugleichen. Bei Swisslog kommen 95% des Umsatzes und 90% der Kosten von ausserhalb des Landes. Insofern tangiert uns das Thema nur – wir werden aber am Standort in Buchs investieren, in Technik und in Mitarbeiter. Kuka wird mit Swisslog wachsen und stärker in der General Industry vertreten sein.

Sie wollen stärker werden in der General Industry, also in solchen Branchen ausserhalb der Automobilindustrie?
Bei unseren Automobilkunden sind wir die Nummer 1. Und das wollen wir bleiben. Aber es ist eben auch wichtig, dass wir in anderen Branchen wachsen, wie im E-Commerce oder der Elektroindustrie. Im Jahr 2013 kamen drei Viertel des Kuka-Umsatzes aus der Autoindustrie, dank Swisslog erwirtschaften wir 2015 schon etwa 50% in der General Industry.

Liegt das auch daran, dass die Automobilkonjunktur ins Stottern gerät?
Unsere Automobilkunden investieren weiter: in Amerika in den Ausbau der Kapazitäten, in Europa, um den demografischen Wandel und das Fehlen von Arbeitskräften auszugleichen, in China, um die Qualität zu steigern und die Kosten zu senken.

Gerade in China läuft es doch nicht gut.
Wir rechnen dort nicht mit den Wachstumsraten der vergangenen Jahre, sicher, aber viele Branchen der chinesischen Wirtschaft haben Potenzial, was die Automatisierung angeht. Vor allem lokale Unternehmen werden mehr Roboter einsetzen. Allein in der Elektronikbranche arbeiten acht Millionen Menschen – und davon beschäftigen sich rund zwei Millionen den ganzen Tag über mit sich wiederholenden Aufgaben. Nur um einmal die Dimensionen aufzuzeigen: Derzeit werden jährlich zwischen 150 000 und 180 000 Roboter weltweit verkauft. Allein im asiatischen Elektronikmarkt sehe ich ein Potenzial von 500 000 bis 800 000 Robotern. Gewaltig.

China bereitet Ihnen also keine Sorgen?
Im Gegenteil: China bereitet mir Freude. Die Regierung hat Robotik im Wirtschaftsplan 2025 oben auf die Agenda gestellt. Das gibt dem Thema eine neue Dynamik und öffnet uns viele Türen.

Sind Sie deshalb im Gespräch mit Midea?
Mit Midea reden wir schon länger. Das Unternehmen ist Auftragsfertiger für weisse Ware. Von der Beteiligung in Höhe von 5%, die Midea an Kuka aufgebaut hat, wussten wir nichts. Aber wir werden die Gespräche nun vertiefen und sehen, ob es gemeinsam mehr Möglichkeiten im chinesischen Markt gibt. Wir überlegen zum Beispiel mit Midea, ob wir in die Robotik für Endkunden einsteigen.

Kuka für zuhause? Ist das Ihr Metier?
Wir sind daheim in der Industrie, natürlich – aber im Verbrauchermarkt schreiten Innovationen schneller voran, von denen wir profitieren. Nehmen Sie Kinect, gedacht zum Steuern von Videospielen. Inzwischen wird die Technik auch in der Industrie eingesetzt. Wir beobachten den Markt, und wie wir von diesen Entwicklungen profitieren können.

Dann stehen Sie bald in Konkurrenz zu Google und Amazon, die ebenso das Thema Robotik für sich entdeckt haben.
Für uns ist es eine Bestätigung. Die Entwicklungen schauen wir uns genau an und haben in den USA ein Team geschaffen, um nahe dran zu sein. Vor allem Google dürfte an den Daten interessiert sein, die bei der Automatisierung der Produktion entstehen. Kuka besitzt 40 Jahre Know-how in der Automatisierung, das fehlt Google. Google kommt über IT und Software zur Mechatronik. Kuka geht den Weg genau andersherum.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 2016 von mehr als 20 haben Kuka-Aktien jene von Google schon überholt.
Unsere Bewertung spiegelt das Wachstum der vergangenen Jahre: von einem Industriekonzern in der Krise mit Schulden zu einer profitablen Wachstumsgesellschaft mit wenig Verbindlichkeiten. Im Jahr 2009 lag die Marktkapitalisierung bei 250 Mio. €, heute bei 2,5 Mrd. €.

Für dieses Jahr peilen Sie einen Umsatz von rund 2,9 Mrd. € und eine Betriebsgewinnmarge zwischen 6,5 und 7% an. Passt das trotz der Turbulenzen in China?
Wir sind auf gutem Weg. Kuka erreicht 800 Mio. € mehr Umsatz als vergangenes Jahr – auf vergleichbarem Margenniveau.

In fünf Jahren soll der Umsatz 4,5 Mrd. € erreichen. Wie soll das gelingen?
Unter anderem durch Swisslog. In drei bis fünf Jahren wollen wir den Swisslog-Umsatz von jetzt 550 Mio. auf 1 Mrd. € ausbauen. Bei der Ebit-Spanne planen wir mit 7,5% über die Gruppe, auch da wird Swisslog seinen Beitrag leisten.

Werden Aktionäre am Erfolg teilhaben?
Ich habe bislang wenig unglückliche Aktionäre getroffen. Wenn Sie auf die Dividende anspielen: Hier sehen wir noch Spielraum. Als Ziel haben wir uns vorgenommen, 25 bis 30% des Jahresüberschusses auszuschütten. Für das vergangene Jahr betrug die Dividende 0.40 € pro Aktie. Wenn wir uns weiter vernünftig entwickeln, kann ich mir durchaus auch mehr vorstellen.

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