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07:05 Uhr - 15.09.2015

Der bescheidene und ehrgeizige Ferienflieger

Er leitet die Fluggesellschaft Edelweiss erst seit einem Jahr, hat sie aber bereits stark ausgebaut und will weiter expandieren. Der fünfzigjährige Bernd Bauer wollte einst Schlosser werden.

Eigentlich wäre er prädestiniert, CEO der Swiss zu werden. Er ist Deutscher, kennt aber die Schweizer Fluggesellschaft bestens. So hat er zwölf Jahre bei Swiss in verschiedenen Führungspositionen gearbeitet und war mitbeteiligt an ihrer Integration in die Lufthansa (LHA 11.87 0.85%). Zudem versteht er sich gut mit den Piloten. Bernd Bauer winkt ab: «Ich will nicht CEO der Swiss werden. Ich bin erst bei Edelweiss angekommen und gut gestartet. Und ich habe mit Edelweiss noch viel vor.» Dabei blickt er von seinem Büro im neunten Stock am Flughafen in Zürich auf die Landepiste. Das Büro ist spartanisch eingerichtet und passt zum bescheiden auftretenden Bauer.

Bernd Bauer Bild: ZVGSeit einem Jahr leitet der Fünfzigjährige die Fluggesellschaft Edelweiss, eine Tochter der Lufthansa und eine Schwester der Swiss. Edelweiss ist zwanzig Jahre alt und gilt als profitabel. Gewinnzahlen gibt sie allerdings nicht preis. Bauer will die Fluggesellschaft stark entwickeln. «Mein Ziel ist es, Edelweiss weiter zum Ferienflieger der Schweiz auszubauen.»  Im November wird ein zusätzliches Mittelstreckenflugzeug eingesetzt, im Frühling folgt eine weitere Langstreckenmaschine, und zwischen 2017 und 2018 werden drei weitere Langstreckenflugzeuge zur Flotte stossen. 400 neue Arbeitsplätze will Bauer in den nächsten Jahren bei Edelweiss schaffen. Derzeit sind 552 Mitarbeiter beschäftigt.

Direktflüge nach Rio und Calgary 

Im nächsten Frühling bedient die Airline erstmals Rio de Janeiro und Calgary mit Direktflügen. Mit dabei wird auch Bauer sein, der sich darauf freut, endlich einmal den Zuckerhut zu sehen. Denn er war noch nie in Südamerika. Erstaunlich für den CEO einer Fluggesellschaft, der seine ganze Berufskarriere in der Airlinebranche absolviert hat.

Gleich nachdem er in Heilbronn und Chambéry Logistik und Transportmanagement studierte, hat sich der diplomierte Betriebswirt von Crossair anstellen lassen. 2000 ist er in die Schweiz gezogen, 2002 ist er zu Swiss gewechselt. Doch an einen Schweizer Pass hat er nie gedacht. «Ich bin sehr gut aufgenommen worden und kann meine Ideen hier auch ohne Pass einbringen.»

Verheiratet ist er mit einer Italienerin, die in der Airlinebranche gearbeitet hat. Bauer spricht mit ihr englisch, obwohl er auch fliessend Italienisch und Französisch beherrscht. Zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern, neun und sieben Jahre alt, reist er gerne nach Italien – allerdings nicht immer mit dem Flugzeug. So fuhr er in den Sommerferien mit dem Auto in die Toskana. Immerhin sei er für seinen 50. Geburtstag Ende August mit seiner Frau nach Ibiza geflogen. Zusammen mit der Familie geht er oft Skifahren und Snowboarden

«Vertraue lieber meinen Piloten»

Die Fliegerei wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Aufgewachsen ist er in Tübingen. Sein Vater war ein bodenständiger Schlosser mit eigener Schlosserei, der eine Abneigung gegen das Fliegen hatte. Lange Zeit plante Bauer, den Betrieb des Vaters zu übernehmen. Doch dann hat ihn das Reisefieber ergriffen. «Wer einmal von der Fliegerei gepackt wurde, den lässt sie nicht mehr los.» Den Pilotenausweis hat er aber nicht gemacht. «Ich kann nur die Treppe hinunterfliegen», lacht er. «Ich vertraue lieber meinen Piloten.»

Grosse Sorgen bereitet ihm die Flüchtlingssituation. Das betrifft ihn emotional, hat aber auch Auswirkungen auf das Geschäft. «Wir müssen sehr schnell und flexibel auf politische Veränderungen reagieren» – zum Beispiel auf die Lage in Nordafrika. So wird Tunesien nicht mehr angeflogen, und die Flüge nach Ägypten wurden stark reduziert. Dafür werden Kapazitäten etwa auf den Kanaren ausgebaut. Konkurrenz fürchtet er  nicht. «Die Carrier der Golfstaaten bieten keine Direktflüge wie wir aus der Schweiz an.» 80% der Kunden sind Schweizer. Er setzt auf die schweizerische Qualität, sei es beim Essen an Bord oder im Service. Denn in der gebeutelten Airlinebranche braucht die ehrgeizige Expansion von Edelweiss sehr viel Leistung.

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