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14:40 Uhr - 08.07.2019

Hochdorf versucht den Neuanfang

Der Milchverarbeiter will die strategischen Entscheide der letzten Jahre rückgängig machen. Ob das reichen wird, ist fraglich.

Zurück auf Start: Der neue Hochdorf-Verwaltungsrat zieht die Konsequenzen aus dem Resultat der Überprüfung der Tochtergesellschaften. Mehrere Geschäfte dürften veräussert oder abgeschrieben werden. Damit macht der Milchverarbeiter die Strategie des ehemaligen CEO Thomas Eisenring weitgehend rückgängig.

Unter Eisenring und dem im April abgewählten Verwaltungsrat hatte sich Hochdorf (HOCN 100.2 -7.05%) bereits einmal neu ausgerichtet. Den Kern bildete 2016 die teure Übernahme von 51% an der Vertriebsorganisation Pharmalys. Unter anderem wollten die Luzerner damit näher zum Kunden. Das Geschäft versprach höhere Margen und schnelles Wachstum. Nach einem sehr guten Ergebnis 2017 folgte im Jahr darauf bereits die Ernüchterung. Die Tochter verfehlte die hohen Erwartungen.

Das Geschäft von Pharmalys ist volatil und hat nicht den stabilisierenden Charakter, der in der gegenwärtigen Situation wichtig wäre für Hochdorf. Die Wachstumspläne von Pharmalys-Gründer Amir Mechria in einem für Hochdorf bis dahin gänzlich unbekannten Markt und der hohe Kapitalbedarf dürften die Kapazität des Milchverarbeiters finanziell und strategisch überschritten haben.

Herausfordernde Zusammenarbeit

Herausfordernd schien auch die Zusammenarbeit mit Amir Mechria. Die Kommunikation zwischen dem in der Schweiz wohnhaften Tunesier und dem Verwaltungsrat unter Daniel Suter gestaltete sich schwierig, wie im Frühjahr aus Aktionärskreisen zu hören war.

Angesichts dieser Probleme ist die Überprüfung «aller Optionen» für die Beteiligung sinnvoll. Am wahrscheinlichsten ist aus heutiger Sicht der Verkauf der Mehrheitsbeteiligung, entweder an Mechria oder an Dritte. Die Übernahme der restlichen 49% macht vor diesem Hintergrund wenig Sinn und wäre nur mit einer bedeutenden Kapitalerhöhung zu stemmen. Ob eine solche von den Aktionären mitgetragen würde, ist fraglich.

Gegenwärtig liefert Pharmalys den grössten Gewinnbeitrag. Aus dem Geschäft mit Babymilchpulver im Nahen Osten und in Nordafrika flossen Hochdorf im vergangenen Jahr auf Stufe Ebit rund 20 Mio. Fr. zu. Ohne die Beteiligung wäre das Ergebnis schon im vergangenen Jahr negativ ausgefallen. Unter dem Strich erarbeitet Hochdorf 2018 einen den Aktionären zurechenbaren Gewinn von lediglich 2,8 Mio. Fr. Das traditionelle Geschäft mit Milchpulver, mit dem Hochdorf 2018 rund 60% des Umsatzes von 561 Mio. Fr. erwirtschaftete, ist seit längerem rückläufig und zurzeit defizitär.

Angesichts der Schwierigkeiten soll das Segment Dairy Ingredients in den kommenden zwölf Monaten neu aufgestellt werden, um wieder profitabel zu werden. In einem ersten Schritt trennt sich Hochdorf vom Geschäft in Deutschland. Die Tochter Uckermärker Milch (Milch 16.303 -0.04%) hat nie den Gewinnbeitrag geliefert, den sich das Unternehmen erhofft hatte. Das ebenfalls defizitäre Segment Cereal & Ingredients wird aufgegeben. Bis Ende Jahr werden auch hier Optionen für die unter Eisenring akquirierten Tochtergesellschaften Zifru, Marbacher Mühle und Snapz geprüft. Die 90%-Beteiligung am Schokoladenproduzenten Hochdorf South Africa wird demnächst an African Chocolate Café veräussert.

Deutlich verkleinerte Hochdorf

Was nach der Veräusserung der Tochtergesellschaften übrig bliebe, wäre eine deutlich verkleinerte Hochdorf. Die Fokussierung auf die Schweiz und das profitablere Segment Baby Care ist ein Schritt in die richtige Richtung. In welcher Form das Geschäft weitergeführt wird, ist jedoch noch offen. Denkbar wäre, dass Pharmalys ein wichtiger Kunde bleibt. Zudem könnte das Unternehmen an der bisherigen Strategie festhalten, mit eigenen Marken näher zum Kunden zu kommen. Dennoch dürfte das Segment kaum so profitabel wirtschaften wie zuletzt Pharmalys.

Fraglich ist auch, ob der erst vor einem Jahr eröffnete Sprühturm (Turm 9) damit ausgelastet werden kann. In Sulgen hat der Milchverarbeiter 54 Mio. Fr. in eine moderne Anlage investiert. Damit wurde die Produktionskapazität des Werks auf 50’000 Tonnen verdreifacht. Produziert werden sollte hier vor allem für den Export. Die Voraussetzung dafür, dass sich Turm 9 rechnet, wäre gewesen, dass sich die Nachfrage in Nordafrika und im Nahen Osten weiter dynamisch entwickelt.

Neben den operativen Herausforderungen fallen unter dem Strich hohe Kosten für die strategischen Weichenstellungen an, unter anderem drohen ausserordentliche Abschreiber. Entsprechend erwartet das Unternehmen für das erste Halbjahr ein deutlich schwächeres Ergebnis als im Vorjahr. «Finanz und Wirtschaft» schätzt, dass das Defizit in der zweiten Jahreshälfte kaum wettgemacht werden kann.

Schwierige finanzielle Situation

Der neue Verwaltungsrat unter Bernhard Merki scheint das Heft in die Hand genommen zu haben. Wichtige Schritte sind in die Wege geleitet. Ob das reichen wird, um Hochdorf in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, muss sich zeigen. Zumal sich die finanzielle Situation infolge der operativen Schwierigkeiten und der regen Investitionstätigkeit zuletzt ebenfalls verschlechtert hat.

Die Ausgaben für den Sprühturm in Sulgen sowie Kaufpreiszahlungen für Pharmalys und die im Mai übernommene Bimbosan führten 2018 zu einem operativen Cashabfluss von mehr als 81,3 Mio. Fr. Die Nettoverschuldung ist auf 141,3 Mio. gestiegen und betrug per Ende Jahr das 3,9-Fache des Gewinns auf Stufe Ebitda – und das ohne Einberechnung des Hybridkapitals und der Pflichtwandelanleihe.

Die Finanzierung sei «vorläufig gesichert», schreibt das Unternehmen am Montag. Auch wenn das die schlimmsten Befürchtungen kurzfristig ausräumt, nach einer Entwarnung hört es sich nicht an. Das nächste Update dürfte bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am 20. August folgen. Die Aktien und die Anleihen sind zu meiden.

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