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17:18 Uhr - 29.04.2016

Goldpreis klettert auf 18-Monats-Hoch

Der schwache Dollar hat den Goldpreis gegen 1300$ je Feinunze getrieben. Doch die Rally ist vor allem spekulativ getrieben.

Die Erholung in Gold (Gold 1290.02 1.93%) geht weiter. Der Preis für eine Unze des Edelmetalls stieg kurz vor Wochenschluss auf ein neues Jahreshoch von 1295 $. Nach Bekanntgabe des Entscheids der US-Notenbank Fed war er kurzzeitig unter 1240 $ gefallen, erholte sich dann aber dank dem schwachen Dollar. Trotz optimistischeren Tönen des Fed im Hinblick auf eine weitere Zinserhöhung gab die US-Währung in der zweiten Wochenhälfte deutlich nach. Belastend wirkten insbesondere die enttäuschenden BIP-Zahlen für das erste Quartal, die am Donnerstag veröffentlicht wurden.

Davor hatte die Rally in Gold deutlich an Schwung verloren. Die Nachfrage nach physischem Gold für die Schmuckproduktion brach im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr ein. Zudem liessen Spekulationen über eine Zinserhöhung in den USA die Investoren im April zurückhaltender werden. Demgegenüber blieb das Angebot hoch.

Schwächelnde Nachfrage

Gold wird grösstenteils für die Schmuckherstellung verwendet. Hauptabnehmer sind China und Indien mit 35 bzw. 17% der weltweiten Goldschmuckproduktion. Seit 2011 ist insbesondere die Nachfrage der chinesischen Schmuckhersteller nach dem Edelmetall markant gestiegen. Doch die Schmuckproduktion ist deutlich zurückgegangen. Grund dafür ist die schwächelnde Nachfrage nach Luxusgütern. Das habe im ersten Quartal zu einem Einbruch der weltweiten Goldeinkäufe für die Verarbeitung zu Schmuck von knapp 30% geführt, wie die Edelmetallanalysten von GFMS in ihrem Quartalsbericht schreiben. Während der chinesische Bedarf im Rahmen des Gesamtmarktes schrumpfte, resultierte in Indien gar ein Minus von 56%. Für das laufende Jahr prognostizieren die Analysten von GFMS einen weiteren Rückgang der Goldnachfrage aus dem Schmucksektor. Sowohl in China als auch in Indien dürfte die Fertigung tief bleiben.

Entscheidend für die Schwankungen des Goldpreises werde im laufenden Jahr aber die spekulative Nachfrage sein. Bereits im April belastete die Unsicherheit über die nächsten Schritte des Fed die Nachfrage nach börsengehandelten Goldfonds (Exchange Traded Funds, ETF), die mit physischem Gold unterlegt sind. Seit Monatsbeginn sind diese Goldeinlagen 0,8% auf 56 503 Unzen zurückgegangen. Davor konnten Gold-ETF dank Neugeldzuflüssen in den ersten drei Monaten 2016 knapp 12 Mio. Unzen bzw. 365 Tonnen dazukaufen. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 20%.

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Auch am Terminmarkt wurden die Investoren vorsichtiger, wenngleich sie immer noch sehr exponiert sind. Anhand der Differenz zwischen dem eingesetzten Kapital auf steigende und dem auf fallende Preise kann das Verhalten spekulativer Anleger abgeschätzt werden. Überwiegen die Kaufpositionen, spricht man von einer Netto-Long-Position. Erwartet die Mehrheit fallende Kurse, resultiert eine Netto-Short-Position. Vergangene Woche stiegen die Netto-Long-Positionen gemäss Daten der Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) nur noch leicht auf 216 800 Kontrakte. Damit liegen sie 40% über dem Fünfjahresschnitt und noch 8% unter dem Allzeithoch, was den Markt anfällig für Korrekturen mache, wie die Analysten von UniCredit (UCG 3.374 -5.28%) schreiben.

Zinsen im Fokus

Wegweisend für die zukünftige Goldnachfrage spekulativer Investoren sind mögliche Zinsschritte und die geldpolitischen Prognosen der US-Notenbank. Die Aussicht auf höhere Zinsen macht Anlagen, die eine Rendite abwerfen, gegenüber dem Edelmetall attraktiver. Zudem korreliert ein stärkerer Dollar in der Regel mit einem tieferen Goldpreis.

Am vergangenen Mittwoch verzichtete das Fed auf eine Zinserhöhung, doch es äusserte sich im Anschluss an die zweitägige Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) zuversichtlicher mit Blick auf die amerikanische Konjunktur und die globalen Risiken. Gemäss Fed-Funds-Futures ist damit eine Zinserhöhung an der Sitzung vom 15. Juni etwas wahrscheinlicher geworden. Der Index der Optionsbörse CME indiziert die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung in zwei Schritten auf 1% bis Ende Jahr neu bei 18%. Davor war sie unter 10% gefallen.

Die Analysten ordnen die Aussagen der US-Notenbank unterschiedlich ein. Barclays (BARC 171.5 -1.44%) glaubt weiterhin an eine Zinserhöhung im Juni, wenngleich die Hürden hoch seien. Commerzbank (CBK 8.16 -2.91%) schliesst einen Zinsschritt im zweiten Quartal dagegen aus, da die Wirtschaft noch nicht genug schnell wachse. Einigkeit herrscht in Bezug auf die Auswirkungen auf den Goldmarkt: Je länger die Zinsen tief bleiben, desto geringer sind die Opportunitätskosten der Goldhaltung. Das dürfte die Nachfrage der Investoren stützen.

Das globale Goldangebot ist in den vergangenen vier Jahren trotz einem deutlichen Preisrückgang praktisch konstant geblieben. Dafür ist vor allem die deutliche Produktionssteigerung in China verantwortlich, wogegen traditionelle Förderer wie Australien und Südafrika einen Einbruch erlitten. 2015 förderte die Volksrepublik mit 490 Tonnen 16% der weltweiten Minenproduktion. Obwohl die chinesischen Vorkommen vergleichsweise bescheiden sind, ist ein Angebotsrückgang im laufenden Jahr gemäss GFMS nicht absehbar.

zoomDie Preisprognosen für das laufende Jahr gehen auseinander. Die Analysten von UniCredit erwarten, dass die Goldnachfrage aufgrund einer weiteren Zinserhöhung und der tiefen Schmucknachfrage ihren Höhepunkt bereits überschritten hat. Sie sehen den Preis für eine Unze des Edelmetalls Ende Jahr bei 1100 $. RBC Capital Markets befürchtet ebenfalls, dass die schwache Nachfrage nach physischem Gold die Preiserholung im zweiten Quartal beenden wird.

Limitiertes Preispotenzial

Für Commerzbank bleibt Gold dank den anhaltend niedrigen Zinsen attraktiv, die tiefe Nachfrage aus dem Schmucksektor dämpfe aber die Preiserwartungen. Die Analysten rechnen mit einem stagnierenden Preis bis Ende Jahr. Ähnlich äussert sich der US-Ökonom Nouriel Roubini im Interview mit «Finanz und Wirtschaft». Das Aufwärtspotenzial des Edelmetalls sei derzeit «limitiert». Optimistischer sind die Analysten von GFMS. Sie gehen davon aus, dass der Goldpreis im laufenden Jahr bis auf 1300 $ je Unze steigen wird.

Die US-Zinspolitik und die Schwäche des Dollars werden die Attraktivität von Gold als sicherem Hafen und damit den Preis im laufenden Jahr prägen. Sie selbst wiederum hängen stark davon ab, wie sich die amerikanische und die globale Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln. Erste Aufschlüsse darüber dürfte der US-Arbeitsmarktbericht liefern, der kommende Woche veröffentlicht wird.

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