Zurück zur Übersicht
13:49 Uhr - 07.11.2014

Russischer Rubel im freien Fall

Berichte über Gefechte in der Ostukraine und ein weiterer diplomatischer Fehltritt von Präsident Putin beschleunigen den Rubelzerfall. Die Wirkung der Zinserhöhung ist verpufft.

Die russische Landeswährung Rubel hat eine weitere schwarze Woche hinter sich. Nochmals fast 10% hat sie zum Dollar in nur vier Tagen verloren. Der Rubel-Dollar-Kurs ist unterdessen auf ein Allzeithoch von 47 Rubel/$ gestiegen. Das entspricht einer Abwertung von mehr als 40% zum Jahresbeginn.

Russischer RubelzoomQuelle: Bloomberg Quelle: Bloomberg

Spannungen in der Ostukraine

Am Freitag haben Berichte über heftige Gefechte zwischen Regierungstruppen und Rebellen im Osten der Ukraine dem Rubel und auch dem Aktienmarkt sowie den ukrainischen Staatsanleihen zugesetzt. Beide Seiten beschuldigen einander, mit der Grossoffensive begonnen zu haben und sich nicht an den Waffenstillstand zu halten. Laut dem ukrainischen Militärsprecher Andriy Lysenko verschiebe Russland militärische Einheiten aus der Region Rostow an die Grenze zur Ostukraine. In den letzten 24 Stunden seien etwa sechzig Fahrzeuge verschoben worden. Zudem überwachten russische Drohnen das Gebiet.

Es häufen sich Zwischenfälle mit russischen Militärflugzeugen über nicht russischem Gebiet. Kampfflugzeuge der Nato haben am Donnerstag über dem Meer auf internationalem Territorium bei Lettland ein russisches Überwachungsflugzeug abgefangen. Zu ähnlichen Aktionen mit russischen Fliegern kam es bereits in den Tagen zuvor.

Putin, der Historiker

Wladimir Putin schürte mit seinen Aussagen zum Molotow-Ribbentrop-Pakt Ängste vor russischen Aggressionen gegen seine Nachbarländer wie die Ukraine oder die baltischen Staaten. In einem Treffen mit jungen Historikern soll Putin den Vertrag zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion vor Beginn des Zweiten Weltkriegs verteidigt haben. Polen habe sich mit der Okkupation von Teilen der Tschechoslowakei gleich verhalten wie die Deutschen, als sie das Land besetzten.

Behind the Curve

Die russische Zentralbank scheint den Entwicklungen immer einen Schritt hinterherzuhinken. Erst vor einer Woche überraschte sie die Marktteilnehmer mit einer aggressiven Erhöhung des Leitzinses von 8 auf 9,5%, hielt aber gleichzeitig am System mit nur geringen Interventionen am Devisenmarkt fest. So werden Devisenreserven ohne jegliche Wirkung verbrannt.

Devisenreserven Quelle: Bloomberg

Diese Woche hat sie angekündigt, die Devisenmarktinterventionspolitik zu ändern. Neu sollen Rubelkäufe in grossem Stil möglich sein.

Entschiedenes Eingreifen gefordert

Ohne eine entschiedene Intervention lädt der Rubel Spekulanten ein, auf eine weitere Abwertung zu wetten. Laut Capital Economics wäre auch eine weitere Erhöhung des Leitzinses ein geeignetes Signal, um Stärke zu beweisen.

Die Zahlungsfähigkeit des russischen Staates ist durch den Rubelzerfall nicht direkt betroffen. Die Schuldenlast ist im Vergleich zu anderen Emerging Markets gering und häuptsächlich in eigener Währung ausgegeben.

Wegen der grossen Schuldenlast der Unternehmen in ausländischer Währung stellt die Rubelabwertung aber dennoch eine Bedrohung der Stabilität des Finanzsystems und der Wirtschaft dar.

Hat Ihnen der Artikel gefallen? Lösen Sie für 4 Wochen ein FuW-Testabo und lesen Sie auf www.fuw.ch Artikel, die nur unseren Abonnenten zugänglich sind.

Seite empfehlen



Kopieren Sie den Link [ctrl + c] und fügen Sie ihn in ein E-Mail ein [ctrl + v]. Aus Sicherheitsgründen ist kein Versand von E-Mails direkt vom VZ Finanzportal möglich.