Der Maschinenbauer schreibt Verlust und streicht rund 200 Stellen. Was das Kurs-Buchwert-Verhältnis über den Wert der Aktien aussagt.
Im Oktober hat der Zahnradmaschinenhersteller mit Hauptsitz in Oerlikon und Produktionsstätten vor allem in Deutschland die Ausarbeitung eines Effizienzsteigerungsprogramm angekündigt. Nötig war das geworden, nachdem der wichtigste Absatzmarkt von Klingelnberg (KLIN 19 -0.94%), die Automobilindustrie, in eine Rezession geraten war, die nicht bloss zyklische, sondern auch strukturelle Gründe hat.
Jetzt hat Klingelnberg die konkreten Massnahmen vorgestellt. Von den gruppenweit vorhandenen 1340 Stellen (Stand September 2019) sollen rund 200 abgebaut werden. Ein Grossteil davon, rund 160, im Werk Ettlingen, Deutschland, wo vor allem Maschinen zur Herstellung von Stirnrädern produziert werden.
Kapazitäten reduzieren
Der Absatz dieser Maschinen läuft eigentlich besser als die Kegelradmaschinen, die vor allem an die Automobilindustrie gehen und am Standort Hückeswagen hergestellt werden. Doch Hückeswagen, östlich von Düsseldorf in Nordrheinwestfalen (NRW) gelegen, ist Kingelnbergs historischer Stammsitz, da werden nun die Kräfte zusammengezogen um Unterauslastungen zu vermeiden.
Ettlingen bleibt zwar bestehen, aber bloss noch als Standort für Softwareentwicklung, Service für Stirnradmaschinen, Anwendungstechnik und Vertrieb, insgesamt mit noch etwa 100 Stellen. Auch die Fertigung am dritten Produktionsstandort, Györ in Ungarn, soll auslaufen, die fortschreitende Automatisierung habe die dortigen Kostenvorteile mittlerweile neutralisiert, heisst es in der Mitteilung von Klingelnberg.
Vertriebsoffensive
Klingelnberg will nicht nur sparen, sondern auch Schub geben. So wird investiert zur Stärkung des Vertriebs, um die Marktfähigkeit neu entwickelter Produkte zu beschleunigen und zudem sollen neue Absatzmärkte erschlossen werden. Doch die hohe Unsicherheit in der Automobilbranche, die den politisch gewollten Umstieg auf E-Mobilität bewältigen muss, dürfte noch einige Zeit auf Klingelnberg lasten. Die Art und Weise sowie das Tempo, wie dieser Wechsel vor sich gehen soll, ist völlig unklar. Das aber bedeutet anhaltende Investitionsunsicherheit bei den Autobauern. Der Auftragsfluss aus dieser Branche wird für Klingelnberg noch länger ungewiss bleiben.
Eine Aktienbewertung ist derzeit schwierig vorzunehmen. Ein Anhaltspunkt kann der Buchwert sein, doch wenn sich Absatzmärkte «dramatisch» (Jan Klingelnberg ändern, dann sind Anlagen, mit denen Güter für diese Märkte hergestellt werden, möglicherweise weniger Wert als sie in der Bilanz stehen. Zum Geschäftshalbjahr (Ende September 2019) betrug das Eigenkapital von Klingelnberg 148 Mio. €. Wenn davon nun die Kosten für die Restrukturierung (15 Mio. €) sowie ein geschätzter operativer Verlust von 10 Mio. € abgezogen werden, beträgt das Eigenkapital noch 123 Mio. € bzw. 130 Mio. Fr.
Pro Aktie entspricht das 14.70 Fr. Der Aktienkurs von Klingelnberg entspricht demnach jetzt dem 1,3-fachen des Buchwerts. Der Spinnmaschinenbauer Rieter (RIEN 108.3 -0.91%) (RIEN 109.6 -2.84%), der derzeit operativ ebenfalls rote Zahlen schreibt, weist ein Kurs-Buchwertverhältnis von etwa 1,1 auf. Das deutet darauf, dass die Klingelnberg-Aktien wohl noch keinen Boden gefunden haben, umso mehr, als dass die Perspektiven im Automobilsektor, dem wichtigsten Absatzmarkt von Klingelnberg, schwieriger einzuschätzen sind als im Spinnereimarkt.
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